S.E. Mag. Nenad Kolev, Botschafter von Nordmazedonien: Grundsätzlich hat sich alles geändert

Wir haben die Botschafterinnen und Botschafter der diplomatischen Gemeinschaft in Wien befragt, um herauszufinden, wie die Botschaften ihre diplomatischen Aktivitäten im Ausnahmezustand organisiert haben, über die Maßnahmen der Regierung zur Unterstützung und Rettung der Wirtschaft, sowie wie sie die private Zeit in Zeiten der Pandemie verbringen und was sie zuerst machen werden, nachdem die aktuelle Situation beendet ist.

Wir sprachen für Diplomacy and Commerce Austria mit S.E. Mag. Nenad Kolev, Botschafter von Nordmazedonien in Österreich. 

Wie hat sich die aktuelle Situation auf die Aktivitäten der Botschaft ausgewirkt?

Grundsätzlich hat sich alles geändert. Es finden keine regelmäßigen Treffen mit den österreichischen Institutionen statt. Alles ging online – oder per Telefon, E-Mail und Telefonkonferenz. Und im März gab es viele wichtige politische Online-Themen – den Premierministergipfel Österreich-Westbalkan, die EU-Entscheidung die Verhandlungen mit Nordmazedonien aufzunehmen und die Mitgliedschaft meines Landes in der NATO zum Beispiel.

Die Priorität ist jetzt, wie wir unseren Bürgern in Österreich helfen können und so die konsularische Arbeit im Vordergrund steht. Zu Beginn der Krise, um den 10. März, saßen an österreichischen Flughäfen, Grenzen, Autobahnen, Krankenhäusern usw. – akut – etwa 1000 Menschen fest. Selbst in diesem Moment sitzen Dutzende von unseren Burger wegen der Quarantäne in Tirol fest, die in wenigen Tagen abläuft.

Die Botschaft hat bisher eine Rückflug (30. März) und einen Autokonvoi (16. April) organisiert. Wir helfen unseren Leuten auch bei der Durchreise durch Österreich (mit dem Flugzeug oder dem Auto). Die Zusammenarbeit mit unseren österreichischen Kollegen ist einwandfrei und außergewöhnlich, wofür ich mich herzlich bedanke.

Darüber hinaus haben die österreichische Regierung und die AUA bei der Evakuierung mazedonischer Staatsbürger aus Südamerika und Neuseeland mitgewirkt, wofür wir besonders dankbar sind. Unsere Diaspora in Österreich ist groß, und wir sind auch für die Slowakei verantwortlich. Daher arbeiten die Botschaft und die Konsularabteilung regelmäßig und haben an Wochentagen und Wochenenden bis 22 Uhr Bereitschaftsdienst. Wir haben auch Hotlines.

Wir befolgen alle Regeln, Vorschriften und Protokolle in Bezug auf räumliche Trennung (alle in ihrem Büro), Hygiene, Desinfektion, Masken, Parteienverkehr, Vorsichtsmaßnahmen, physische Distanz usw. Wir gehen nicht ohne dringende Notwendigkeit hinaus, das heißt, wir folgen allen Empfehlungen der österreichischen Regierung. Gott sei Dank ist bisher keiner der Mitarbeiter der Botschaft krank geworden, weder an der Corona noch an der saisonalen Grippe.

Wie kommentieren Sie die Maßnahmen der Regierung zur Unterstützung und Rettung der Wirtschaft?

In unserem Land gebe ich jetzt der Gesundheit der Bürger absolute Priorität. Wir erwarten irgendwann um den 30. April eine Top-Ansteckungs-Zahl, daher ist die Rettung von Menschenleben unsere oberste PrioritätParallel dazu hat die Regierung sofort zwei Pakete wirtschaftlicher Maßnahmen zur Rettung der Wirtschaft verabschiedet und unternimmt alles, um die negativen wirtschaftlichen Folgen zu minimieren, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu retten und der Wirtschaft zu helfen.Diese Maßnahmen wurden nach eingehender Diskussion und in Absprache mit der Regierung des Nationalen Wirtschaftsrates, der Geschäftswelt, den Handelskammern, angesehenen Geschäftsleuten und Professoren / Akademikern in meinem Land verabschiedet.

Wie verbringen Sie Ihre private Zeit in Zeiten der Pandemie?

Realistisch gesehen gibt es wenig Freizeit. Ich, als Botschaftsleiter, bin jeden Tag mindestens zwölf Stunden in der Botschaft. Was noch an Zeit übrig bleibt, verbringe ich hauptsächlich mit körperlichen Übungen – zu Hause, oder auf der Donauinsel.

Da ich ein “Sportmensch” bin, bedeutet es mir auch viel, dass der TV Sender ORF alte und legendäre Spiele in allen Sportarten überträgt, und ich finde es sehr schön, an all die großen Sportereignisse, die vor 10 bis 20 Jahren stattgefunden haben, erinnert zu werden.

Weiters habe ich endlich Zeit, mit meiner 6-jährigen Tochter alle Spiele zu spielen, für die ich all die Jahre nicht genug Zeit gehabt habe. Und was mir auch noch sehr wichtig ist – ich habe jetzt endlich auch die Zeit, mit meiner geliebten Frau über all die Dinge zu sprechen, für die wir durch die viele Arbeit nicht genug Zeit hatten.

Die Jahre verfliegen in einem unerbittlichen Tempo, jetzt, da der Planet stehen geblieben ist, werden sich die Menschen wohl den richtigen Werten zuwenden, und erkennen, dass es mehr als ein tägliches Rennen um Profit und Erfolg gibt, und die Banalisierung des Alltags zu vermeiden, voller falscher Helden, Instant-Prominenten und Internet-Celebritys – mit umstrittenen Werten und falschen Prioritäten. Ein bisschen mehr Liebe, Solidarität und gegenseitiger Respekt werden uns allen nach dem Ende dieser Krise gut tun.

Was werden Sie zuerst machen, nachdem die aktuelle Situation beendet ist?

Ich bin gleich wieder im Fitnessstudio! Ich kann mir mein Leben ohne Sport nicht vorstellen, weil, seit ich 10 Jahre alt war, war ich mit Sport professionell, bzw. semiprofessionell – und jetzt seit fast 40 Jahren als Amateur – beschäftigt. 

Ich liebe auch die Berge und zu wandern. Ich will noch einmal zum Großglockner, den ich 2009 zum ersten Mal mit einer wundervollen internationalen dreitägigen Expedition bestiegen habe.

Nun, ich will zum Musikverein, wo ich regelmäßig bei vielen Konzerten zu Gast bin, denn ohne Musik ist mein Leben undenkbar. Ich freue mich auf neue Empfänge und kulturelle Veranstaltungen, obwohl wir noch einige Zeit darauf warten müssen.

Und natürlich freue ich mich auf ein Glas Bier mit meinen Kollegen und Freunden hier in Österreich.

Vielen Dank an das angesehene Magazin Diplomacy and Commerce,  dafür dass sie an uns Diplomaten in solch schwierigen Zeiten denken. Für uns alle ist es viel leichter, diese schwere Zeit zu überstehen, wenn wir wissen, dass wir echte Freunde wie Sie haben.

Svetlana Nenadovic-Glusac

Foto: Diplomacy and Commerce Austria