S.E. Mag. Enno Drofenik studierte Rechtswissenschaften an der Universität Wien und begann seine Kariere in der Abteilung für multilaterale Entwicklungszusammenarbeit des Bundesministeriums für Auswärtige Angelegenheiten (1987-1999).
Darauf folgten Posten bei den Vereinten Nationen (UN) in Wien (1999-2000), dann erste Auslandsposten in Japan, in der Österreichischen Botschaft in Tokyo (2000-2003) und in New York. Nach seiner Rückkehr nach Österreich arbeitete er im Büro des Generalsekretärs im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (2006-2010), danach übernahm er die Leitung desselben Büros (2010-2013).
Anschließend übernahm Herr Drofenik das Amt des österreichischen Botschafters in Thailand, wo er auch akkreditierter Botschafter für die Länder Myanmar, Laos und Kambodscha war (2013-2017). 2017 kehrte S.E. Enno Drofenik aus Thailand vom Amt des Botschafters zum Bundesministerium für Europa, Integration und Äusseress zurück und übernahm die Position des Abteilungsleiters für die Abteilung I.1.
Der charmante Diplomat ist ein gerngesehener Gast bei allen Empfängen ausländischer Botschaften in Wien und wird von allen in diplomatischen Kreisen als Chef des Protokolls beim Bundesministerium für Europa, Integration und Äusseres der Republik Österreich anerkannt.
Für das Magazin “Diplomacy and Commerce Austria” sprachen wir mit Herrn Mag. Enno Drofenik über Diplomatie als Beruf und darüber, was der Beruf eines Diplomaten im Ausland alles miteinbezieht, über das Protokoll, die Besuche ausländischer Beamter, die Komplexität von Zeremoniell-, Etikette- und Rangfragen, die Privilegien und Immunität ausländischer Diplomaten in Österreich und zu vielen anderen Themen, die mit der Welt der Diplomatie verbunden sind.
Sie sind vor zwei Jahren vom Botschafterposten in Thailand zurückgekehrt. Fällt es Ihnen leichter, im Bundesministerium in Österreich zu arbeiten, oder liegt Ihnen eher das diplomatische Engagement im Ausland?
Meine derzeitige Aufgabe als Protokollchef des Außenministeriums macht mir viel Freude. Es ist wichtig, dass sich die diplomatische Gemeinschaft in Wien wohl fühlt. Wir sehen uns als Serviceeinrichtung und sind bemüht, für die wichtige Arbeit der ausländischen Diplomaten förderliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Wien ist einer der Hauptsitze der Vereinten Nationen, und die multilaterale Diplomatie ist ein Kernbereich der österreichischen Außenpolitik.
Können Sie durch Ihre Aufenthaltszeit in den Ländern Parallelen und Unterschiede zwischen Japan, den USA und Thailand erkennen?
Die verschiedenen Posten, auf denen ich gedient habe – Japan, die USA und Thailand – sind sicherlich Vertreter verschiedener Kulturkreise und unterschiedlich aufgebauter Gesellschaften. Wichtig ist es, sich auf das jeweilige kulturelle Umfeld einzulassen, nicht nur um sich im Land wohl zu fühlen, sondern vor allem um die dortigen Handlungsweisen und Positionierungen besser verstehen zu können.
Was sind Ihrer Meinung nach die Vor- und Nachteile der Position des Diplomaten bei der Arbeit im Ausland?
Aus meiner Sicht ist die schönste Seite der Arbeit im Ausland, dass man einen privilegierten Zugang zu den interessantesten Gesprächspartnern aus Politik, Wirtschaft und Kultur genießt; eine einzigartige Möglichkeit, ein neues Land umfassend kennen zu lernen und seinen persönlichen Horizont zu erweitern. Auch der ständige Wechsel der Aufgaben macht den Beruf interessant und bereichernd. Gleichzeitig muss man natürlich sagen, dass ein häufiger Wohnsitzwechsel einige Herausforderungen für Ehegatten und Kinder mit sich bringt.
Wenn Sie es sich aussuchen könnten, in welches Land würden Sie gerne als Botschafter gehen?
Ich bin grundsätzlich sehr flexibel. An oberster Stelle steht jedoch, dass sich meine Frau und mein Sohn in dem jeweiligen Land wohlfühlen.
Hilft Ihnen die Tatsache, dass Sie selbst Diplomaten sind, andere Diplomaten, die als Botschafter in Österreich tätig sind, besser zu verstehen?
