Die Produktions- und Lieferkette als Teufelskreis – Kurzarbeit schützt nicht vor Insolvenz
Der Corona-Shutdown in den wichtigsten Liefermärkten – Österreich, Europa, Russland, USA – stellt die heimische Textil-, Bekleidungs- und Schuhindustrie gleich vor mehrere Probleme. Die Unternehmen der Bekleidungs- und Schuhindustrie trotzten bisher mit europäischer Qualitätsorientierung erfolgreich dem Druck der globalen, v.a. asiatischen Billighersteller. Sie verfügen aber – ebenso wie der Handel – nicht über ausreichende Ressourcen die Dimension der jetzigen weltweiten Krise zu überleben.
Obwohl bereits über 80 Prozent der aktuellen Frühjahrs-/Sommerware ausgeliefert ist, kann diese Ware in den Schuh- und Bekleidungs-Geschäften durch deren zeitweilige Schließung nicht verkauft und damit auch nicht an die Lieferanten bezahlt werden. „Eine entsprechende schnelle Liquiditätshilfe für die Branche ist daher zum Überleben der Branche wichtig“, sagt der Obmann des Fachverbandes der Textil-Bekleidungs-Schuh-und Lederindustrie, Manfred Kern.
Die Läger der Fachhändler sind somit randvoll und Retouren der bestellten – besonders auf die Saison abgestimmten – Bekleidungsteile und Schuhe können natürlich die mittelständischen österreichischen und europäischen Hersteller nicht verkraften, zudem auch noch die restlichen rund 20 Prozent der F/S-Ware auf die Auslieferung wartet.
Lieferketten sind unterbrochen
Infolge Corona machen die meisten Betriebe der österreichischen Schuhindustrie zum Schutze ihrer Beschäftigten seit Mitte März Betriebsurlaub und sind gezwungen, anschließend auch Kurzarbeit einzuleiten, wie der Berufsgruppenvorsitzender Joseph Lorenz mitteilt. Dies auch deshalb, da die Lieferkette, der bereits für die nächste Herbst-/Winter-Saison bestellten Materialien, durch die Schließung der italienischen Zulieferbetriebe unterbrochen ist.
Obmann Kern macht deutlich, dass die Textilindustrie als vorgeschalteter „Zuliefer“-Produzent im gleichen Ausmaß wie die Bekleidungs- und Schuhindustrie von der Corona-Krise betroffen ist und bereits zahlreiche Unternehmen das Corona-Kurzarbeitsmodell in Anspruch genommen haben. Sie leiden ebenfalls unter den unterbrochenen Lieferketten, die den Produktionsablauf einschränken oder in manchen Fällen zum Stillstand bringen – insbesondere die Automobilzulieferer. Die Unplanbarkeit, wie lange die Covid-19-Krise dauern wird, bedroht damit die Zukunft der Mode-und Schuhbranche und durch folgende Insolvenzen auch die Innenstädte Europas.
Branche befürchtet nie dagewesene Insolvenzwelle
Die von der österreichischen Bundesregierung getroffenen Kurzarbeits-Maßnahmen sind insoweit zu begrüßen, als sie eine Überbrückungshilfe für unsere Industrie-Unternehmen für einen begrenzten Zeitraum darstellen, lösen aber nicht den großen Bedarf an Liquiditäts-Garantien und Kostenersatz für die Betriebe der ganzen Branche. Kern befürchtet ebenfalls, wie viele Fachexperten, wenn die Ausfälle auf den Absatzmärkten länger als bis Mitte April dauern, eine noch nie dagewesene Insolvenzwelle.
(wko.at)