Vienna Diplomatic Residences & Buildings: Die Résidence de France (D & ENG)

Die französische Botschaft in Wien ist die einzige diplomatische Vertretung der Welt im Stil des „Art Nouveau“
“Wiener Bauindustrie-Zeitung”, XVII. Jg., 1910, Tafel Nr. 17

Die Résidence de France – ein architektonisches Gesamtkunstwerk im französischen Jugendstil

Das Botschaftsgebäude

Die französische Botschaft in Wien ist die einzige diplomatische Vertretung der Welt im Stil des „Art Nouveau“, die als eine Huldigung an die Moderne, wie den Wiener Jugendstil, und als Symbol für die Macht und Größe Frankreichs während der III. Republik, sowie als Zeichen der Wertschätzung der österreichisch-ungarischen Monarchie errichtet wurde.

Geschichte der Botschaft

Im Jahre 1901 wurde der junge, angesehene und erfolgreiche Architekt Georges-Paul Chedanne, Preisträger des „Grand Prix de Rome“, seitens des Außenministeriums in Paris mit der Konzeption und dem Bau der Botschaft beauftragt. Seine Pläne nehmen strikt Bezug auf die Dreiecksform des Grundstücks am Schwarzenbergplatz als geplanten Standort, und somit ist eindeutig belegt, dass diese Entwürfe speziell für Wien erstellt wurden – und nicht für die Botschaft in Istanbul, wie es eine hartnäckig kursierende Legende glaubend machen will. 

Austria von Paul Gasq und France von François Sicard / Foto: Thomas Ledl
Türschnalle von Paul Gasq / Foto: Thomas Ledl

Chedanne umgab sich mit den hervorragendsten Künstlern seiner Epoche : Gasq, Sicard, Lefebvre, Binet, Dubois, Vernon, Majorelle … Letzterer genoss infolge der Weltausstellung in Paris im Jahre 1900 internationale Anerkennung. Er betraute die Werkstätten der Ecole de Nancy mit dem Bau der prachtvoll gewundenen großen Treppe und der Wandbeleuchtung, der mit Feingold verzierten Balkone und der Wandvertäfelungen der Innenräume.

Die Lampen und Luster stammen aus den Häusern Gagneau und Daum, die großen Spiegel von Saint-Gobain. Der Pariser Innenarchitekt Tony Selmersheim wurde mit der Gestaltung der Inneneinrichtung beauftragt. Die Wiener Firma Freissler&Füglister fertigten den Aufzug – im „Modern Style“ mit Kristallglas und geschnitzter Mahagoni-Austäfelung.

Gemälde über der Treppe. Allegorische Darstellung von Maria Theresia und den Aufbruch in die Republik von Albert Besnard / Foto: Thomas Ledl
Flur / Foto: Thomas Ledl

Einige Schmiedeeisenarbeiten wurden vom österreichischen Unternehmen Valerian Gillar nach französischen Skizzen gefertigt. Die Ausstattung der Botschaft mit erlesenen klassischen Stücken – wie etwa die Wandteppiche aus der Gobelin-Manufaktur – wurde zum Teil vom nationalen Mobilienarchiv, vom Musée d’Orsay und vom nationalen Fonds für zeitgenössische Kunst bereitgestellt. Zahlreiche Gegenstände wurden von den renommiertesten Künstlern und Kunsthandwerkern Frankreichs speziell für diese Botschaft entworfen und gestaltet – etwa ein Teil des Tafelgeschirrs, die Vasen und die Ziergegenstände aus der Sèvres-Manufaktur.

Speisesalon / Foto: Thomas Ledl
Treppe, gefertigt von der École de Nancy nach Plänen von Louis Majorelle / Foto: Thomas Ledl

Die Genehmigung der Entwürfe erfolgte 1904 – mit dem Anbruch eines Jahrhunderts der Ungewissheiten. Der damalige Botschafter konnte der neuen Botschaft aber nur wenig abgewinnen, im Gegenteil, er verurteilte den zweifelhaften Geschmack und den fehlenden Einklang mit dem Stil des Hauses Habsburg, die Vervollkommnung des Interieurs lag ihm fern. Im Laufe des Ersten Weltkrieges verstummten die Polemiken erst recht nicht: Nach Kriegsende wurde gar der Verkauf des mittlerweile in seinen Dimensionen als unproportional befundenen Gebäudes in Betracht gezogen.