Die Erfahrung, selbst als Botschafter bzw. Diplomat im Ausland gedient zu haben, halte ich in meiner Position für sehr wichtig. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass viele Fragen, die Außenstehenden unter Umständen trivial erscheinen, wie bspw. Schulfragen, Personalfragen, Parkplätze, etc., die tägliche Arbeit sehr belasten und wichtige Kapazitäten unnötig binden können. Ich sehe es daher als Aufgabe der Protokollabteilung, im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten soweit wie möglich Hilfe zu leisten.
Verlangen die Diplomaten in einigen Fällen zu viel Privilegien und Immunität?
Die Privilegien und Immunitäten der Diplomaten sind in der Wiener Diplomatenkonvention (WDK) und der Wiener Konsularkonvention (WKK) festgelegt und dienen dazu, das ungehinderte Funktionieren der Vertretungen sicherzustellen, sollen jedoch nicht zur Bevorzugung einzelner führen. Grundsätzlich haben sich alle Diplomaten an die Gesetze des Empfangsstaates zu halten. Die diplomatische Gemeinschaft in Wien, die ca. 18.000 Berechtigte umfasst, hat Verständnis für diese Regeln. Bei Verkehrsdelikten wird unsererseits jedenfalls die Kooperation der Vertretungen erwartet. Dies ist ein Bereich, der von der Allgemeinheit sorgfältig beobachtet wird und für das Bild der Diplomaten und der Diplomatie in der Öffentlichkeit ausschlaggebend ist. Diejenigen Vertretungen und Organisationen, die mangelnde Kooperation zeigen werden in der Regel zu Gesprächen in die Protokollabteilung eingeladen.
Können Sie uns als Chef des Protokolls beim Bundesministerium für Europa, Integration und Äusseres sagen, ob es ein Standardprotokoll bei offiziellen Besuchen ausländischer Beamter gibt oder ob es sich von Land zu Land unterscheidet?
Im internationalen Bereich ähneln sich die Protokollvorschriften weitgehend in Bezug auf Besuche ausländischer Staats- und Regierungschefs, wobei aber nach wie vor gewisse Unterschiede zwischen den Ländern bestehen. Die Protokollfragen werden daher jeweils mit einer ausländischen Vorausdelegation besprochen, um allfällige Missverständnisse zu vermeiden.
Wie groß muss das Team sein, um den Staatsbesuch einer ausländischen Delegation vorbereiten zu können?
Der Staatsbesuch ist die höchste Form eines bilateralen Besuchs (mehrtägig unter Einbeziehung eines Bundeslands und mit erhöhtem protokollarischen Aufwand) und benötigt das Zusammenspiel zahlreicher Personen aus Außenministerium, Präsidentschaftskanzlei, Bundeskanzleramt, Innenministerium, Verteidigungsministerium und vielen anderen Stellen. Es fällt daher schwer, eine bestimmte „Teamgröße“ zu definieren.
Sie waren kürzlich in Begleitung Ihrer Königlichen Hoheit Prinzessin Maha Chakri Sirindhorn von Thailand während ihres Besuchs in Österreich. In diplomatischen Kreisen sagt man, dass Thailand das komplizierteste Protokoll habe, zumindest wenn es um die Mitglieder der königlichen Familie gehe. Stimmt das?
Als ehemaliger Botschafter Österreichs in Thailand, hat Thailand natürlich einen besonderen Platz in meinem Herzen. Grundsätzlich kann man wohl sagen, dass Länder mit einem monarchischen Staatsoberhaupt besonderen Wert auf gutes Protokoll legen.
Ihre Abteilung ist für Zeremoniell-, Etikette- und Rangfragen bei offiziellen Besuchen zuständig. Erkennen Sie manchmal einen Fehler bei anderen sofort und stört Sie das generell?
Es ist natürlich eine Art von Betriebskrankheit, dass man auch als Gast bei offiziellen Anlässen, den protokollarischen Arrangements besonderes Augenmerk gibt. Abweichungen von traditionellen Gepflogenheiten fallen natürlich auf. Ich würde diese aber nicht immer als „Fehler“ bezeichnen, da das Protokoll im Wesentlichen die Aufgabe hat, einen Rahmen zu schaffen, in dem sich alle wohlfühlen. Wenn man hierfür manchmal Regeln flexibel auslegen muss, ist das legitim. Das Protokoll ist kein Korsett, das einengt, sondern ein Paar Stützräder, das man bei Bedarf heranzieht.
Hatten ausländische Diplomaten angesichts der jüngsten Veränderungen in der politischen Szene Österreichs Angst, dass die zuvor getroffenen Vereinbarungen und geplanten Besuche, die die ehemalige Regierung gemacht hat, vielleicht nicht mehr gültig sein werden?
Der Regierungswechsel hat zu keinem Bruch der außenpolitischen Arbeit geführt. Getroffene Vereinbarungen werden grundsätzlich beibehalten.
(Svetlana Nenadovic Glusac)