Diplomatisches Kaleidoskop – Eine Postkarte aus Slowenien
Im Rahmen der neuen Rubrik “Diplomatisches Kaleidoskop” informiert Sie das Magazin Diplomacy and Commerce Austria in jeder Ausgabe darüber, was DiplomatInnen und BotschafterInnen machen und wo sie sich aufhalten, nachdem sie ihre Amtszeit in Österreich beendet haben.
Auf diese Weise schicken sie uns eine Art Postkarte von dem Ort, an dem sie jetzt leben und arbeiten und verraten uns, was ihnen fehlt, wenn sie an Wien denken.
Diplomatenposten dauern je nach Herkunftsland durchschnittlich vier Jahre, und wenn sie nicht zu ihrem Außenministerium in ihr Land zurückkehren, sind Umzüge in neue Länder und Städte ein fester Bestandteil der Diplomatie.
In dieser Ausgabe des DC Austria Magazins sprechen wir mit der ehemaligen Botschafterin der Republik Slowenien in der Republik Österreich, I.E Ksenija Škrilec, derzeit als Generaldirektorin und Sektionsleiterin für EU und europäische Bilaterale im Außenministerium der Republik Slowenien in Ljubljana tätig.
Es ist länger als ein Jahr her, seit Sie das Mandat des Botschafterin der Republik Slowenien im Wien verlassen haben, wie war es, Wien mit Ljubljana zu ersetzen und wieder zuhause zu sein?
Grundsätzlich sollte der Diplomat so wie der Politiker auf seinem Posten und in seiner Funktion behaust sein. Vertritt man sein Land im Ausland, ist das mit zahlreichen Repräsentationsaufgaben verbunden, die man möglichst als Brückenfunktion für politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Austausch nützt. In Wien war es wichtig, mir vor Ort tieferes Wissen und zusätzlich atmosphärisches Gespür über Kultur und Geschichte Österreichs anzueignen und gleichzeitig allen Gesprächspartnern, entsprechend aktuell informiert, Zusammenhänge und Motive slowenischer Politik, Geschichte und Kultur sachgerecht darzustellen. Dazu gehört die intensive Beschäftigung mit slowenischer und internationaler Presse (wozu auch österreichische gehört), Informationen aus und über die EU auch in Ljubljana zu meiner täglichen Routine. Somit ist mein Zuhause-Sein allein medial weiterhin bilateral und international fundiert. Aber natürlich bin ich in der jetzigen Funktion räumlich näher am slowenischen Geschehen und primär mit konzeptiver Planung und Entwicklung slowenischer Positionen beschäftigt. Der tägliche persönliche Umgang mit slowenischen Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft erzeugt da Einblicke, die sich am Außenposten oft erst sehr zeitverzögert einstellen.
Wie haben Sie sich wieder im gesellschaftlichen Leben der slowenischen Hauptstadt zurechtgefunden und haben Sie Lieblingsorte, an denen Sie gerne spazieren gehen, am Abend ausgehen, Kaffee trinken oder Freunde beim Essen treffen, und können Sie diese Orte nennen?
Auch wenn man sehr gut Deutsch spricht und einem die österreichischen Sprachvarianten geläufig sind, hat das wieder umfassend Eingebettetsein in das Herkunftsprachliche und der engere räumliche Kontakt mit Kollegen und Kolleginnen eine eigene Qualität. In Restaurants und Cafés in Ljubljana nehme ich menschliche und kulinarische Nuancen wahr, die ich in Wien nur indirekter verspürte. Ljubljana hat einen anderen Maßstab als Wien. Was dort oft in vergangener Größe noch schimmert, hat hier in vielem diversifiziertere Wurzeln. Soweit es meine Zeit erlaubt genieße ich Restaurants an der Ljubljanica so wie Landgasthöfe und Weinlokale im Umfeld der Stadt.
Die diverse Landschaft Sloweniens spiegelt sich in diverser Kulinarik und Weinkultur, die Gastfreundschaft von Slowenen mißt sich am Besten, das man dem Gast vom Eigenen gibt. Jetzt habe ich wieder die Möglichkeit, all das an Ort und Stelle zu genießen. Auch das Meer ist ja in Ljubljana um einiges näher als in Wien. Gerne halte ich mich in Prekmurje auf, wo es nach Österreich und Ungarn ja nur ein Katzensprung ist.
Was ist Ihrer Meinung nach das Besondere an Slowenien und gibt es etwas, das Sie gerne in Ihren Alltag von Österreich übernommen haben?
