I.E. Catherine Koika, Botschafterin von Griechenland – INTERVIEW (D & ENG)

Foto: ©Terenzio Scano

In den letzten Jahren haben starke und qualifizierte Frauen führende Aufgaben bei wichtigen internationalen Institutionen übernommen

Als Hommage an den Internationalen Weltfrauentag haben wir für das Magazin Diplomacy and Commerce Austria  mit derzeit in Österreich amtierenden Botschafterinnen gesprochen, so auch mit I.E. Catherine Koika, Botschafterin und Ständige Vertreterin Griechenlands bei den Internationalen Organisationen in Wien.

Ist es für Frauen in der Politik und Diplomatie schwieriger als für männliche Kollegen, und müssen sich Frauen in Führungspositionen stärker beweisen?

Im Laufe der Geschichte wurden Diplomatie und Politik als Männerdomäne betrachtet und von Männern besetzt. Im letzten halben Jahrhundert haben sich diese Ansichten jedoch weiterentwickelt und Frauen haben langsam aber stetig ihren Einstieg in diese Bereiche geschafft. Zu Beginn mussten sich Frauen sicherlich mehr beweisen und zeigen, dass sie genauso kompetent waren wie Männer. Dies ist heutzutage zumindest in europäischen und westlichen Ländern nicht mehr der Fall. Ich glaube jedoch, dass es für Frauen immer noch schwieriger ist, in diesen Bereichen Karriere zu machen, da sie in den meisten Fällen auch ihre beruflichen Aufgaben mit Mutterschafts- und Familienpflichten verbinden müssen.

Dennoch müssen wir erwähnen, dass in den letzten Jahren starke und qualifizierte Frauen führende Aufgaben bei wichtigen internationalen Institutionen wie dem Internationalen Währungsfonds, der Europäischen Zentralbank, der Europäischen Kommission und, gerade aktuell, der WTO übernommen haben.

Wo ist, Ihrer Meinung nach, der Schlüssel zum Kampf für die Gleichstellung der Geschlechter in Ländern, in denen Frauen noch nicht alle Rechte haben? Ist die Schulbildung die Lösung?

Nach Angaben der UNESCO machen Frauen noch heute zwei Drittel der 750 Millionen Erwachsenen ohne grundlegende Lese- und Schreibfähigkeiten aus. Zweifellos ist ein gleichberechtigter Zugang für Jungen und Mädchen zu Bildung für die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter von wesentlicher Bedeutung, aber keine Garantie. Schulen neigen dazu, bestehende Geschlechterwahrnehmungen zu reproduzieren, die das Statut, den Wert und die Rolle von Frauen und Männern unterscheiden. Diskriminierende Unterrichtspraktiken und Unterrichtsmaterialien führen häufig zu geschlechtsspezifischen Unterschieden beim Lernen und bei der Entwicklung von Fähigkeiten.

Darüber hinaus hindern andere Faktoren wie Armut, Behinderung und geschlechtsspezifische Gewalt Mädchen weiterhin daran, ihr Recht auf Teilnahme an Bildung und Nutzen von Bildung uneingeschränkt auszuüben. Um die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern, ist ein umfassender Ansatz erforderlich. Es ist wichtig, die kulturelle und soziale Wahrnehmung der Rolle von Männern und Frauen in der Gesellschaft zu ändern. Die Ungleichheit der Geschlechter findet sich nicht nur in Schulbüchern, sondern auch zu Hause, in Gemeinden, in den Medien usw.                                                                   

Vor welchen weiteren Herausforderungen stehen Frauen in der Zukunft, und wo sehen Sie eine Lösung für sie?

Der jüngsten Studie von „UN Women“ zufolge sind die Fortschritte auf dem Weg zur Gleichstellung der Geschlechter ins Stocken geraten, und hart erkämpfte Fortschritte bei der Gleichstellung der Geschlechter werden rückgängig gemacht. Die zunehmende Ungleichheit, die Probleme des Klimawandels, Konflikte und der alarmierende Anstieg der Ausgrenzungspolitik bedrohen künftige Fortschritte auf dem Weg zur Gleichstellung der Geschlechter. In den letzten zehn Jahren wurden große Fortschritte bei den Frauen- und Mädchenrechten erzielt und jetzt sind mehr Mädchen in der Schule als jemals zuvor, es sterben weniger Frauen bei der Geburt und der Anteil der Frauen in den Parlamenten hat sich weltweit verdoppelt. Eine umfassende Perspektive für Initiativen auf verschiedenen Ebenen wie Bildung, Gesetzgebung, Politik und Praktiken am Arbeitsplatz ist äußerst wichtig, um künftigen Herausforderungen für Frauen auf der ganzen Welt zu begegnen.

Das UN Motto für das Jahr 2021 lautet „Frauen in Führungspositionen: Eine gleichberechtigte Zukunft in einer COVID-19-Welt erreichen“, wie ist Ihre Meinung dazu?

