S.E. Dmitrij Ljubinskij, Botschafter der Russischen Föderation: „Sputnik V“, der weltweit erste registrierte Impfstoff gegen Covid-19 ist nicht nur wirkungsvoll, sondern auch zuverlässig

Anfang 2020 wurde der gesamte Planet vom SARS-CoV2 getroffen, was zur anhaltenden und globalen Corona-Virus-Pandemie führte. Aufgrund des Corona-Virus musste sich die Welt neuen Herausforderungen im Gesundheitswesen sowie in Wirtschaft, Handel und Finanzen stellen.

S.E. Dmitrij Ljubinskij, Botschafter der Russischen Föderation in der Republik Österreich

Viele Länder der Welt sind weniger, andere viel stärker vom Corona-Virus und den Folgen der Pandemie betroffen, und alle haben eines gemeinsam – die Hoffnung, dass das Ende der Pandemie bald kommt.

Das erste Land, das am 11. August einen Impfstoff gegen das Coronavirus zuließ, war Russland, und diese Information umrundete die Welt mit Blitzgeschwindigkeit.  Ein Teil der Menschheit nahm diese Information mit großer Erleichterung auf, aber viele auch mit Skepsis.

Für das Magazin Diplomacy and Commerce Austria haben wir mit S.E. Dmitrij Ljubinskij, Botschafter der Russischen Föderation in der Republik Österreich,  über den Impfstoff “Sputnik V” und die Reaktionen der Welt darauf gesprochen. 

Botschafter Ljubinskij beim Empfang des russischen Präsidenten Vladimir Putin in Wien

Als Präsident Putin am 11. August bekannt gab, dass Russland einen Impfstoff gegen SARS-CoV2 zugelassen hatte, fühlte sich ein Großteil der Welt erleichtert und sah Licht am Ende des Tunnels. Es gab jedoch auch diejenigen, die sofort sagten, sie bezweifeln die Zuverlässigkeit des Impfstoffes, weil nicht genügend Zeit zum Testen vorhanden war. Woher kommt Ihrer Meinung nach so viel Misstrauen gegenüber russischen Wissenschaftlern?

Ich halte es für ein klares Beispiel des Wettbewerbs und nicht ganz sauberer Konkurrenz. Wir werden leider heutzutage immer öfters Zeuge davon, wie einige Länder versuchen, ihre wirtschaftlichen aber auch politischen Interessen mit allen Mitteln durchzusetzen. Rufschädigung gehört traurigerweise in erster Linie dazu.

Sputnik V wurde vor allem für den heimischen Verbrauch entwickelt. Wir zwingen diesen Impfstoff absolut niemandem auf, das möchte ich hier mit voller Klarheit betonen! Es freut uns aber natürlich, dass viele Länder bereits sehr großes Interesse daran zeigen.

Die renommierte internationale Fachzeitschrift “The Lancet” hat die Ergebnisse der ersten zwei Etappen der klinischen Studien vor kurzem veröffentlicht, die sowohl von der russischen als auch von der internationalen Wissenschaftlergemeinschaft so sehr erwartet worden waren. Der Artikel enthält eine Reaktion auf die Kritik ausländischer Experten und sorgt für Klarheit – die Entwicklung der russischen Wissenschaftler, der weltweit erste registrierte Impfstoff gegen Covid-19 ist nicht nur wirkungsvoll, sondern auch zuverlässig.

 

Trotz der Kritik ist von allen Seiten zu hören, dass die Nachfrage nach dem „Sputnik V“-Impfstoff so groß ist, dass es bereits Wartelisten interessierter Länder gibt, stimmt das?

Es gibt in der Tat großes Interesse an diesem Impfstoff. Brasilien, Ägypten, Indien, Usbekistan, Mexiko, Argentinien, Vietnam, Israel – insgesamt mehr als 20 Länder haben bereits ihr konkretes Interesse an der russischen Neuentwicklung bekundet. Saudi Arabien und die Philippinen äußerten ihre Bereitschaft, klinische Prüfungen des Impfstoffs durchzuführen. Weißrussland macht das bereits. Aus dem Ausland sind Vorbestellungen für insgesamt 1 Milliarde Impfdosen bei uns bereits eingegangen und die vorgesehenen Kapazitäten, einschließlich der Partnerunternehmen im Ausland, werden es erlauben, eine solche Menge zu produzieren.

