I.E. Morakot Sriswasdi – Botschafterin vom Königreich Thailand in der Republik Österreich – Interview

I.E. Morakot Sriswasdi wurde in Bangkok geboren, wo sie auch ihr Studium der Politikwissenschaft an der Chulalongkorn University abschloss.

Morakot Sriswasdi setzte ihre Ausbildung fort und studierte Internationale Wirtschaft, wo sie ein Postgraduierten-Diplom an der Universität Sussex (Großbritannien) erhielt. Danach folgten Entwicklungsstudien am Institut für Sozialwissenschaften in Den Haag (Niederlande) und weiters das Personalmanagementstudium an der Hochschule für Management, Mahidol University (Thailand).

Morakot Sriswasdi begann ihre Berufskarriere in der Welt der Medien. Frau Sriswasdi war nämlich 1987 Korrespondentin für Politik und Außenpolitik bei der thailändischen Nachrichtenagentur.

Ab 1988 arbeitete Morakot Sriswasdi als Attaché im thailändischen Außenministerium, in der Abteilung für ASEAN-Angelegenheiten (Verband der Südostasiatischen Nationen). 

Es folgte eine Anstellung in der Abteilung für Information (1990) und der Abteilung für internationale Organisation (1994). Danach kam Morakot Sriswasdi zum ersten Mal nach Wien, auf die Position des Ersten Sekretärs in der Königlich Thailändischen Botschaft und der Ständigen Vertretung Thailands bei den Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen in Wien (1997).

Nach Wien arbeitete Frau Sriswasdi in der Abteilung für Südasien, Mittleren Osten und Afrika (2001), der Abteilung für Internationale Organisationen (2003), wonach sie zur Stellvertretenden Sekretärin der Abteilung für Internationale Wirtschaft (2005) und zur Referentin für Internationale Wirtschaftspolitik beim Ministerium für internationale Wirtschaft (2006) befördert wurde.

Die steile Karriere setzte sich mit der Arbeit im Sekretariat des Ministers (2009) und der Position des Beraters des Ministers in der Ständigen Vertretung Thailands bei der ASEAN (2010) fort.

2013 wurde Morakot Sriswasdi Direktorin der Abteilung für Frieden, Sicherheit und Abrüstung des Ministeriums für internationale Organisationen, von 2015 bis 2019 war sie Stellvertretende Generaldirektorin der Abteilung für internationale Organisationen und ab Juni 2019 wurde Morakot Sriswasdi Botschafterin vom Königreich Thailand in der Republik Österreich und Ständige Vertreterin Thailands bei den Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen in Wien.

Für das Magazin “Diplomacy and Commerce Austria” sprachen wir mit I.E. Morakot Sriswasdi über 150 Jahre freundschaftliche Verbindung zwischen Österreich und Thailand, darüber, ob Wien sich seit 1997, als sie in ihrer ersten Amtszeit hier war, geändert hat, über den Tourismus und die Wirtschaft Thailands, den kürzlich abgehaltenen RCEP-Gipfel in Bangkok und darüber, was die Einrichtung der Freihandelszone für Asien und die Pazifik-Region bringt, sowie über Klimaschutz, der ein wichtiges Thema auf dem ASEAN-Gipfel in Bangkok war.

1997 waren Sie in Wien zum ersten Mal im Amt, um zwei Jahrzehnte später auf die Position der Botschafterin zurückzukehren. Wie erscheint Ihnen die Stadt, hat sie sich verändert?

 

Im Verlauf der Jahre hat sich Wien recht viel verändert, aber seinen einzigartigen Charme behalten. Ich lernte Wien kennen, als ich das erste Mal herkam, um bei der Königlich Thailändischen Botschaft von 1997 bis 2000 zu arbeiten. Neunzehn Jahre später kam ich als Botschafterin Thailands zurück nach Österreich und bemerkte, dass Wien mit seiner imperialen Architektur und wundervollen klassischen Musik immer noch charmant war, aber dass es auch internationaler und lebendiger wurde, mit einem modernen Hauch. Die Landschaft, die Berge und die kristallklaren Seen in Österreich sind immer noch wunderschön.

