Alexander Van der Bellen trifft Wladimir Putin in Sotschi

Eröffnung des bilateralen Dialogforums durch die beiden Staatsoberhäupter.

Foto: Peter Lechner/HBF

Der russische Präsident Wladimir Putin und Bundespräsident Alexander Van der Bellen haben am Mittwoch im Schwarzmeer-Badeort Sotschi das bilaterale Gesprächsforum “Sotschi-Dialog” eröffnet. Die beiden erklären in einer Pressekonferenz, die geplanten Veranstaltungen sollten die ohnehin guten Beziehungen vertieft werden. Auch in einigen internationalen Fragen zeigten sie Einigkeit.

Etwa zum Iran betonten die Staatsoberhäupter, dass sich Teheran an die Verpflichtungen des 2015 in Wien geschlossenen Atomabkommens gehalten habe. Sie kritisierten beide die USA dafür, aus der Vereinbarung ausgetreten zu sein. Es gehe nicht nur um “Vertragstreue”, sagte Alexander Van der Bellen, sondern er warnte auch davor, dass sich der Iran zu einem “Krisenherd” entwickeln könne. Und er sagte, dass die USA mit ihren Sanktionen gegen den Iran indirekt auch Europäer “bestrafen” würden.

Präsident Putin seinerseits erklärte, dass das “wohl meistkontrollierte und transparenteste Land auf der Welt” mit seinem angekündigten Teilausstieg aus dem Atomabkommen nur auf die USA geantwortet habe. “Morgen werden alle vergessen haben, dass die USA der Initiator waren, und der Iran wird daran schuld sein“, antizipierte er. Und obwohl Russland das Abkommen retten wolle, könne es “nicht alles retten”. “Russland ist kein Feuerwehrteam“, so Wladimir Putin. Es hängt “nicht nur von uns ab, es kommt auf alle Länder an“. Für ein Treffen mit US-Präsident Donald Trump zeigte sich Putin dennoch offen. “Wir sind offen für diese Gespräche an jedem Ort, insbesondere auch in Wien“, sagte er.

Beide Staatsoberhäupter bekräftigen außerdem ihre Unterstützung für das umstrittene und von den USA angefeindete Pipelineprojekt Nord Stream 2. Präsident Putin zeigte sich genervt über das Tauziehen: Mit den Türken sei es einfacher zusammenzuarbeiten als mit den Europäern. “Hier braucht man 27 Staaten, um zu einer Einigung zu kommen. Und jahrelang kauen wir Kaugummis und nichts passiert. Das ist ein Trauerspiel“. Bundespräsident Van der Bellen bestätigte, dass die OMV “nicht die geringste Absicht hat, aus dem Projekt auszusteigen“.
 

Wenig Reibungsfläche gab es zwischen Alexander Van der Bellen und Wladimir Putin auch in Sachen EU-Sanktionen. Bundespräsident Van der Bellen sagte zu Präsident Putin: “Als Ökonom kann ich Ihnen nur zustimmen, Sanktionen schaden beiden Seiten.” Wladimir Putin ging weiter und erklärte sogar, die Sanktionen würden dem Völkerrecht widersprechen, weil nicht der UNO-Sicherheitsrat sie erlassen habe. Alexander Van der Bellen verwies auf den “realpolitischen Hintergrund” der Sanktionen, nämlich die völkerrechtswidrige Annexion der ukrainischen Krim-Halbinsel durch Russland und die Situation in der Ostukraine.

Bundespräsident Van der Bellen “steht nach wie vor” zu seiner Aussage von 2018, wonach es “keine grundsätzliche Vertrauenskrise” zwischen Russland und Europa gebe, wie er auf Nachfrage betonte. “Ich denke, wir wissen, woran wir wechselseitig sind. Wir erleben – in den letzten Jahren jedenfalls – keine großen Überraschungen, keine negativen, aber auch keine positiven“.

Den Vorwurf, dass Österreich zu russlandfreundlich oder gar unterwürfig wäre, wollte Alexander Van der Bellen aber nicht stehen lassen. “Das finde ich gar nicht.”  Er verwies darauf, dass “Österreich und Russland eine lange zurückliegende gemeinsame Geschichte haben, die uns von anderen Ländern unterscheidet”  und erwähnte die Unterzeichnung des Staatsvertrags am 15.5.1955. Er plädierte für Geduld im Umgang mit Russland: “Man muss etwas haben, was Russen und Österreicher gemeinsam haben, nämlich Geduld. Es bringt nichts, zu erwarten, dass man in fünf Minuten sehr schwierige Probleme lösen kann“, sagte  Alexader Van der Bellen.

Obwohl das Forum sich zivilgesellschaftlich nennt, sind Nichtregierungsorganisationen oder Menschenrechtler nicht vertreten. Für das Forum ist auf russischer Seite der ehemalige Bildungsminister und Putin-Berater Andrej Fursenko verantwortlich. Es zeichnet sich insbesonders auf russischer Seite durch eine staatsnahe Zivilgesellschaft aus. Organisatorisch ist das Außenministerium zuständig, ein eigenes Budget gibt es vorerst aber nicht dafür.

(bundespraesident.at)

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