In der Rubrik “Interessante Persönlichkeiten” des Magazins Diplomacy and Commerce Austria sprachen wir exklusiv für unsere Herbst/Winter-Ausgabe mit dem angesehenen Diplomaten Dr. Arthur Winkler-Hermaden, bis vor kurzem Leiter des Referats für Gaststaatsangelegenheiten im Protokoll des österreichischen Außenministeriums, der zur Zeit als Büroleiter des neu bestellten Landesrats für Internationales der Steiermark, Werner Amon, tätig ist.
Biografie…
Arthur Winkler-Hermaden wurde 1965 in Klagenfurt geboren, maturierte am Stiftgymnasium der Benediktiner zu St. Paul im Lavanttal und studierte Volkswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien sowie Politikwissenschaften an der Universität Wien.
In die Diplomatie trat Arthur Winkler-Hermaden im Jahr 1999 ein. Im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten war er in der OSZE- und Europaratsabteilung tätig und organisatorisch mit der österreichischen OSZE-Präsidentschaft befasst.
Es folgten eine Verwendung im Kabinett der Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (2000-2004), als Berater für Rechts- und Konsularfragen. Dann trat er seinen ersten Auslandsposten als Gesandter-Botschaftsrat in der österreichischen Botschaft in Stockholm (2004-2008) an. Danach fungierte er als Gesandter und stellvertretender Missionschef an der österreichischen Botschaft in Moskau.
Im Jahr 2009 kehrte Arthur Winkler-Hermaden nach Wien zurück und übernahm neue Herausforderungen, indem er für die außenpolitischen Planung und Koordination im Kabinett von Außenminister Michael Spindelegger zuständig war. Auch während der Zeit als Außenminister Spindelegger auch Vizekanzler war (2011 – 2013) fungierte Arthur Winkler-Hermaden als sein außenpolitischer Berater.
Es folgten Botschafterposten – zunächst in Liechtenstein (2012-2014) und dann in Schweden (2013-2018). Nach der Verwendung in Stockholm folgte für Dr. Arthur Winkler-Hermaden ein Engagement beim Protokoll des österreichischen Außenministeriums, das bis Juli dieses Jahres andauerte.
In diplomatischen Kreisen sind Sie als Diplomat und wichtiges Bindeglied zwischen dem diplomatischen Korps und dem Protokoll des österreichischen Außenministeriums bekannt. Wie kam es dazu, dass Sie diesen Sommer die Diplomatie durch Politik ersetzt haben?
In der Steiermark kam es im Juli zu einem Wechsel an der Landespitze. Der langjährige – und ich möchte hinzufügen, meiner Ansicht nach legendäre – Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer trat nach 22-jähriger Tätigkeit in der Landesregierung, davon sieben Jahre als Landeshauptmann, zurück. Ihm folgte als neuer Landeshauptmann Christopher Drexler. In der Folge wurde der langjährige Parlamentarier und Volksanwalt Werner Amon als Landesrat für Europa und Internationales, Bildung und Personal bestellt. Der Fügung wollte es, daß mich Werner Amon einlud, die Büroleitung des Landesrats zu übernehmen, was ich nach kurzer Bedenkzeit auch annahm.
Ich glaube nicht, daß ich die Diplomatie durch Politik ersetzt habe. Meine Tätigkeit als Büroleiter ist letztlich eine Verwaltungstätigkeit am Rande der Politik. Meist geht es um reine Verwaltungstätigkeiten, mitunter fungiert ein Büroleiter als Schnittstelle zwischen der Politik und der Landesverwaltung. Ich glaube, daß mir meine verschiedenen Verwendungen im In- und Ausland und die Erfahrungen, die ich dabei gesammelt habe, helfen, diese neue Herausforderung als Büroleiter eines Mitglieds der steiermärkischen Landesregierung gut zu bewältigen.
Konnten Sie sich nach drei Monaten im Amt des Büroleiters des steirischen Landesrates Werner Amon schon in Ihren neuen Job einarbeiten?