Diesmal bin ich vom Wiener Lebensstil beeindruckt, der immer innovativer wird. Wien wurde auch von Mercer als die lebenswerteste Stadt der Welt über zehn Jahre hintereinander benotet. Wien ist ein vielfältiger Knotenpunkt für junge Unternehmer und Start-up Unternehmen mit einer idealen geographischen Lage mitten in Europa. Mit der höchsten Lebensqualität, effizientem Verkehrsnetzwerk, leistbarem Wohnungswesen und vielen grünen Flächen bewundere ich das Konzept der Smart City, das sich in den letzten zwanzig Jahren entwickelte.

Als eine Stadt, die die Organisationen der Vereinten Nationen, spezialisierte Agenturen sowie andere verwandte Agenturen und die Internationalen Organisationen, wie das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung („UNODC“), die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA), die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSCE) und die Organisation des Vertrags für das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO) willkommen heißt, gibt es heute mehr Botschaften und die diplomatische Gesellschaft in Wien ist größer als je zuvor. Die Themen, über die innerhalb des multilateralen Netzwerks in Wien diskutiert wird, sind umfangreich und vielseitig.

 

Im Jahr 2019 wurden 150 Jahre freundschaftliche Verbindung zwischen Österreich und Thailand zelebriert. Haben Sie Informationen darüber, wie viele Veranstaltungen aus diesem Anlass von der Thailändischen Botschaft in Wien und der Österreichischen Botschaft in Thailand im Jahr 2019 organisiert wurden?

 Im Jahr 2019 feierten Thailand und Österreich das 150. Jubiläum der Freundschaft seit der Unterzeichnung des Abkommens im Jahr 1869. Die beiden Botschaften organisierten in ihren Ländern viele besondere Aktivitäten und Feste im Verlaufe des Jahres. Eines der größeren Highlights war am 23. Juni 2019, als wir ein Gedenkkonzert im barocken Palast Theater Schönbrunn organisierten. Das Konzert wurde von Ihrer Königlichen Majestät Prinzessin Maha Chakri Sirindhorn besucht. Die Musiker des „Princess Galyani Vadhana Institute of Music“ aus Bangkok und der „Universität für Musik und darstellende Kunst Wien“ traten zusammen auf und wurden von Professor Johannes Meissl geleitet.

Ein weiteres Highlight war die Veröffentlichung des Buches mit dem Titel „Von der Donau an den Chao Praya: 150 Jahre freundschaftliche Verbindungen zwischen Österreich und Thailand“. Dieses Buch entstand unter der Zusammenarbeit zwischen der Königlichen Thailändischen Botschaft und dem Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres. Es hat einen Überblick darüber geschafft, wie sich unsere langanhaltenden Beziehungen vom Anfang bis zur Gegenwart entwickelten sowie die Geschichte unserer Freundschaft, Zusammenarbeit in der Bildung und Wissenschaft, ökonomische Kooperation und Zusammenarbeit im Bereich der klassischen Musik. Es gibt auch zwei Kinderbücher unserer beiden Länder, die in beide Sprachen übersetzt wurden, um die jüngere Generation zu motivieren, übereinander zu lernen.

Im Rahmen des Österreichischen Nationalfeiertagesempfangs im Dezember 2019 luden die Königlichen Thailändischen Botschaften eine Gruppe von thailändischen Musikstudenten von der Mahidol Universität ein, um das „East meets West“ Konzert vorzuführen und somit das Ende der Festivitäten unserer 150-jährigen Freundschaft abzuschließen.

 

Sehen Sie  Potential, wo die beiden Länder nach 150 Jahren Freundschaft ihre Beziehungen noch vertiefen könnten?

Ich sehe viele Möglichkeiten für beide Länder. Ich möchte unsere Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen wie Handel und Investitionen, saubere Energie, Bildung, Smart City, Technologie und Innovation sowie kulturelle Zusammenarbeit weiter verbessern.

