CARAVAGGIO & BERNINI – Die Entdeckung der Gefühle

Die Ausstellung präsentiert ein großes und überwältigendes visuelles Barockspektakel im Kunsthistorischen Museum Wien. Im Zentrum stehen dabei die bahnbrechenden Werke des Malers Michelangelo Merisi da Caravaggio (1571‒1610) und des Bildhauers Gian Lorenzo Bernini (1598‒1680). Erstmals sind die beiden weltberühmten Protagonisten, die jeweils auf ihre Art stilbildend für die europäische Kunst des 17. Jahrhunderts werden sollten, gemeinsam in einer Ausstellung vereint.


Michelangelo Merisi, gen. Caravaggio (1571 Mailand – 1610 Porto Ercole), David mit dem Haupt des Goliath, Um 1600/01, Pappelholz 91,2 × 116,2 cm, Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie, © KHM-Museumsverban

Was sie verbindet, ist eine neue Aufmerksamkeit für die wirklichkeitsnahe Naturdarstellung und für das Pathos großer Gefühle. Die Entdeckung der menschlichen Regungen als theatralisches Anliegen des Barocks ist dann auch das zentrale Thema der Ausstellung, die – von Caravaggio bis Bernini – rund siebzig Meisterwerke römischer Malerei und Skulptur in einen einzigartigen Dialog setzt.


Michelangelo Merisi, gen. Caravaggio (1571 Mailand – 1610 Porto Ercole), Knabe, von einer Eidechse gebissen, 1595 Leinwand 65 × 52 cm, © Florenz, Fondazione Roberto Longhi

Erstmals große Caravaggio/Bernini-Ausstellung in Österreich

Obwohl das Kunsthistorische Museum den umfangreichsten und wertvollsten Bestand an Werken Caravaggios und seiner Nachfolger außerhalb Italiens besitzt, hat in Österreich bislang noch keine Ausstellung zu diesem Maler und seiner Zeit stattgefunden. Werke des um eine Generation jüngeren Bildhauers Gian Lorenzo Bernini, dessen Kunst auch für den österreichischen Barock prägend werden sollte, waren hierzulande bisher ebenfalls kaum zu sehen. Die Ausstellung spürt dem Phänomen des aufblühenden Barockzeitalters nach und stellt die revolutionäre Kunst im Rom dieser Zeit vor. Der Maler Caravaggio und der Bildhauer Bernini waren dabei die führenden Persönlichkeiten, die mit ihrer neuartigen Ausdrucksweise ebenso wie mit ihrem unkonventionellen Lebensstil in Rom für Furore sorgten.

Gian Lorenzo Bernini (1598 Neapel – 1680 Rom) Hl. Sebastian, Marmor , Privatsammlung © Foto: Museo Nacional Thyssen-Bornemisza, Madrid

Rom zu Gast in Wien

In sehr kurzer Zeit wurde Rom zu einem blühenden Zentrum innovativer Ideen und Erfindungen. Die Ausstellung konzentriert sich auf die künstlerischen Umwälzungen, die in der heiligen Stadt zwischen 1600 und 1650 stattfanden und weitreichende Auswirkungen auf ganz Europa hatten. In diesen Jahrzehnten wurde die Stadt zu einem Anziehungspunkt für zahlreiche talentierte Künstler, die aus Florenz, Neapel und der Lombardei, aber auch aus Frankreich, Deutschland, Flandern und den Niederlanden kamen. Sie alle experimentierten mit den neuen Bildthemen und kompositorischen Lösungen. Es entstanden faszinierende Werke voller Dramatik und Leidenschaft, die sich durch Darstellung exzentrischer wie starker Bewegung und Gefühlsregung sowie durch eine theatralisch inszenierte Farbregie auszeichnen. Die Figuren zeigen jetzt in ihrer ausholenden Gestik, ihrer starken Mimik und in ihrem Handeln intensive Gefühle. Es wurde regelrecht zur künstlerischen Aufgabe, das Publikum emotional zu berühren. Nicht nur in der bildenden Kunst, sondern auch in Dichtung und Literatur sowie in Musik und Theater kann man die vier Jahrzehnte von 1600 bis 1650 als Geburtsmoment einer Kunst der Affekte bezeichnen. Plötzliches Erschrecken, wie beispielsweise bei Caravaggios Knabe, von einer Eidechse gebissen, zeugen von dem regen Interesse an der Darstellung wirkmächtiger Gefühle.

Gian Lorenzo Bernini (Neapel 1598 – 1680 Rom), Medusa, Rom, 1638–1640, Marmor mit Spuren einer ursprünglichen Patina, H. 46 cm / Rom, Musei Capitolini, Palazzo dei Conservatori, Inv.-Nr. S/1166 © Sovrintendenza Capitolina, Musei Capitolini – Pinacoteca, Capitolina, Rom © Foto: Andrea Jemolo

#barockstars

Charakteristisch für diese Epoche, die man später als Frühbarock bezeichnen wird, ist auch eine zunehmende Bereitschaft zur Zusammenarbeit unter den Künstlern, wie die Gründung einer gemeinsamen Akademie (Accademia di San Luca) oder die persönlichen Freundschaften belegen. Maler und Bildhauer arbeiteten zusammen an der Ausstattung kostspieliger Familienkapellen und großer Galeriesäle, in denen sich die Medien ergänzten, gegenseitig in der Wirkung steigerten, ja mitunter so nebeneinander erschienen, dass ihre Grenzen fließend wurden ‒ ein weiteres Merkmal barocken Ausdrucks: Skulpturen können geradezu malerische Qualitäten aufweisen, während umgekehrt die Malerei illusionistisch Architektur und Skulptur hervorzubringen vermochte.

