Rede von Bundespräsident Alexander Van der Bellen beim Austrian World Summit 2020:
Excellencies,
Ladies and Gentlemen, Dear friends, here in this wonderful room, dear audience, watching around the world via livestream!
Welcome to our beautiful city! Welcome to Vienna!
Looking at this room, I see almost as many trees as people.
Originally designed as „spacers“, they are also a wonderful contribution to our setting here.
Please allow me to switch to German now.
Frei nach Erich Kästner erinnert das heute auch ein wenig eine „Konferenz der Bäume“. In seinem Roman „Konferenz der Tiere“ treffen sich diese, um anstatt der Menschen für den Weltfrieden zu sorgen.
Mir ist folgendes Zitat besonders in Erinnerung geblieben: „Wir werden die Welt schon in Ordnung bringen. Wir sind ja schließlich keine Menschen.“
Ich hoffe, liebe Anwesende, dass wir Menschen das auch hinbekommen. Zu tun gibt es genug.
Sie sind ja eigentlich das falsche Publikum. Denn Sie sind schon überzeugt, sonst wären Sie nicht hier.
Ich spreche daher in erster Linie zu jenen, die nicht hier sitzen heute und die den Ernst der Lage noch nicht wahrhaben wollen. Denn die müssen davon überzeugt werden, dass etwas zu tun ist, angesichts der drohenden Klimakatastrophe.
Aber das ist leider das Klimaschutz-Paradoxon: Preaching to the converted. Den Bekehrten predigen.
Wir reden vor allem zu jenen, die es eh schon wissen.
Es ist viel schwieriger, jemandes Interesse zu wecken, der kein Interesse hat. Und dennoch muss es uns gelingen. Aber wie?
Hilft es zum Beispiel, Angst zu machen?
Hilft es, darauf hinzuweisen, dass wir schon jetzt, viel früher als befürchtet, katastrophale Klima-Kipppunkte erleben, vor denen Wissenschaftler schon seit Jahren gewarnt haben?
Hilft es, wieder und wieder davor zu warnen, dass dann, wenn die Permafrostböden auftauen, wir auch im Rest der Welt ein Problem haben? Hilft es, aufzuzeigen, dass pro Tag 150 Arten aussterben und es eine Frage der Zeit ist, bis das nächste gefährliche Virus auf den Menschen überspringt, wenn wir unseren Umgang mit der Natur nicht ändern?
Hilft es also, Angst zu machen? Offensichtlich nicht. Denn die Zerstörung der Natur geht weiter.
Hilft es, mit Geld zu argumentieren? Und darauf hinzuweisen, dass alleine in Österreich Jahr für Jahr Klimaschäden von etwa zwei Milliarden Euro verursacht werden und sich diese Kosten in den nächsten Jahrzehnten vervielfachen werden?
Hilft es, den Wert von Wäldern in Dollar zu errechnen, wie das kürzlich eine Studie der Boston Consulting Group getan hat?
Diese Studie besagt, dass die Bäume der Erde bis zu 150 Billionen Dollar wert sind.
Dabei wurde berücksichtigt, dass unsere Wälder riesige Mengen Kohlendioxid speichern, zur Reinigung von Wasser und Luft beitragen, die natürliche Artenvielfalt sichern und Millionen von Menschen eine Existenzgrundlage bieten.
Hilft es also, mit Geld zu argumentieren?
Offensichtlich nicht.
„Denn immer noch verschwindet jede einzelne Minute Wald in der Größe von dreißig Fußballfeldern.“
Natürlich ist es wichtig, dass wir Menschen über die schrecklichen, angstmachenden Folgen einer Klimakatastrophe Bescheid wissen.
Und es ist hilfreich, auch einmal zu sehen, welchen Geldwert eine intakte Umwelt darstellt.
Wirkungsvoller ist es aber ein positives Bild der Zukunft zu entwerfen.
Etwas, das unser gemeinsames Ziel sein kann.
Denn nur ein gemeinsames Ziel wird uns dazu motivieren, zu tun, was nötig ist: Unsere eine Erde zu erhalten, die lebenswert und fruchtbar für alle Wesen ist.
Eine Wirtschaft, die nicht einfach den Tank leerfährt, sondern zum Gedeihen aller beiträgt.
Eine Zivilisation, in der man es als seine Pflicht ansieht, Bäume zu pflanzen, auch wenn man selber nicht mehr in deren Schatten sitzen wird. Aber eben unsere Kinder, Enkeln und Urenkeln.
Ich bin zuversichtlich: Wenn wir gemeinsam positiv in die Zukunft blicken und daran glauben, dass es eben gelingen kann, bringen wir auch die Kraft auf, die vielen kleinen Schritte, die notwendig sind, sogar gerne zu machen.
Diese Schritte zu diskutieren, dazu sind wir heute hier.
Und es gibt diese Schritte: Gestern hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigt, dass die EU ihr Klimaziel für das Jahr 2030 deutlich nachbessern will. Und die österreichische Bundesregierung hat bekannt gegeben, die Mittel für Klimaprojekte in Entwicklungsländern im Rahmen des Green Climate Fund zu verfünffachen.
Zwei wichtige Schritte, die sehr zu begrüßen sind.
Ladies and Gentlemen,
Unter den hier anwesenden Bäumen befindet sich virtuell auch eine steirische Eiche, die soeben – zugeschaltet aus L.A. – zu uns gesprochen hat. Herzlich willkommen an dieser Stelle nochmals, Arnold Schwarzenegger.
Du bist eine Inspiration, was das „Auf-Ein-Ziel-Hinarbeiten“ betrifft.
So wie Du als Jugendlicher jeden Tag in den frühesten Morgenstunden aufgestanden bist und Gewichte gestemmt hast. Weil Du ein Ziel hattest, das Du erreichen wolltest, und dafür alles getan hast.
Unser gemeinsames Ziel. Behalten wir es immer vor Augen.
Wir können die Welt in Ordnung bringen. Wir werden die Welt in Ordnung bringen.
Schließlich – frei nach Kästner – sind wir Menschen.
Danke.
Fotos: Peter Lechner/HBF
(bundespraesident.at)