So ist Österreich einfach nicht

Erklärung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen zur aktuellen innenpolitischen Situation.

Foto: bundespraesident.at

Liebe Österreicherinnen und Österreicher!
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!
Meine Damen und Herren zu Hause!

Die Bilder, die uns seit gestern erreichen, zeigen ein verstörendes Sittenbild, das unserem Land, unserem Österreich nicht gerecht wird.

Es sind beschämende Bilder. Und niemand soll sich für Österreich schämen müssen.

Ich möchte das in aller Deutlichkeit sagen:
So sind wir nicht!
So ist Österreich einfach nicht!

Die österreichische Bevölkerung muss sich auf die Integrität der Regierung, auf die Integrität der Verantwortungsträger und auf die Integrität der Institutionen verlassen können.

Was dieses Sittenbild aber auch zeigt, das formuliere ich in aller Klarheit, ist eine dreiste Respektlosigkeit den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes gegenüber.

Verantwortungsträger der Republik haben das in sie gesetzte Vertrauen gebrochen. Das ist eine unerhörte Respektlosigkeit Bürgerinnen und Bürger gegenüber. Und diese Respektlosigkeit toleriere ich nicht.

Die österreichische Bevölkerung muss sich auf die Integrität der Regierung, auf die Integrität der Verantwortungsträger und auf die Integrität der Institutionen verlassen können.

Wir alle müssen unseren Institutionen vertrauen können. Das ist das Fundament unserer Demokratie.

In dieser Situation sehe ich es als meine Verantwortung, dafür zu sorgen, dass unser Land mit Ruhe und Stabilität durch die nächsten Tage und Wochen geführt wird.

Wenn dieses Vertrauen derart grundsätzlich erschüttert ist, steht die Handlungsfähigkeit einer Regierung in Frage. Das ist jetzt der Fall.

Ja die Situation ist unübersichtlich. Aber gerade in dieser Situation sehe ich es als meine Verantwortung, dafür zu sorgen, dass unser Land mit Ruhe und Stabilität durch die nächsten Tage und Wochen geführt wird.

Mein Blick gilt alleine dem Wohle Österreichs. Dem Wohle aller Menschen, die in unserem schönen Land leben.

Ich habe in diesem Sinne mit Bundeskanzler Kurz vorgezogene Wahlen in Österreich besprochen und werde morgen Vormittag in einem weiteren Treffen die nächsten Schritte mit ihm vereinbaren. Jetzt muss getan werden, was notwendig ist, um das Vertrauen wiederherzustellen.

Die heutigen Rücktritte waren ein erster Schritt.

Es darf aber kein Zweifel zurückbleiben, dass nicht einzig das Wohlergehen unseres Landes im Zentrum der politischen Bemühungen der Verantwortungsträger steht.

Meine Damen und Herren!

Es bedarf einer vollständigen und schonungslosen Aufklärung!
Durch unsere Exekutive und unsere Justiz.

An dieser Stelle möchte ich auch auf die wesentliche Rolle hinweisen, die unabhängiger Journalismus in einer funktionierenden liberalen Demokratie spielt.

Die vierte Macht hat in diesem Fall ihre Verantwortung voll wahrgenommen.

Wem immer von den Wählerinnen und Wählern dieses Vertrauen geschenkt wird, hat sein Amt mit Demut auszuüben.

Die vorrangige Aufgabe ist nun, das Vertrauen in unsere Institutionen wiederherzustellen, nach innen und nach außen. Die Österreicherinnen und Österreicher haben ein Recht auf eine Regierung, der sie vertrauen können. Und die auch in Europa und der ganzen Welt Ansehen und Respekt genießt. 

Meine Damen und Herren,
wem immer von den Wählerinnen und Wählern dieses Vertrauen geschenkt wird, hat sein Amt mit Demut auszuüben.

Wir brauchen in diesem Sinne einen Neuaufbau des Vertrauens.
Einen Neuaufbau des Vertrauens in unsere Volksvertreter.
Dieser Neuaufbau geht in diesem Fall nur mit einer Neuwahl.

Und ich verspreche Ihnen, dass ich diesen Neuaufbau nach bestem Wissen und Gewissen vorantreiben und begleiten werde.

In diesem Sinne danke für Ihre wertvolle Zeit
und einen schönen Abend noch.

(bundespraesident.at)