Handel und Investitionen waren ein wichtiger Schwerpunkt unserer Beziehungen. Sowohl Thailand als auch Österreich teilen das gemeinsame Bestreben, die Tore und Brücken der wirtschaftlichen Entwicklung in unseren jeweiligen Regionen zu sein. Im Jahr 2019 beträgt unser bilaterales Handelsvolumen etwa 650 Millionen Euro. In Bezug auf Investitionen tätigen etwa 100 österreichische Unternehmen Direktinvestitionen in Thailand und 500 Unternehmen haben Geschäftsinteresse. Thailand möchte mehr österreichische Investitionen in Thailand fördern, insbesondere in unserem Gebiet des Östlichen Wirtschaftskorridors (EEC), das die drei östlichen Provinzen Rayong, Chonburi und Chachoengsao abdeckt. Dies ist von der thailändischen Regierung als vorrangiges Investitionsgebiet vorgesehen, mit Anreizen und Vorteilen, die für die österreichische Privatwirtschaft attraktiv wären. Neben Investitionen möchte Thailand auch in den Bereichen Technologie, Forschung, KMU und Innovation von Österreich lernen. Ich habe österreichische Unternehmen besucht und bin beeindruckt von deren interner Forschung und Entwicklung im Bereich Technologie und Innovation.

Ich bin auch erfreut zu erfahren, dass in den letzten Jahren mehr Investitionen von thailändischen Investoren in Österreich getätigt werden. Die Thai Shopping Mall, Central Group, baut gemeinsam mit der Signa Group, einem österreichischen Immobilienunternehmen, einen Mehrzweck- / Mischnutzungskomplex in der Mariahilfer Straße, der 2023 fertiggestellt sein wird.

Ich hoffe auch auf die Einrichtung der Gemeinsamen Arbeitsgruppe für Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit und der Gemeinsamen Arbeitsgruppe für digitale Medien, die beiden Ländern als Mechanismen dienen werden, um über neue Bereiche der wirtschaftlichen Zusammenarbeit weiter zu diskutieren. Am wichtigsten ist, dass ich durch kulturelle Zusammenarbeit einen engeren People-to-people-Kontakt zwischen unseren Menschen fördern möchte. Jedes Jahr wird Thailand von über 100.000 Österreichern besucht. Thailändisches Essen ist in Österreich weithin bekannt.

Thailand und Österreich vertreten im Rahmen der Vereinten Nationen auch viele gemeinsame Standpunkte und teilen in verschiedenen Bereichen die gleichen Werte. Beispielsweise haben Thailand und Österreich zusammengearbeitet, um das gemeinsame Ziel einer Welt ohne Atomwaffen durch die Aushandlung und den Abschluss des Vertrags über das Verbot von Atomwaffen voranzutreiben. Der Vertrag gewinnt jetzt mehr ratifizierende Staaten.

Ich bin zuversichtlich, dass wir mit einem großen Reservoir an Freundschaft und Wohlwollen zwischen unseren beiden Ländern und Völkern, das in den letzten 150 Jahren auf einer soliden Grundlage geschmiedet wurde, die Partnerschaft zwischen Thailand und Österreich in den kommenden Jahren verbessern werden.

Bangkok-Wat Arun Ratchawararam Ratchaworamahawihan / Foto: Tourism Authority of Thailand

Thailand ist ein Land mit über 70 Millionen Einwohnern und nimmt damit eine wichtige Position in Asien ein. Was sind Thailands wichtigste Wirtschaftssektoren?

Als zweitgrößte Volkswirtschaft in Südostasien und der 19. größte Produzent der Welt hat Thailand dank der starken Grundlagen und vielfältigen Branchen des Landes ein robustes Wirtschaftswachstum erzielt.

Der Dienstleistungssektor leistet mit einem Anteil von etwa 62 Prozent am thailändischen BIP den größten Beitrag zur thailändischen Wirtschaft. Die Einnahmen aus dem Tourismus sind weiterhin im Spitzenfeld und spornen das Wirtschaftswachstum in Thailand an. Im Jahr 2018 verzeichnete Thailand 38 Millionen Touristen, was 12,3 Prozent des BIP entspricht. Im Jahr 2019 erreichte die Zahl der internationalen Touristen, die nach Thailand kamen, 39,7 Millionen. Laut dem World Travel & Tourism Council soll der Gesamtbeitrag von Reisen und Tourismus zum thailändischen BIP bis 2028 um 5,6 Prozent pro Jahr auf 28,2 Prozent des BIP steigen.