Ein Credo im Außenministerium ist, daß wir Diplomaten letztlich Generalisten sind. Alle paar Jahre treten wir einen neuen Posten im In- oder Ausland an. Wir werden sozusagen ins kalte Wasser gestoßen und finden uns plötzlich in einem fremden Land oder in einer neuen Funktion wieder. Man ist aus seiner vertrauten Umgebung herausgerissen und findet sich in einem völlig neuen Umfeld wieder. Das ist schon eine Herausforderung. Selbst bei einem so geringfügigen Wechsel wie der von Wien nach Graz. Aber der Mensch ist ein äußerst anpassungsfähiges Wesen. Insbesondere wenn er wie wir Diplomaten im Lauf der Zeit auf solche abrupte Wechsel konditioniert ist. Nach kurzer Zeit fühle ich mich eigentlich eingearbeitet und die Arbeitsabläufe funktionieren recht gut. Außerdem geht das mit jedem Tag besser.
Was ist Ihrer Meinung nach der größte Unterschied zwischen der Arbeit im Außenministerium in Wien und der Arbeit im Landhaus in Graz?
Zum einen inhaltlich: Im Außenministerium befassen wir uns als Generalisten zwar auch mit vielen Themen des Lebens, aber letztlich geht es dabei um die Beziehung zu anderen Ländern und um internationale Entwicklungen. Das ist der Kern der Diplomatie. In einem Bundesland wie der Steiermark ist die Themenpalette viel breiter. Da geht es unter anderem um Kindergärten, Schulen, die Straßenerhaltung, Musikerziehung, die Land- und Forstwirtschaft, die Jagd, kulturelle Themen wie den Steirischen Herbst, die Landestheater, Sozialarbeit, psychologische Betreuungseinrichtungen, etc. Im Bereich von Landesrat Amon stehen vor allem Fragen im Bildungsbereich und in der Personalverwaltung quanitativ im Vordergrund.
Zum anderen hinsichtlich der Dimension: Während im Außenministerium weniger als 1.500 Beschäftigte tätig sind hat das Land Steiermark 7.500 Landesbedienstete. Dazu kommen noch 18.000 Beschäftigte bei den Landeskrankenanstalten, die mittelbar mit der Landesverwaltung in Verbindung stehen. Im Land Steiermark gibt es aufgrund der Fülle und des Umfangs der Aufgaben Abteilungen mit mehr als 250 Mitarbeitern. Im BMEIA ist das viel kleiner dimensioniert. Unter anderem gibt es auch deshalb so viele Landesbedienstete weil die Tätigkeit der Landesverwaltung sich viel unmittelbarer auf den einzelnen Bürger auswirkt.
Das Büro des Landesrates ist neben Bildung und Personal, für Europa und internationale Angelegenheiten zuständig. Können Sie hier Parallelen zu Ihrer Arbeit beim Außenministerium ziehen?
Ja durchaus, wenn auch naturgemäß kleiner dimensioniert als im Außenministerium. Landeshauptmann Drexler und Landesrat Amon ist es ein großes Anliegen, die Steiermark auch europapolitisch und international gut zu verankern. Das Land Steiermark hat ein eigenes Vertretungsbüro in Brüssel, das sich um die Entwicklungen in der EU kümmert. Landesrat Werner Amon ist offizieller Vertreter im Ausschuß der Regionen bei der EU und daher regelmäßig bei den EU-Institutionen in Brüssel. Die Steiermark engagiert sich im Rahmen der Alpen-Adria-Allianz und hat zur Zeit den Vorsitz in diesem Netzwerk. Die Steiermark unterhält Kontakte zu 31 Partnerregionen in 14 Ländern. Kürzlich wurde die Kooperation mit der serbischen Region Vojvodina bei einem offiziellen Besuch in Graz intensiviert. Die Annäherung der Westbalkan-Staaten an die EU ist der steiermärkischen Landesregierung ein großes Anliegen. Auch die Beziehungen zu den regionalen Nachbarn wie Slowenien, Kroatien, der Region Friaul-Julisch Venetien oder einzelnen Komitaten in Ungarn haben einen wichtigen Stellenwert in der außenpolitischen Agenda der Steiermark.
