»Als Staatsoberhaupt und als Oberbefehlshaber des Bundesheeres erwarte ich, dass die Weiterentwicklung des Bundesheeres auch in den kommenden Jahren außer Streit stehen wird.«
Die aktuellen Krisen und Konflikte und die damit verbundene Sicherheitslage sind am Nationalfeiertag am Donnerstag im Zentrum der politischen Ansprachen gestanden. Sowohl Bundespräsident Alexander Van der Bellen als auch Bundeskanzler Karl Nehammer verurteilten bei ihren Reden anlässlich der Angelobung der Rekruten am Heldenplatz den Angriff der Hamas auf Israel scharf. Van der Bellen lobte zudem ausdrücklich die Aufstockung der Mittel für das Bundesheer.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und der “grauenhafte und verabscheuungswürdige Angriff der Hamas auf die israelische Bevölkerung” hätten aufgezeigt, “wie wichtig es ist, als Staat zur Verteidigung vorbereitet zu sein”, sagte Van der Bellen. Obwohl Österreich im Herzen Europas umgeben von befreundeten und friedliebenden Nachbarn liege, könne niemand “exakt” voraussagen, wie sich die Sicherheitssituation Österreichs und Europas in der Zukunft darstellen wird.
Daher sei es wichtig, als Staat resilient zu sein, so das Staatsoberhaupt:
“Unverzichtbarer Teil einer solchen Resilienz ist ein leistungsfähiges Bundesheer.”
Van der Bellen brach einmal mehr eine Lanze für die “lange nicht für möglich gehaltene Aufwärtsbewegung” des Heeres, die von “einem breiten Konsens” getragen werde. “Ich unterstütze diesen Fähigkeitsaufbau ausdrücklich”, betonte Van der Bellen: “Als Staatsoberhaupt und als Oberbefehlshaber des Bundesheeres erwarte ich, dass die Weiterentwicklung des Bundesheeres auch in den kommenden Jahren außer Streit stehen wird.”
Es gibt niemand, der exakt voraussagen könnte, wie sich die Sicherheitssituation Österreichs und Europas, gerade in Zeiten zunehmender Volatilität, in der Zukunft darstellen wird. (1/4) pic.twitter.com/9zAKEfMMxb
— A. Van der Bellen (@vanderbellen) 26. Oktober 2023
Tagesbefehl des Bundespräsidenten anlässlich Nationalfeiertag 2023
Geschätzte Soldatinnen und Soldaten!
Geschätzte zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!
Wir leben in sehr herausfordernden Zeiten. Immer, wenn wir glauben, eine Krise gemeistert zu haben, scheint bereits die nächste vor der Tür zu stehen. Die starken Unwetter im Sommer zeigen, dass der Klimanotstand schon in Mitteleuropa angekommen ist. Die Coronakrise hat uns vor Augen geführt, welche weitreichenden und alle Lebens- und Politikbereiche umfassenden Auswirkungen eine Infektionskrankheit haben kann. Der Angriff Russlands auf die Ukraine im vorigen Jahr hat leider bewiesen, dass ein konventioneller Krieg an den Rändern Europas wieder möglich geworden ist. Die dadurch ausgelöste Energiekrise und der Kampf im Informationsraum zeigen, dass ein solcher Krieg nicht nur mit militärischen Mitteln geführt wird und nicht auf die kriegführenden Staaten beschränkt bleibt. Der abscheuliche Angriff der Terrororganisation Hamas auf zivile und unschuldige Opfer birgt das Potenzial einer Eskalation im ohnehin volatilen Nahen Osten mit Folgen bis nach Europa. Die Welt scheint aus den Fugen geraten zu sein und die regelbasierte Weltordnung ist in ernster Gefahr.
Die Lehre für Europa und insbesondere Österreich muss sein, dass wir als Staat danach trachten müssen, eine größtmögliche Resilienz gegen vorhersehbare, aber auch unvorhersehbare Bedrohungen und Gefahren zu erlangen. Diese Resilienz muss durch alle Ressorts und auf allen Verwaltungsebenen unterstützt und verwirklicht werden. Das Bundesheer allein kann die Republik nicht vor allen Gefahren schützen, es leistet aber einen ganz wesentlichen und unverzichtbaren Beitrag.
Insbesondere im Zuge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine wurde einer großen Öffentlichkeit deutlich, dass das Bundesheer seit Jahrzehnten budgetär gröblichst vernachlässigt und dadurch in seiner Leistungsfähigkeit massiv eingeschränkt wurde. Ich empfinde keine Genugtuung darüber, dass meine Appelle zu einer besseren finanziellen Ausstattung des Bundesheeres nun auch breite Unterstützung gefunden haben, ich bin aber sehr erleichtert. Der eingeleitete Fähigkeitenaufbau findet breite Akzeptanz und steht für die kommenden Jahre außer Frage. Dass es Jahre dauern wird, das Bundesheer materiell und personell wieder auf einen akzeptablen Stand zu bringen, hat der bedauerliche Vorfall mit der C-130 im Zuge der Evakuierung von österreichischen Staatsbürgern aus Israel gezeigt. Die Soldaten im Allgemeinen und die Piloten und Flugzeugmechaniker im Besonderen trifft keinerlei Schuld an dieser Begebenheit. Diese versuchen seit Jahren, mit mangelhafter Ausstattung und teilweise auch mangelnder Akzeptanz ihrer Tätigkeit, ein Maximum an Auftragserfüllung zu erreichen.
Ich möchte die Gelegenheit ganz bewusst dazu nutzen, allen Soldatinnen und Soldaten sowie allen zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meinen aufrichtigen Dank, meine Anerkennung und insbesondere meine Wertschätzung für ihre Tätigkeit im Rahmen der Einsatzvorbereitung und in Einsätzen im In- und Ausland auszudrücken.
Es wird nicht leicht sein, aus der jahrelangen Geisteshaltung des Sparens und Reduzierens herauszukommen und in eine von begründetem Optimismus getragene Phase des Fähigkeitenaufbaus einzutreten. Ich appelliere daher an alle Verantwortungsträger innerhalb des BMLV, aber auch in den anderen Ressorts, die Aufwärtsentwicklung des Bundesheeres nach Kräften zu unterstützen. Dies trägt ganz entscheidend zur Resilienz unserer Republik bei und gewährleistet dadurch unsere Sicherheit und letztendlich unser höchstes Gut, unsere Freiheit.
Es lebe das Österreichische Bundesheer!
Es lebe unsere Heimat, die Republik Österreich!
Es lebe unser gemeinsames, friedvolles Europa!
HBF
Fotos: Peter Lechner/HBF