Internationaler Frauentag: Bundespräsident nimmt Männer in die Pflicht
Meine Damen und Herren,
herzlich willkommen!
Frauen und Männer sind in Österreich gesetzlich gleichberechtigt – das steht so in der Verfassung. Seit 1920. Wir haben nun 2024 und immer noch bekommen Frauen weniger bezahlt. Immer noch sind mehr Frauen von Altersarmut betroffen. Immer noch leisten Frauen mehr Care-Arbeit. Und so weiter. Diese Liste ist lang.
Es sind massive Ungleichheiten, von denen wir da – immer noch – sprechen. Und eine bestürzt mich besonders.
Einige von Ihnen hier im Saal haben wahrscheinlich Kinder. Sagen wir, Ihr Kind ist im Teenageralter, so um die 14, 15, 16 Jahre alt. Und dieses Kind im Teenageralter geht am Wochenende abends auch ab und zu fort. Tanzen. „Chillen.“ Eben das Leben und das Jungsein feiern. Heißt Ihr Kind Julian, sagen Sie ihm: „Passt gut auf, macht keinen Blödsinn. Viel Spaß!“
Heißt Ihr Kind Julia: „Viel Spaß, macht keinen Blödsinn. Aber: Pass auch auf, dass niemand etwas in dein Getränk tut. Geht nur zu zweit nach Hause. Zieh am Heimweg die Jogginghose drüber. Nimm zur Sicherheit den Schlüssel in die Hand.“
Ich frage mich: Wie kommt Julia dazu? Wie kommen Frauen dazu, dass es ihre Aufgabe ist, sich vor Gewalt zu schützen? Wie kommen Frauen dazu, sich am Heimweg zu fürchten? Darauf achten zu müssen, welche Kleidung sie tragen?
Es gibt den Trend, dass junge Frauen sich für die U-Bahn-Fahrt übergroße TShirts über ihr Outfit anziehen. Sie tun das, um obszöne Witze, Berührungen, Übergriffe zu vermeiden. Das „Subway-Shirt“, so heißt es.
Noch einmal: Wie kommen Frauen dazu? Jede Frau, jedes Mädchen muss sicher und frei von Gewalt leben können. Jede Frau, jedes Mädchen muss ohne Angst vor Übergriffen, vor Gewalt, vor Mord leben können. Dafür haben wir zu sorgen!
Ein Schritt etwas zu ändern, ist die Dinge beim Namen zu nennen. Es sind keine Beziehungsdramen, es sind Morde. Eine „gestiegene Rate an Femiziden“ heißt: Immer mehr Männer ermorden immer mehr Frauen. Und es muss ein aktives Bestreben von uns Männern sein, dagegen anzugehen.
„Frauenmorde sind ein Männerthema“
Die Rechte von Frauen, die Sicherheit von Frauen, das sind keine Frauenthemen. Dass Julia und Julian gleichermaßen unbeschwert ihr Jungsein genießen können, das ist unser aller Auftrag. Ein Auftrag für die Politik, für Institutionen, für Gemeinden, Städte, für Sportclubs, Veranstalter, für einzelne Menschen. Eben für alle.
Ein solcher Aufrag steckt auch im Titel der heutigen Veranstaltung: Mut. Macht. Veränderung.
Ihnen allen hier brauche ich Mut nicht zu erklären. Sie sind mutig, hinzuschauen und tätig zu werden. Sie setzen sich in Ihren Bereichen mit voller Kraft – und mit Mut – für Veränderung ein. Von Ihnen kann man viel lernen. Ihr Mut macht anderen Mut. Und so schaffen wir – Schritt für Schritt – Veränderung.
HBF/Fotos: Peter Lechner/HBF