Eine gleichberechtigte Zukunft in einer COVID-19-Welt zu erreichen, ist ein lobenswertes und ehrgeiziges Ziel, für das alle Anstrengungen unternommen werden sollten. Die Pandemie hat jedoch die Fortschritte auf dem Weg zur Gleichstellung der Geschlechter noch weiter verlangsamt. Frauen und Mädchen sind stärker von den daraus resultierenden wirtschaftlichen und sozialen Folgen betroffen. Es gibt Hinweise darauf, dass die Coronavirus-Pandemie die Beschäftigung von Frauen stärker beeinflusst hat als die von Männern. Und die Auswirkungen sind nicht nur wirtschaftlich. Die Politik der Isolation und Eingrenzung hat auch zu einem erhöhten Maß an häuslicher, sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt geführt.

Auf der anderen Seite haben weibliche Führungskräfte und Frauenorganisationen ihre Fähigkeiten und ihr Wissen unter Beweis gestellt, um die Reaktions- und Wiederherstellungsbemühungen nach COVID-19 effektiv voranzutreiben. Heutzutage wird mehr denn je akzeptiert, dass Frauen unterschiedliche Erfahrungen, Perspektiven und Fähigkeiten einbringen und damit wichtige Beiträge zu Entscheidungen und Richtlinien leisten.

Viele Länder, denen es gelungen ist, die Wucht der COVID-19-Pandemie einzudämmen und auf ihre gesundheitlichen und die allgemeinen sozioökonomischen Auswirkungen zu reagieren, werden von Frauen angeführt. Beispielsweise wurden Regierungschefs in Dänemark, Finnland, Deutschland, Island und Neuseeland allgemein für die Wirksamkeit ihrer nationalen Reaktion auf die Pandemie anerkannt.

English:

H.E. Catherine Koika, Ambassador and permanent representative of Greece to the international organizations in Vienna

In recent years, strong and qualified women have taken on leading positions in important international institutions

As a tribute to International Women’s Day for Diplomacy and Commerce Austria, we spoke to the current female ambassadors in Austria, including H.E. Catherine Koika, Ambassador and Permanent Representative of Greece to the International Organizations in Vienna.

Is it more difficult for women in politics and diplomacy than for their male colleagues, women in management positions have to prove themselves more?

Throughout history, diplomacy and politics have been considered as a male domain and were occupied by men. However, over the last half century these views have evolved and women have slowly but steadily made their entry in these fields. At the beginning, women  certainly had to prove themselves more and demonstrate that they were as equally competent as men. Nowadays, this is no longer the case, at least in European and western countries. However, I believe that it is still more difficult for women to make a career in these domains because, in most cases, they also have to combine their professional tasks with motherhood and family responsibilities.

Nevertheless, we have to mention that, in the recent years, strong and qualified women have assumed leading responsibilities at important International Institutions like, indicatively, the International Monetary Fund, the European Central Bank, the European Commission and, very recently, the WTO.

Where do you think is the key to tackling gender equality in countries where women do not yet have all rights? Is schooling the solution?

According to UNESCO’s statistics, still today women account for two thirds of the 750 million adults without basic literacy skills. Undoubtedly, equal access to education for boys and girls is essential for promoting gender equality, but it’s not a guarantee. Schools tend to reproduce existing gender perceptions which differentiate the statute, value and role of women and men. Discriminatory teaching practices and education materials often produce gender gaps in learning and skills development.

Moreover, other factors, such as poverty, disability and gender-based violence further impede girls from fully exercising their right to participate in, complete and benefit from education.

In order to promote gender equality, a comprehensive approach is needed. It is essential to change cultural and social perceptions of the role that men and women play in society. Gender inequality can be found not only in school textbooks but also at home, in communities, in the media, etc.

What other challenges will women face in the future and where do you see a solution for them?

Αccording to a recent study by “UN Women”, progress towards gender equality has stalled and hard-won advances for gender equality are being reversed. Rising inequality, the climate change problems, conflict and the alarming rise of exclusionary politics all threaten future progress towards gender equality. Although there have been major advances in women’s and girls rights the last decade and there are now more girls in school than ever before, fewer women are dying in childbirth and the proportion of women in parliaments has doubled across the world, progress has been far too slow and uneven. An inclusive perspective of taking initiatives at different levels such as education, legislation, policies, workplace practices is highly essential in order to face future challenges for women all over the world.

UN motto for 2021 is “Women in leadership: Achieving an equal future in a COVID-19 world”- what is your opinion on this?

Achieving an equal future in a COVID-19 world is a laudable and ambitious goal in which every effort should be put in. However, the pandemic has slowed even more progress towards gender equality. Women and girls have been more heavily hit by the resulting economic and social fallout. Evidence suggests that the coronavirus pandemic has impacted women’s employment more than men’s. And the impact is not just economic. The policy of isolation and confinement has also led to increased levels of domestic, sexual and gender-based violence.

On the other hand, women leaders and women’s organizations have demonstrated their skills and knowledge to effectively lead in COVID-19 response and recovery efforts. Today there is more acceptance than ever before that women bring different experiences, perspectives and skills to the table, and significant contributions to decisions and policies that work better for all.

Many countries that have been successful in stemming the tide of the COVID-19 pandemic and responding to its health and broader socio-economic impacts, are headed by women. For instance, Heads of Government in Denmark, Finland, Germany, Iceland and New Zealand have been widely recognized for the effectiveness of their national response to the pandemic.

Text: Svetlana Nenadovic-Glusac