Gedenkveranstaltung “50 Jahre Romapolitik”

Susanne Raab, zuständige Kanzleramtsministerin für Volksgruppenangelegenheiten, hat am Donnerstag, dem Internationalen Roma-Tag, bei der Veranstaltung “50 Jahre Romapolitik – Romnja und Roma in der EU. Chancen und Herausforderungen” im Parlament eine Keynote gehalten. “Genau 50 Jahre sind es nun seit dem Ersten Welt-Roma-Kongress im Jahr 1971. Roma-Vertreterinnen und -Vertreter aus verschiedenen Ländern haben damals ihr politisches Schicksal selbst in die Hand genommen und machen seither auf sich selbst und auf ihre leider noch immer vorhandenen Ausgrenzungserfahrungen aufmerksam”, sagte die Ministerin einleitend.

“Im wohl dunkelsten Kapitel der jüngeren Geschichte Österreichs, dem Schreckensregime des Nationalsozialismus, haben von den 11.000 österreichischen Romnja und Roma 9.000 auf grausamste Art und Weise ihr Leben verloren. In ganz Europa waren es eine halbe Million. Mit unvorstellbarer Brutalität und Grausamkeit verfolgte das NS-Regime ganze Bevölkerungsgruppen und Ethnien, wovon Roma ganz besonders hart betroffen waren”, so Raab. Alleine in der Nacht von 2. auf 3. August 1944 seien rund 3.000 Romnja und Roma im KZ Auschwitz-Birkenau brutal ermordet worden. Als die unmittelbare Verfolgung nach dem Krieg vorbei gewesen war, mussten die Hinterbliebenen der Ermordeten lange für die Anerkennung des ihnen zugefügten Leids kämpfen.

“Vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Verfolgung von Roma sieht es Österreich als eine zentrale Verantwortung, das Gedenken an die Opfer zu pflegen. Die Gedenkkultur hat daher einen besonders hohen Stellenwert”, betonte die Bundesministerin und verwies auf die Roma-Gedenkstätten im Burgenland, in Wien, Oberösterreich, Salzburg, Kärnten und der Steiermark.

Am 8. April 2021 nahm Bundesministerin Susanne Raab (im Bild) an der Veranstaltung “50 Jahre Romapolitik – Romnja und Roma in der EU. Chancen und Herausforderungen” anläßlich des Welt-Roma-Tages teil.

Anerkennung der Roma als Volksgruppe

Seit 1993 sind die Roma in Österreich als Volksgruppe anerkannt. Die in Artikel 8 der Bundesverfassung gewährleistete Sicherung und Förderung von Sprache und Kultur sowie der Bestand und Erhalt gelten seither auch für Romnja und Roma. “Dieser Meilenstein wurde kurzzeitig vom feigen Bombenanschlag in Oberwart im Februar 1995 getrübt. Aber es macht mich durchaus stolz, heute sagen zu können, dass in den Jahren nach dem erschütternden Attentat nicht Spaltung, sondern ein gesellschaftlicher Schulterschluss stattgefunden hat”, sagte Raab.

 Nationale und europäische Bemühungen zur Inklusion der Roma

Österreich fördert bereits seit Beginn der 1990er-Jahre die wissenschaftlich durchgeführte Kodifizierung und Didaktisierung der hier gesprochenen Romani-Sprachvarianten. Damit sei die Grundlage für eine schriftliche Kultur der Roma und auch für den Romanes-Unterricht geschaffen worden, so Raab. “Das war ein wichtiger Schritt, um den Stellenwert der Roma als Volksgruppe zu festigen, das Selbstwertgefühl der Angehörigen zu fördern und darüber hinaus handelt es sich um ein Projekt mit Vorbildcharakter, das in anderen Staaten großes Interesse hervorgerufen hat.”

Sie sei davon überzeugt, so Susanne Raab, dass Österreich im europäischen und internationalen Vergleich durch die aktive Mitgestaltung, die Zusammenarbeit und die engagierte Mitarbeit der Roma-Zivilgesellschaft “besonders vorbildlich” bei der Umsetzung der “EU-Roma-Strategie” zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma ist. Man dürfe sich aber auf dem Status quo nicht ausruhen, sondern es gelte, “die Roma-Inklusion in Österreich weiter voranzutreiben”. Die Österreichische Roma-Strategie werde daher aktuell von der Universität Wien evaluiert und danach weiter fortgeschrieben.

“Wir werden auch in Zukunft daran arbeiten, die Inklusion und Teilhabe der Romnja und Roma weiter voranzutreiben und Maßnahmen stetig zu verbessern. Ich hoffe, dass auch die Verdoppelung des Volksgruppenbudgets, die erstmalige Erhöhung seit 25 Jahren, hierzu einen Beitrag leisten kann”, erklärte Susanne Raab. Auch die am 8. Oktober 2020 von der International Holocaust Remembrance Association (IHRA) beschlossene Arbeitsdefinition von Antiziganismus sei gestern vom Ministerrat angenommen worden. “Besonders schön ist in diesem Zusammenhang, dass mit der Erarbeitung dieser Arbeitsdefinition auf eine Initiative Österreichs aus dem Jahr 2017 hin begonnen wurde.”

Neben den nationalen Bemühungen dürfe auf die europäische Perspektive nicht vergessen werden, so die Bundesministerin: “Es ist uns in Österreich wichtig, dass wir auch auf europäischer Ebene mehr Bewusstsein schaffen und uns in allen Gremien für bessere Lösungen einsetzen.”

“Ich möchte für die Roma in Österreich am Welt-Roma-Tag 2021, 50 Jahre nach dem Ersten Welt-Roma-Kongress, ein positives Resümee ziehen. Nachdem dieser größten europäischen Minderheit in der Vergangenheit unaussprechliche Gräueltaten angetan wurden, können wir mit dem Rückenwind des schon Bewältigten und dem Bekenntnis zu einem ‘Niemals wieder’ positiv nach vorne schauen. Gemeinsam mit der Roma-Zivilbevölkerung wird es auch weiterhin gelingen, Nachteile zu beseitigen, gegen Diskriminierungen vorzugehen und gegen Hass und Hetze entschlossen zu kämpfen. Ebenso wichtig wie der Schutz der Romnja und Roma ist es auch, dass man ermutigt: für ein selbstbestimmtes Leben und eine Teilhabe an allen Aspekten des sozialen und wirtschaftlichen Lebens. Damit leisten wir einen entscheidenden Beitrag zu einer gestärkten und geschlossenen Zivilgesellschaft.”

Zum Abschluss ihres Statements appellierte die Bundesministerin insbesondere an die jungen Menschen, anderen immer mit Empathie und Verständnis zu begegnen: “Mein Aufruf an die Jugend ist daher: Seid offen, geht aufeinander zu, und lasst euch von Vorurteilen nicht abschrecken oder aufhalten, sondern lernt voneinander und helft auch uns Erwachsenen, dass wir von euch lernen können.”

(bundeskanzleramt.gv.at)

Foto: BKA Andy Wenzel