Mittlerweile hat der Industriesektor einen signifikanten Anteil von etwa 32 Prozent am BIP. Am meisten hergestellte Produkte sind Exportartikel, die enorme Einnahmen nach Thailand bringen. Zu den Hauptindustrien zählen die Verarbeitung in der Landwirtschaft, Getränke, Elektrogeräte, Computerteile, integrierte Schaltkreise, Kunststoffe und Automobile sowie Automobilteile. Thailand gilt als eines der wichtigsten Zentren für die Automobilmontage in Südostasien. Es ist auch ein großes Produktionszentrum für elektrische und elektronische Geräte und Komponenten. Auf den Agrarsektor entfallen dagegen nur etwa 6 Prozent des thailändischen BIP. Agrarrohstoffe wie Reis, Zucker, Gummi und Fischereierzeugnisse werden jedoch in die ganze Welt exportiert. Auch wenn der Agrarsektor einen geringen Beitrag zur thailändischen Wirtschaft leistet, sind Tradition und Kultur der Landwirtschaft immer noch ein unverzichtbarer Bestandteil des ländlichen Lebens.

Mit Blick auf die Zukunft folgt die wirtschaftliche Entwicklung Thailands einem 20-jährigen Nationalen Strategieplan mit der Vision, Sicherheit, Wohlstand und Nachhaltigkeit zu erreichen. Der zwölfte nationale Plan für wirtschaftliche und soziale Entwicklung, der von 2017 bis 2021 gültig ist, wurde daher im Einklang mit dem nationalen Strategieplan ausgearbeitet. Die Prinzipien der „Philosophie der Suffizienzökonomie“ sind weiterhin ein wesentliches Element des 12. Plans, da sie über viele Jahre hinweg erheblich zu einer ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung in Thailand beigetragen haben.

Thailands Weg nach vorne folgt einem Wirtschaftsmodell namens Thailand 4.0, das darauf abzielt, Thailand von mehreren wirtschaftlichen Herausforderungen zu befreien und dem Land zu helfen, aus der Falle mit mittlerem Einkommen herauszukommen. Das Wirtschaftsmodell konzentriert sich auf vier Ziele: wirtschaftlichen Wohlstand, soziales Wohlergehen, Steigerung der menschlichen Werte und Umweltschutz. Um wirtschaftlichen Wohlstand zu erreichen, sind Innovation, Technologie und Kreativität die Hauptantriebskräfte.

Foto: RCEP

Thailand ist ein bekanntes Reiseziel mit einer ständig wachsenden Zahl von Touristen aus der ganzen Welt. Haben Sie Daten darüber, wie viele Touristen Thailand jedes Jahr besuchen, und wie wichtig ist der Tourismus für die thailändische Wirtschaft?

Wie bereits erwähnt, ist der Tourismus einer der wichtigsten Wirtschaftszweige Thailands. Im Jahr 2019 erreichte die Zahl der internationalen Touristen, die nach Thailand kamen, 39,7 Millionen Menschen, eine Steigerung von 4,2 Prozent gegenüber 2018. Thailand erhielt 1,93 Billionen Baht oder 57 Milliarden Euro – eine Steigerung von 3,05 Prozent gegenüber 2018. Die fünf Länder mit meisten Besuchern in Thailand sind China, Malaysia, Indien, die Republik Korea und Laos. Bemerkenswerterweise stieg die Zahl der indischen Touristen gegenüber dem Vorjahr um 22 Prozent. Für 2020 wird die Gesamtzahl der internationalen Touristen auf etwa 40,5 bis 41 Millionen Menschen geschätzt. Dies macht Thailand zur größten Tourismuswirtschaft in Südostasien. 

Thailand ist eines der beliebtesten Reiseziele der Welt. Bangkok, Koh Samui und Phuket bleiben für viele Touristen die beliebtesten Reiseziele. Viele Touristen genießen das kristallklare Wasser und die Sandstrände sowie den Service und den Luxus, den viele Resorts bieten. Das Motto: „It makes a perfect vacation“ – es macht einen Urlaub perfekt, spricht für sich. Abgesehen von den Stränden genießen ausländische Touristen auch die Berggebiete in den nördlichen Provinzen. In Thailand gibt es noch viele versteckte, abwechslungsreiche und einzigartige lokale kulturelle Erlebnisse, die erst noch entdeckt werden müssen. Unerforschte Reisestandorte, lokales Essen und feines Handwerk werden den Reisenden auch neue und unvergessliche Erlebnisse bieten. Reisen nach Thailand bietet nicht nur eine Möglichkeit, neue Landschaften zu genießen, sondern auch den Charme lokaler Traditionen und Lebensweisen zu erfahren.

