Jüdisches Museum am Judenplatz, Judenplatz 8, 1010 Wien,
Sonntag bis Donnerstag, 10:00-18:00 Uhr, Freitag, 10:00-14:00 Uhr. Samstags geschlossen
Jüdisches Museum Wien, Dorotheergasse 11, 1010 Wien,
Sonntag bis Freitag, 10:00 -18:00 Uhr, Samstags geschlossen
Ausstellung: Die Wiener in China. Fluchtpunkt Shanghai
Bereits unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich im März 1938 wurden Jüdinnen und Juden ausgegrenzt, gedemütigt und verfolgt. Die Möglichkeiten, das Land zu verlassen, waren gering. Schikanen, Zurücklassung jeglichen Besitzes und die Tatsache, dass viele Länder ihre Grenzen abschotteten, erschwerten jegliche Aussichten zur Flucht. Shanghai war eine internationale Sonderzone, für die kein schwer zu erlangendes Visum nötig war, dennoch verlangten die deutschen Behörden ein Ausreisepapier, gleich ob Visum oder Schiffsticket. Dr. Feng Shan Ho, der Generalkonsul Chinas in Wien, stellte gegen den Willen der chinesischen Regierung tausende dieser rettenden Visa aus.
Damit stellte Shanghai, die „Stadt über dem Meer“ für viele österreichische Juden und Jüdinnen die letzte Hoffnung auf Zuflucht dar. Die Reise dorthin bedeutete eine wochenlange Überfahrt auf dem Seeweg oder eine beschwerliche Reise auf dem Landweg über Sibirien.
Die fremde neue Heimat stellte die Geflüchteten vor große Herausforderungen. Doch schnell organisierten sich die Wiener in China ein „Little Vienna“, in dem es neben Restaurants wie dem „Weißen Rössl“ Kaffeehäuser mit Wiener Mehlspeis- und Kaffeespezialitäten, Würstelstände und Heurigen gab. Sportvereine und Zeitungen wurden gegründet, und die vielen geflüchteten Künstler sorgten für ein vielfältiges Angebot an Musikabenden, Operetten, Kabarett- und Theateraufführungen.
Mit der Einnahme Shanghais durch die mit dem Deutschen Reich verbündeten Japaner 1941 begannen sich die Lebensbedingungen kontinuierlich zu verschlechtern. 1943 wurde die Einrichtung eines Ghettos im heruntergekommenen Stadtviertel Hongkew beschlossen. Die hygienischen Verhältnisse und schlechte Versorgungslage führten zu Hunger und Krankheit. Ursprünglich aus dem Mittleren Osten stammende, und seit dem 19. Jahrhundert in Shanghai ansässige jüdische Familien, wie die Kadoories und Sassoons, sorgten gemeinsam mit anderen Hilfsvereinen, wie dem Amerikanischen JOINT, für die Versorgung mit Lebensmitteln und den Erhalt von Schulen.
Nach dem Sieg der Alliierten und dem Einmarsch der US-Armee 1945 begann für viele die Planung einer Rückkehr. Mit der bevorstehenden Einnahme Shanghais durch Mao-Zedong, verließen auch die letzten Jüdinnen und Juden die Stadt in Richtung USA, Kanada, Australien oder Israel. Einige kehrten wieder in ihre Heimatstadt Wien zurück. Durch die Ermordung und Zerstörung des europäischen Judentums bedeutete ihre Rückkehr nach Wien einen völligen Neuanfang in einer veränderten Welt.
Kuratorinnen: Danielle Spera und Daniela Pscheiden
Ausstellungsgestaltung: Stefan Fuhrer
bis 27 Jun 2021,
Museum Dorotheergasse