Anfang September kam der „Sputnik V“-Impfstoff in die dritte Testphase. Haben Sie Informationen darüber, wann die Massenimpfung in Russland beginnen wird, wird dies auf freiwilliger Basis geschehen und welche Gruppen werden ihn zuerst erhalten?

Am 8. September wurde die erste Charge des Impfstoffes in den öffentlichen Umlauf gebracht. Das heißt, es beginnt die Impfung einiger Risikogruppen der Bevölkerung, u.a. von Medizinpersonal und Lehrern. Aber die ersten Chargen werden von geringer Menge sein. Die Massenimpfung ist für das Ende dieses Jahres 2020 geplant. Natürlich eine freiwillige Impfung.

Das russische Gesundheitsministerium empfiehlt vorzugsweise Mitarbeiter des Handels- und Dienstleistungssektors, Polizisten, Grundwehrdiener, Schüler, Studenten und Restaurantpersonal zu impfen.

Ist die Kapazität des Moskauer Instituts (Gamaleja-Institut für Epidemiologie und Mikrobiologie) so groß, dass es eine so große Menge an Impfstoffen für den in- und ausländischen Markt produzieren kann, und sind Ihnen Hindernisse für den weltweiten Export und Vertrieb des Impfstoffs bekannt?

Die Produktionskapazitäten der russischen Pharmaindustrie reichen vollkommen aus, um den heimischen Markt zu versorgen, den Rest plant man mit Partnerunternehmen im Ausland zu produzieren, eine Übereinkunft darüber gibt es bereits mit fünf Ländern. Dem zukünftigen Export und Vertrieb des Impfstoffes steht also im Prinzip unsererseits nichts im Wege.

Was hat Sie persönlich, aber auch als Diplomat, seit Beginn der Pandemie am meisten geprägt – positiv und negativ?

Die Corona-Pandemie erschütterte die Welt und veränderte sie bedeutend. Sie gab uns allen aber auch eine Chance, eine Hoffnung auf die breiteste internationale Zusammenarbeit zur Bewältigung dieser globalen Herausforderung. Aber diese Möglichkeit scheint erneut leider wieder verpasst zu bleiben. Blockdenken und das Primat nationaler Interessen gewinnen auch dieses Mal in vielen Ländern die Oberhand.

Was die Organisation unserer Arbeit auf dem Wiener diplomatischen Parkett anbetrifft, so haben wir uns auf die Neuerungen und neuen Anforderungen, die Corona mit sich gebracht hatte, umgestellt. Wir freuen uns aber auch über die Wiederaufnahme des altmodischen „offline“ Dialogs. Direkte berufliche Kontakte sind für die Diplomatie unersetzbar.

Botschafter Dmitrij Ljubinskij

In letzter Zeit war Russland mit verschiedenen Ereignissen in der internationalen politischen und diplomatischen Szene verbunden, vom Impfstoff über den Rückruf des russischen Diplomaten aus Österreich bis hin zum Fall Alexei Nawalnys. Wie steht das offizielle Moskau zu all dem?

Es ist enttäuschend, dass unsere westlichen Partner demonstrativ rauschende, grundlose und beweislose Anschuldigungen durch die Massenmedien einer konstruktiven Besprechung und mindestens Überprüfung der bestehenden oder erfundenen Fragen bevorzugen. Diese Anschuldigungen wachsen in der letzten Zeit fast täglich, was schon an sich alleine entsprechende Fragen aufwerfen sollte.

Wir sind bedauerlicherweise an solche Hexenverfolgungen bereits gewohnt und wissen darauf adäquat zu reagieren.

Ein solches Verhalten bewerten wir als äußerst kontraproduktiv und schädlich. Es ist aber nicht unsere Wahl.

Text: Svetlana Nenadovic-Glusac