Die Steiermark ist ein wichtiges Industrieland und eine der führenden Regionen Europas im Bereich Forschung und Entwicklung – man denke nur an die Automobilindustrie und führende steirische Unternehmen wie Magna oder AVL List. Mit dem Internationalisierungszentrum Steiermark (ICS) – einer Kooperation zwischen der Wirtschaftskammer, der Industriellenvereinigung und dem Land Steiermark – besteht eine gut funktionierende Struktur um die Exportchancen der steirischen Wirtschaft – insbesondere auch der Klein- und Mittelbetriebe zu steigern. Daher ist ein engagiertes steirisches außenpolitisches Engagement auch aus wirtschaftspolitischer, industriepolitischer oder beschäftigungspolitischer Sicht von großer Bedeutung und dient dem Wohl der Menschen in diesem Land.
In Bezug auf internationale Organisationen ist zu erwähnen, daß Graz seit dem Jahr 2000 die erste und einzige „Menschenrechtsstadt“ Europas ist und das UNESCO-Zentrum für die Förderung der Menschenrechte beherbergt. Ein erklärtes Ziel dabei ist die Förderung der regionalen und lokalen Menschenrechtsbildung.
Zusammenfassend würde ich sagen, die Steiermark betreibt durchaus auch in Abstimmung mit und in Ergänzung zur österreichischen Außenpolitik eine „kleine aber feine Außenpolitik mit steirischer Note“.
Was vermissen Sie, wenn Sie an die Arbeit in der Diplomatie und im Außenministerium denken und was doch nicht?
Wien ist eine Weltstadt der Diplomatie, das geht weit über die österreichische Außenpolitik hinaus. Die Vereinten Nationen, die OSZE, die OPEC und viele andere Internationale Organisationen haben ihren Sitz in Wien. Daher ist es der Traum vieler Diplomaten, in Wien tätig zu sein.
Das alles haben Graz und die Steiermark natürlich nicht. Nichtsdestotrotz ist Graz die zweitgrößte Stadt Österreich und aus dem oben dargestellten außenpolitischen Engagement der Steiermark ergeben sich auch hier viele diplomatische Kontakte. Regelmäßig kommt es zu Besuchen von Botschaftern beim Landeshauptmann und beim Landesrat. Vor Kurzem wurde unter anderem die Gruppe der Botschafter der zentralasiatischen Staaten offiziell vom Land empfangen. Auch hat des Land Steiermark eine Initiative zum Nationalfeiertag gesetzt. Die heurigen Nationalfeiertage der österreichischen Botschaften in Rom und Paris wurden unter Anwesenheit von Landeshauptmann Christopher Drexler bzw. von Landesrat Werner Amon unter „steirischer Flagge“ begangen.
Ich verhehle aber nicht, daß die Dichte der diplomatischen und außenpolitisch relevanten Kontakte in Wien viel größer ist und daß ich die regelmäßige Partizipation bei den vielen in Wien stattfindenden Treffen und den Austausch mit den Diplomaten der vielen in Österreich akkreditierten Botschaften und Internationalen Organisationen tatsächlich etwas vermisse. Dafür haben sich in Graz neue interessante Kontakte ergeben und man lernt im Leben immer etwas dazu.
Obwohl es noch zu früh ist, darüber zu sprechen, muss ich Sie doch fragen, ob Sie sich vorstellen können, irgendwann in die Welt der Diplomatie zurückzukehren?
Die Tätigkeit als Büroleiter bei einem Mitglied der steiermärkischen Landesregierung empfinde ich strukturell ähnlich wie eine Verwendung auf einem Posten des Außenamts außerhalb Wiens. Nur muß ich keine neue Sprache lernen – Steirisch verstehe ich ja meistens. Ich bin froh, daß es auch in Österreich die Möglichkeit und die Flexibilität gibt für eine Zeit lang zwischen Bundes- und Landesverwaltung zu wechseln. In Frankreich ist das beispielsweise ganz üblich. Ich bin ja nach wie vor Beamter des Außenministeriums und werde voraussichtlich in ein paar Jahren wieder in den diplomatischen Dienst zurückkehren.
Text: Svetlana Nenadovic Glusac