Salon / Foto: Thomas Ledl
Foto: Manfred Werner – Tsui

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die durchgeführten Umbauarbeiten an dem Gabäude, das durch Bombenangriffe in Mitleidenschaft gezogenen wurde, nicht unbedingt die vorteilhaftesten – nicht nur, dass die prächtige Ornamentik massiv zerstört wurde, wandelte man große Empfangsräume auch zum Teil in Büros um. Die Arabesken entsprachen nicht mehr dem damaligen Geschmack.

Der große Ballsaal, anschließend an das Musikzimmer, mit Bildern von André Devambez aus dem Jahr 1910. Eine Auftragsarbeit mit dem Thema “Das Leben und die modernen Erfindungen”. Aufgehängt und gerahmt bei der Renovierung 1990 / Foto: Thomas Ledl

Heute richtet man das Hauptaugenmerk auf die Bewahrung des Dekors und der Kunstgegenstände. Wesentliche Restaurierungsarbeiten wurden während der letzten zwei Jahrzehnte durchgeführt. So wurden etwa die zwölf Gemälde von André Devambez erst 80 Jahre später aufkaschiert!

Die 1910 als Auftragsarbeit gemalte Bilderserie wurde damals als skandalös und unpassend für eine Botschaft empfunden und wurde 1912 an Frankreich zurückgeschickt. Dieses elegante Gebäude als außergewöhnliches Zeugnis des französischen „Art Nouveau“ zu erhalten, ist ein besonderes Anliegen der französischen Botschaft in Wien und der speziell zur Pflege des Kulturerbes eingerichteten Abteilungen des Außenministeriums.

English:

Vienna Diplomatic Residences & Buildings: Résidence de France

The French Embassy in Vienna is the only diplomatic representation in the world in the “Art Nouveau” style

The embassy building

The French embassy in Vienna is the only diplomatic representation in the world in the “Art Nouveau” style, which is a homage to modernity, such as the Viennese Art Nouveau, and as a symbol of the power and greatness of France during the III. Republic, as well as as a token of the appreciation of the Austro-Hungarian monarchy.

History of the embassy building

In 1901 the young, respected and successful architect Georges-Paul Chedanne, winner of the “Grand Prix de Rome”, was commissioned by the Foreign Ministry in Paris to design and build the embassy. His plans strictly refer to the triangular shape of the property on Schwarzenbergplatz as the planned location, and thus it is clear that these designs were created specifically for Vienna – and not for the embassy in Istanbul, as a persistent legend would have us believe.

Chedanne surrounded himself with the most outstanding artists of his time: Gasq, Sicard, Lefebvre, Binet, Dubois, Vernon, Majorelle … The latter enjoyed international recognition as a result of the World Exhibition in Paris in 1900. He entrusted the workshops of the Ecole de Nancy with the construction of the magnificently winding grand staircase and the wall lighting, the balconies adorned with fine gold and the interior wall paneling.

The lamps and chandeliers come from Gagneau and Daum, the large mirrors from Saint-Gobain. The Parisian interior designer Tony Selmersheim was commissioned to design the interior. The Viennese company Freissler & Füglister manufactured the elevator – in the “modern style” with crystal glass and carved mahogany paneling.

Some wrought iron work was made from French sketches by the Austrian company Valerian Gillar. The embassy was furnished with exquisite classical pieces – such as the tapestries from the tapestry manufactory – was provided in part by the national furniture archive, the Musée d’Orsay and the national fund for contemporary art. Numerous objects were specially designed and designed for this embassy by the most renowned artists and artisans in France – for example some of the tableware, the vases and the ornaments from the Sèvres factory.

The designs were approved in 1904 – at the dawn of a century of uncertainty. The ambassador at the time was not able to gain much from the new embassy, ​​on the contrary, he condemned the dubious taste and the lack of harmony with the style of the House of Habsburg; he was far from perfecting the interior. In the course of the First World War, the polemics did not fall silent: After the end of the war, the sale of the building, which had meanwhile been found to be disproportionate in its dimensions, was even considered.

After the Second World War, the renovation work carried out on the building, which was damaged by bombing, was not necessarily the most advantageous – not only did the splendid ornamentation be massively destroyed, some large reception rooms were also converted into offices. The arabesques no longer corresponded to the taste of the time.

Today the main focus is on the preservation of the decor and the art objects. Significant restoration work has been carried out over the past two decades. For example, the twelve paintings by André Devambez were only laminated 80 years later!

The series of pictures painted in 1910 as a commissioned work was perceived as scandalous and unsuitable for an embassy and was sent back to France in 1912. Preserving this elegant building as an exceptional testimony to French “Art Nouveau” is a particular concern of the French Embassy in Vienna and the departments of the Foreign Ministry that have been specially set up to look after the cultural heritage.

(Svetlana Nenadovic Glusac)