Jedes Jahr wird Thailand von mehr als 100.000 Touristen aus Österreich besucht. Die beliebtesten Reiseziele für österreichische Touristen sind Phuket, Khao Lak und Koh Samui. Thailand hofft, dass in den kommenden Jahren mehr österreichische Touristen nach Thailand reisen werden. Angesichts der Tatsache, dass es mittlerweile drei Fluggesellschaften gibt, nämlich Thai Airways International, Austrian Airlines und EVA Airlines, die etwa 18 wöchentliche Direktflüge zwischen Bangkok und Wien durchführen, ist die Reise nach Thailand für österreichische Reisende sehr bequem.

Thai Food-Tom Yum Kung / Foto: Tourism Authority of Thailand

Anfang November fand in Bangkok die 3. Sitzung der RCEP – Regional Comprehensive Economic Partnership (ein Projekt zu Freihandelsvereinbarungen zwischen China, Indien, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland sowie zehn ASEAN-Mitgliedsstaaten: Indonesien, Malaysia, Thailand, die Philippinen, Vietnam, Myanmar, Brunei, Laos, Kambodscha und Singapur) statt. Die RCEP umfasst Staaten mit mehr als drei Milliarden Menschen und einem Bruttoinlandsprodukt von etwa 17 Milliarden US-Dollar, was etwa 40 Prozent des Welthandels bedeutet. Wie wird sich die Gründung der RCEP auf die Wirtschaft der EU oder der USA auswirken?

Das aus 16 ostasiatischen Gipfelländern bestehende RCEP wird eines der weltweit größten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen sein. RCEP, das fast ein Drittel des weltweiten BIP ausmachen wird, wird die Wachstumsaussichten erheblich verbessern, einen positiven Beitrag zur Weltwirtschaft leisten und gleichzeitig als tragende Säule für ein starkes multilaterales Handelssystem und zur Förderung der Entwicklung der Volkswirtschaften in der gesamten Region dienen.

Thailand war 2019 als ASEAN-Vorsitzender Gastgeber des dritten Gipfeltreffens der regionalen umfassenden Wirtschaftspartnerschaft (RCEP) am 4. November 2019, und zwar unmittelbar neben dem 35. ASEAN-Gipfel und den dazugehörigen Gipfeln. An dem Treffen nahmen ASEAN-Führer und Führer aus Australien, China, Indien, Japan, der Republik Korea und Neuseeland teil. 15 von 16 RCEP-Ländern haben textbasierte Verhandlungen zu allen 20 Kapiteln des RCEP abgeschlossen und beschlossen, noch offene Fragen zu klären und die rechtliche Bereinigung fortzusetzen, damit die RCEP-Unterzeichnung im Jahr 2020 stattfinden kann. 

Unter RCEP versteht man die Schaffung gemeinsamer Ursprungsregeln. Nach der Implementierung benötigen die RCEP-Länder nur ein einziges Ursprungszeugnis. Auf diese Weise können Unternehmen problemlos Produkte zwischen RCEP-Ländern versenden, ohne sich um bestimmte Ursprungskriterien in jedem Land oder für jeden Herstellungsschritt kümmern zu müssen. Eine gemeinsame Ursprungsregel für das RCEP senkt die Kosten für Unternehmen mit Lieferketten in ganz Asien und kann Unternehmen, die in RCEP-Länder exportieren, dazu ermutigen, Lieferketten innerhalb der RCEP-Länder einzurichten. Unternehmen sollten dies als Chance nutzen, indem sie Geschäfts- und Produktionsstätten in RCEP-Ländern aufbauen. Zollsenkungen und -vorteile für RCEP-Länder werden auf der Grundlage der Produktionsstandorte angewendet. Produkte von EU-Firmen in RCEP-Ländern können ähnliche Vorteile genießen, wenn sie ihre Produkte in andere RCEP-Länder exportieren. Die strategische Lage Thailands macht uns im Rahmen von RCEP zum Tor für Investoren nach Asien und darüber hinaus.

