Bundespräsident Van der Bellen: “Friede, das muss unser aller gemeinsames Ziel sein!”

Liebe Österreicherinnen und Österreicher und alle Menschen, die hier leben!

Sehr geehrte Damen und Herren!

Wir alle verfolgen die Nachrichten, wir alle wissen, wo wir stehen: Die russische Armee hat heute Nacht mit einer umfassenden Militäroperation auf dem Land-, Luft-, See- und digitalen Weg die Ukraine angegriffen.

Heute ist ein schwarzer Tag für Europa.

Es ist aber vor allem ein schwarzer Tag für den Frieden. Und ein noch viel schwärzerer Tag für die Menschen in der Ukraine.

Der völkerrechtswidrige, kriegerische Angriff hat Europa, hat die Welt in eine höchst prekäre Lage gebracht. Die Gewalt muss aufhören!

Ich stehe seit den Morgenstunden im intensiven Austausch mit der Bundesregierung. Unsere enge internationale Abstimmung, wie zum Beispiel mit dem deutschen Bundespräsidenten Steinmeier, läuft genauso wie die Gespräche mit unseren Partnern in der Europäischen Union. Und jetzt gleich beginnt eine Sondertagung des Europäischen Rates in Brüssel.

Ich möchte es ganz deutlich sagen:

Wir verurteilen diesen gewaltsamen und unmenschlichen Angriff auf die Ukraine auf das Schärfste.

Die Europäische Union steht geschlossen an der Seite der Ukraine. Wir werden Gewalt nicht mit Gewalt beantworten, aber wir werden gemeinsam entschlossene Maßnahmen treffen, um klarzustellen, dass wir diese Aggression nicht tolerieren. Dass wir das so nicht hinnehmen.

Meine Damen und Herren,

ich rufe in diesen Stunden aber auch alle Beteiligten zur Besonnenheit auf.

Jeder Schritt, der nun folgt, ist wohl zu bedenken. Wir müssen gemeinsam alles tun, um eine weitere Eskalation zu verhindern. Wir müssen gemeinsam alles tun, um Menschenleben zu schützen.

Es bricht mir das Herz, wenn ich an all die unschuldigen, unbeteiligten Menschen in der Ukraine denke. An die Kinder, die Mütter, die Väter, an alle, die einfach nur in Frieden leben wollen und die es jetzt am härtesten trifft.

Meine Damen und Herren,

das Wesentliche ist jetzt, allen, die in Not geraten sind, zu helfen. In unserer humanitären Tradition. Und alles zu tun, um wieder zu einem friedlichen Zusammenleben zu kommen.

Friede, das ist unser gemeinsames Ziel. Friede, das muss unser aller gemeinsames Ziel sein! Und ich bin mir sicher, dass auch die russische Bevölkerung das so sieht. Genauso wie die Menschen in der Ukraine. Und wir in Österreich. In Europa. Und in der ganzen Welt. Tun wir alles, um zum Frieden beizutragen!

Meine Damen und Herren,

Österreich ist ein neutrales Land.

Unsere immerwährende Neutralität ist in der Verfassung festgeschrieben und gibt uns eine gute Handlungsanleitung.

Sie bedeutet nicht, dass wir jetzt den Kopf in den Sand stecken und so tun, als ginge uns das alles nichts an.

Unsere Neutralität bedeutet, ja sie verpflichtet uns geradezu, aktiv Partei zu ergreifen: Aktiv für den Frieden Partei zu ergreifen.

Aktiv das Unsrige dazu beizutragen, damit Schritte in Richtung Frieden wieder möglich werden.

Wir sind militärisch neutral, aber nicht wertneutral.

Der Weg an den Verhandlungstisch muss freigemacht werden. Auch wenn das zu dieser Stunde noch seltsam klingen mag.

Und wir, die Republik Österreich, wir werden alles dafür tun, was in unserer Macht steht.

Wien steht als neutraler Verhandlungsort zur Verfügung. Etwa im Rahmen der OSZE, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa.

Liebe Österreicherinnen und Österreicher,
liebe Europäerinnen und Europäer,
liebe Bürgerinnen und Bürger der Ukraine und der Russischen Föderation:
Lassen Sie uns gemeinsam den Blick auf den Wert richten, der uns allen wichtig ist und der uns Menschen das Menschsein ermöglicht: Friede.

Wir alle wollen in Frieden zusammenleben! Und jetzt bitte ich um Nachsicht für meine Aussprache in Russisch und Ukrainisch:

Мы все хотим жить вместе в мире.

„Wir alle wollen in Frieden zusammenleben” auf Russisch

Mи всі хочемо жити разом у мирі.

„Wir alle wollen in Frieden zusammenleben” auf Ukrainisch

Vielen Dank.

(bundespraesident.at)