Slowenien ist alpin, pannonisch und mediterran geprägt. Geschichtlich haben Slowenien und Österreich viel gemein aber es gibt auch einiges, was die Länder unterscheidet und damit auch die Mentalitäten differenziert prägt. Uns verbindet eine jahrhundertelange gemeinsame Geschichte und auch die Unterschiede erzeugen ein produktives Miteinander. Ich habe in meiner Zeit in Wien versucht, slowenische Künstlerinnen und Schriftsteller enger auch in “österreichische” Diskurse einzubinden und ich habe in Wien vieles erfahren, was ich jetzt in politische und kulturelle Zusammenhänge in Slowenien einbringen kann.
Wenn wir von Alltagssachen sprechen – ich habe die diversen Märkte von Wien sehr genossen, bin aber in Ljubljana mit dem Zentralmarkt, seiner Fischabteilung mit frischem Angebot direkt von Adria, immer sehr begeistert.
Wenn Sie an Wien denken, was kommt Ihnen zuerst in den Sinn und was vermissen Sie am meisten an der österreichischen Hauptstadt?
Speziell im November sind sowohl Wien als auch Ljubljana oft von zähen Nebellagen geprägt. Ich habe dann eine Art Wiengefühl in Erinnerung an die zahlreichen informellen Gespräche und Empfänge, die ich in der Residenz in Wien organisiert habe, die ungezwungene intellektuelle und kulinarische Austauschmöglichkeiten boten – für Persönlichkeiten aus allen gesellschaftlichen Schichten.
Abende an denen der Triestiner Slowene Boris Podrecca mit dem Kärntner Slowenen Martin Kušej, Florjan Lipuš oder Peter Handke ins Gespräch kamen oder der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig mit dem EU-Botschafter Martin Selmayer. Auch an meine intensiven Begegnungen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen, mit dem ich das Gespräch erst kürzlich anläßlich einer grenzüberschreitenden Wanderung an der südsteirischen Weinstraße fortsetzen konnte und dem ich unter anderem unsere Estragonpotica schmackhaft machen konnte, erinnere ich mich gerne.
Können Sie eine Parallele zwischen den Pflichten und Verantwortlichkeiten des slowenischen Botschafters in Österreich und Arbeit in der slowenischen Außenministerium ziehen?
Natürlich sind die Arbeitsfelder sehr unterschiedlich geprägt und es ist durch den Wegfall von Repräsentationspflichten mehr Raum für Konzeptarbeit und Recherche. Umgekehrt beansprucht auch die jetzige Funktion einiges an Präsenz bei Veranstaltungen, Debatten und Konferenzen und ist mit gesellschaftlichen Verpflichtungen verbunden. Der rote Faden ist die Arbeit für die entsprechende internationale Repräsentanz Sloweniens auf allen Ebenen.
Weil die diplomatische Arbeit desto erfolgreicher ist, je stärker sie an Kontinuität und Dauer setzt, kann ich die erfolgreichen Bemühungen um die Einbeziehung von Österreich in den Prozeß der transnationalen Nominierung der Tradition der Lipizzanerzucht auf die repräsentative UNESCO immaterielle Welterbeliste nennen. Aus Paris kam gerade die Nachricht, daß sowohl die slowenische Bienenzuchttradition als auch die Lipizzanerzucht – Nomination der acht Länder (Slowenien, Österreich, Italien, Kroatien, Ungarn, Bosnien und Herzegowina, Rumänien und Slowakei) – von der Expertenkommission eine positive Bewertung bekommen haben und wurde als exemplarisches Beispiel für internationale Zusammenarbeit und Verständigung ausgewiesen.
Im slowenischen Außenministerium, das heute von der neuen Außenministerin Tanja Fajon geleitet wird, haben Sie eine hohe Position in der Direktion für die Zusammenarbeit mit Europa eingenommen, hat Ihre Arbeit und Erfahrung in der Diplomatie Ihre jetzige Position erleichtert?
Ich bin nunmehr seit dreißig Jahren im slowenischen Außenamt tätig. Ich konnte dabei in verschiedenen Funktionen, zuletzt als Botschafterin in Budapest und Wien viel an Erfahrung sammeln und auch von einigen großen Diplomatinnen und Diplomaten früherer Generationen viel lernen. All diese Erfahrungen und die intensive Auslandspraxis prägen meine aktuelle Berufstätigkeit und die Erkenntnisse aus meinem jetzigen Arbeitsfeld werde ich in künftige Auslandsaufgaben einbeziehen. Ein offener intellektueller Zugang, der auch unsere Ministerin auszeichnet, und nicht zuletzt die ständige Lernbereitschaft sind der Schlüssel zur Bewältigung der vielschichtigen Aufgaben einer Berufsdiplomatin.
Um zum Schluß nur noch eine schöne und große Aufgabe der slowenischen Diplomatie zu nennen, die Kandidatur Sloweniens für den nicht ständigen Sitz im UNO Sicherheitsrat in der Periode 2024-2026, an der mit viel Verantwortung gearbeitet wird.
Text: Svetlana Nenadovic Glusac