Natürlich sollte RCEP nicht einfach als Handelsabkommen angesehen werden, sondern als wirtschaftliche Zusammenarbeit, die die regionale politische Sicherheit und Stabilität stärkt und die Zentralität der ASEAN in Südostasien und im Indopazifik stärkt. Im Zusammenhang mit dem gegenwärtigen Handelsstreit zwischen den USA und China sendet die RCEP ein starkes Signal an die Welt, dass sich Asien zu einer kooperativen, multilateralen und regelbasierten Ordnung bekennt und auch für Geschäfte offen ist.

Die Schüler auf der ganzen Welt erheben ihre Stimmen und warnen vor dem Klimakollaps. Ausgehend von der Schwedin Greta Thunberg hat die Welt angefangen zuzuhören, was junge Leute dazu zu sagen haben. In jüngerer Zeit wurden in Thailand Schulstreiks von Schulkindern organisiert. Klimaschutz war eines der wichtigen Themen auf dem ASEAN-Gipfel in Bangkok. Hat Thailand einen ausgearbeiteten Plan für den Klimaschutz?

Thailand erkennt an, dass ökologische Nachhaltigkeit mit sozialer und wirtschaftlicher Entwicklung zusammenhängt und eine Schlüsselbedingung für nachhaltige Entwicklung ist. Die Regierung hat Maßnahmen zur nachhaltigen und fairen Erhaltung, Wiederherstellung und Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen verabschiedet und die Bekämpfung des Klimawandels und die Anpassung als eine der Strategien in unseren 20-jährigen Nationalen Strategierahmen (2017-2036) aufgenommen.

Bei unseren Bemühungen zur Umkehrung des Klimawandels bewegt sich Thailand in Richtung einer kohlenstoffarmen und klimaresistenten Gesellschaft. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen (GHG) bis 2030 um 20 bis 25 Prozent zu senken. Der Klimaschutz-Masterplan (2015 – 2050) ist ein Schlüsselinstrument für Thailand, um bis 2050 ein nachhaltig kohlenstoffarmes Wachstum und Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel zu erreichen. Im Rahmen des Masterplans haben wir begonnen, Maßnahmen wie die Einrichtung eines Wettervorhersagesystems und eines Frühwarnsystems, und eines landwirtschaftlichen Versicherungssystems, die Entwicklung von Mitteln für die Rehabilitation und die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels, die Vergrößerung der Waldfläche auf 40 Prozent der Landesfläche und die Erhöhung des Anteils von Biodiversität und Schutzgebieten umzusetzen.

Foto: Tourism Authority of Thailand

Der Masterplan wird durch Maßnahmen wie den Energieeffizienzplan (2015 – 2036), den Entwicklungsplan für alternative Energien (2015 – 2036) und den Nationalen Masterplan für industrielle Entwicklung (2012 – 2031) ergänzt, in denen Ziele wie die Reduzierung der Treibhausgasemissionen aus Energie- und Verkehrssektoren um 7 bis 20 Prozent bis 2021, Beschaffung von mindestens 25 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen bis 2021 und Erhöhung der Grünflächen in Kommunen festgelegt sind, während langfristige Ziele einen steigenden Anteil an Investitionen in kohlenstoffarme und umweltfreundliche Industrien beinhalten.

Wir möchten die Zusammenarbeit mit der Weltgemeinschaft in Umweltfragen sowohl im Rahmen multilateraler als auch bilateraler Mechanismen stärken. Als ASEAN-Vorsitzender im Jahr 2019 hat Thailand auf dem Klimagipfel der Vereinten Nationen 2019 im September letzten Jahres eine gemeinsame Erklärung der ASEAN abgegeben. Wir haben die wichtigsten ASEAN-Ziele für Klimaschutzmaßnahmen im Energie- und Landverkehrssektor angekündigt.

Als Vertragsstaat des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) unterstützt Thailand die Verhandlungen im Rahmen dieses Übereinkommens uneingeschränkt. Wir haben volles Vertrauen in das multilaterale System und werden zum Wohle der internationalen Gemeinschaft weiterhin eng mit allen Vertragsstaaten aus allen Regionen zusammenarbeiten.

(Svetlana Nenadovic Glusac)