Liebe Österreichinnen und Österreicher und alle Menschen, die hier leben!
Heute Nacht sind mehrere Familien mit minderjährigen Kindern abgeschoben worden. Das macht mich zutiefst betroffen. Ich kann und will nicht glauben, dass wir in einem Land leben, wo dies in dieser Form wirklich notwendig ist. Wir müssen einen Weg des menschlichen, respektvollen Umganges miteinander finden. Gerade, wenn Kinder die Hauptleidtragenden sind.
Ich habe in diesem Fall keine formale Zuständigkeit, aber sehr wohl eine klare Haltung.
Um es sehr deutlich zu sagen: Jedes Staatsorgan muss selbstverständlich auf Basis der geltenden Gesetze handeln. Ich kenne die Akten der Verfahren nicht. Aber: Hätte es nicht einen rechtlichen Spielraum gegeben? Was ist mit den Kinderrechten? Wurden die Kinder ausreichend gehört?
Meine Damen und Herren!
Ich weiß, viele teilen diese Haltung: Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Menschen aus der Wirtschaft, aus den Gewerkschaften, Landespolitikerinnen und -politiker, Bischöfe und Pfarrer, auch der Papst. Und vor allem Schulkolleginnen und Schulkollegen, Lehrerinnen und Lehrer, Eltern und natürlich viele Bürgerinnen und Bürger.
Österreich war immer stark, wenn wir das Miteinander in den Vordergrund gestellt haben. Wenn es menschliche Lösungen gab. Wenn Vernunft, Augenmaß und Menschlichkeit Richtschnur unseres Handelns waren. Das gilt auch für alle, die von der Corona-Pandemie schwer betroffen sind, aber eben auch für gut integrierte Kinder.
Behalten wir das auch in Zukunft bei. Sehen wir das Menschliche zuerst. Geben wir nicht auf, für diese Werte einzustehen. Und ich appelliere an alle, die hier Verantwortung tragen:
Geben wir dem Wohl von Kindern und Jugendlichen Vorrang.
Vielen Dank.
(bundespraesident.at)
Foto: HBF