Kroatien als Vorreiter der EU-Erweiterung gewürdigt
Kroatiens Rolle als Vorreiter der EU-Erweiterung und der europäischen Integration ist am Montag dem 29. Januar bei einer Diskussion im Haus der Europäischen Union gewürdigt worden.
“Wir sind ein sehr ehrgeiziges Land”, sagte die kroatische Spitzendiplomatin, Dubravka Kobas Lucic, anlässlich der Präsentation des Buchs “Kroatiens Heimkehr nach Europa” des langjährigen Europa-Journalisten Otmar Lahodynsky. Als einer von 16 Staaten gehöre Kroatien zu EU, NATO, Euro- und Schengenraum.
Der ehemalige EU-Agrarkommissar und spätere Berater der kroatischen Regierung, Franz Fischler, attestierte der kroatischen Diplomatie, über “ausgezeichnete Verhandler” für den EU-Beitritt verfügt zu haben. Er hätte sich dies auch für Polen gewünscht, “dann wäre es schneller gegangen”, sagte Fischler. Dabei habe Kroatien vor dem EU-Beitritt eine der höchsten Subventionsraten in Europa gehabt.
Der ehemalige Kroatien-Berichterstatter des Europaparlaments, Hannes Swoboda (SPÖ), sagte, Kroatien habe das Ziel des EU-Beitritts über alle Parteigrenzen verfolgt, alle Kräfte des Landes hätten an einem Strang gezogen. Dies sei in anderen Staaten am Balkan nicht der Fall, “deshalb geht auch nicht viel weiter”.
Das Tempo der EU-Erweiterung und hänge auch von der politischen Konstellation und von Personen ab, sagte der Leiter der EU-Kommissionsvertretung Martin Selmayr. Im Falle Kroatiens seien alle Politiker auf einem permanenten Lobbying-Kurs für den EU-Beitritt gewesen. Als Quintessenz zeige sich, dass die Vergangenheit bewältigt werden müsse, etwa im Hinblick auf Kriegsverbrechen, und Territorialkonflikte wie zwischen Kroatien und Slowenien gelöst werden müssten. Reformen müssten irreversibel sein.
Edith Mock, die Witwe des verstorbenen Ex-Außenministers Alois Mock (ÖVP) stellte aus dem Publikum klar, dass ihr Mann keinen Alleingang Österreichs bei der Anerkennung Kroatiens angestrebt habe. “Einen Alleingang wollte er keinen”, bestätigte auch der damalige Landwirtschaftsminister Fischler. Von der Zielsetzung habe es in dieser Frage keine gravierenden Unterschiede zwischen Mock und dem damaligen Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) gegeben, die Hauptauseinandersetzung habe bezüglich der Geschwindigkeit der Anerkennung bestanden.
Der kroatische Ex-Außenminister Mate Granic warnte vor dem Einfluss Russlands auf dem Balkan. Außerdem würden die Kreml-freundliche Politik Ungarns und die illegale Migration die Situation in Südosteuropa enorm destabilisieren, sagte er. Kroatien trat 2013 als damals 28. Mitgliedstaat der EU bei, seit 2009 ist das Land Mitglied in der NATO. Im Vorjahr erfolgte Kroatiens Beitritt zur Schengen- und Eurozone.
“Kroatiens Heimkehr nach Europa”: Neues Buch beleuchtet Weg in die EU
Auf eine zeitgeschichtliche Spurensuche über Kroatien hat sich Otmar Lahodynsky, langjähriger “profil”-Redakteur und Ehrenpräsident der Vereinigung der Europa-Journalisten (AEJ), gemacht. Anhand von Akten aus dem Staatsarchiv zeichnet er in seinem Buch “Kroatiens Heimkehr nach Europa” den Weg von der Unabhängigkeit bis zum EU-Beitritt mit zahlreichen Anekdoten nach. Zu Wort kommen politische Zeitzeugen der ersten Stunde bis zum unlängst erfolgten Schengen- und Euro-Beitritt.
Lahodynsky zeigt sich als Freund Kroatiens und seiner Menschen, der das Land immer wieder bereist hat. Er spart aber auch die kritischen Aspekte nicht aus. So wird etwa der Nationalismus des ersten Staatspräsidenten Franjo Tudjman ebenso angesprochen wie hochrangige Korruptionsfälle (z.B. die Patria-Affäre und der Fall von Ex-Ministerpräsident Ivo Sanader) sowie nach wie vor bestehende Wirtschaftsprobleme, etwa die hohe Abhängigkeit vom Tourismus.
Quelle: APA
Fotos: TV Wien / Zoran Candric