©KHM-Museumsverband

Die Ausstellung erhofft sich durch die Zusammenschau von Malerei und Skulptur neuartige Perspektiven auf die römische Kunstlandschaft des frühen 17. Jahrhunderts. Eine vergleichbar groß angelegte Auswahl herausragender Kunstwerke dieser Zeit hat es außerhalb Italiens bislang nicht gegeben. Hauptwerke des römischen Frühbarocks werden zu einem einzigartigen Schauzusammenhang verdichtet, der erstmals die „Entdeckung der Gefühle“ als künstlerische Herausforderung thematisiert und die BesucherInnen zugleich auf eine Reise in die Ewige Stadt mitnimmt: Ganz direkt begegnen BetrachterInnen den zentralen Impulsen Caravaggios und Berninis, die begleitet werden von einem Kaleidoskop an Meisterwerken: von Malern wie Artemisia Gentileschi, Annibale Carracci, Nicolas Poussin, Mattia Preti, Guido Reni oder Pietro da Cortona und von Bildhauern wie Francesco Mochi, Giuliano Finelli, Alessandro Algardi oder François Du Quesnoy.

Michelangelo Merisi, gen. Caravaggio (1571 Mailand – 1610 Porto Ercole), Rosenkranzmadonna, Um 1601, Leinwand 364,5 × 249,5 cm, Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie, © KHM-Museumsverband

Highlights

Zu den Highlights der Ausstellung zählen neben den Gemälden aus dem Kunsthistorischen Museum weitere Schlüsselwerke Caravaggios wie der Narziss, der Knabe, von einer Eidechse gebissen, der berühmte Johannes der Täufer und das Porträt des Malteser Ritters Antonio Martelli. Aus dem Œuvre Berninis werden die Medusa, ein Modell des Elefanten mit Obelisk, eine Büste des Kardinal Richelieu, eine Statue des heiligen Sebastian und ein Modell für die Skulptur der Verzückung der heiligen Theresa von Ávila in Wien zu sehen sein. Vier kleine, bisher nie gezeigte Bronzeköpfe, die einst die Kutsche des Architekten zierten und sich bis heute im Besitz der Bernini-Erben befinden, werden ebenso nach Wien reisen. Zu den weiteren Highlights der Schau zählen Guido Renis Bethlehemitischer Kindermord und das erst 2011 wiederaufgetauchte Werk Maria Magdalena von Artemisia Gentileschi, der einzigen Künstlerin, die es in den Kreis der italienischen Meistermaler des frühen 17. Jahrhunderts geschafft hat. Erstmals wird das Gemälde aus Privatbesitz im Zuge der Ausstellung der Öffentlichkeit zugänglich sein.

Internationale Museen und Privatsammlungen als Leihgeber

Die bedeutenden Leihgaben stammen u. a. aus dem Rijksmuseum in Amsterdam, dem Metropolitan Museum of Art in New York, dem Louvre in Paris, den Uffizien in Florenz, dem Victoria and Albert Museum in London, der National Gallery in London, der Eremitage in Sankt Petersburg, dem Art Institute in Chicago, der Sammlung Thyssen-Bornemisza in Madrid, den Staatlichen Museen zu Berlin, dem Getty Museum in Los Angeles, der Pinacoteca Vaticana im Vatikan und von privaten Leihgebern.

Kooperation mit dem Rijksmuseum Amsterdam

Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Rijksmuseum Amsterdam, wo sie von 14. Februar bis 7. Juni 2020 zu sehen sein wird. Kuratiert wurde die Ausstellung von Gudrun Swoboda, Kuratorin für Südeuropäische Barockmalerei am Kunsthistorischen Museum, Stefan Weppelmann, Direktor der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums, und Frits Scholten, leitender Kurator für Skulptur am Rijksmuseum.

Artemisia Gentileschi (1593 Rom – um 1653 Neapel), Maria Magdalena, Um 1613, Leinwand, Privatsammlung © Foto: Dominique Provost

Timeslot-Ticket und erweiterte Öffnungszeiten

Um das Besuchserlebnis so angenehm wie möglich zu gestalten, ist für den Besuch der Sonderausstellung die Buchung eines fixen Timeslots (Zeitfenster) erforderlich. Der Einlass in die Sonderausstellung ist nur während des gebuchten Timeslots möglich – die Dauer des Aufenthalts in der Ausstellung ist jedoch nicht beschränkt. Darüber hinaus werden den BesucherInnen, z. B. mit einem Premium-Ticket oder Freitag-Abend-Special, unterschiedliche Möglichkeiten geboten, Caravaggio & Bernini genießen zu können. Damit den BesucherInnen des Kunsthistorischen Museums mehr Zeit für den Besuch der Ausstellung bleibt, wurden die Öffnungszeiten der Sonderausstellung erweitert: Von 15.10.2019 bis 19.1.2020 ist die Sonderausstellung Mo, Di, Mi und Fr 9–18 Uhr sowie Do, Sa, So 9–21 Uhr geöffnet.

Caravaggio & Bernini

15. OKTOBER 2019 BIS 19. JÄNNER 2020

Kunsthistorisches Museum Wien
1010 Wien, Burgring 5

15. OKTOBER 2019 BIS 19. JÄNNER 2020

Mo, Di, Mi, Fr, 9 – 18 Uhr
Do, Sa, So, 9 – 21 Uhr

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