IDOLE & RIVALEN: Künstler*innen im Wettstreit / Nur noch bis 8. Jänner 2023

Tizian vs. Rubens / © KHM-Museumsverband

Die Stichwörter “Wettkampf”, “Wettstreit” und “Wettbewerb” werden heute vor allem mit Wirtschaft, Sport, Evolutionstheorie, Architektur oder diversen TV-Contests assoziiert. In der Frühen Neuzeit jedoch war das Prinzip des Wettstreits für die Arbeit von Künstler*innen maßgeblich. Damals herrschte die Ansicht vor, dass der kompetitive Habitus der Nachahmung, des Wetteiferns und des Übertreffens (imitatio, aemulatio und superatio) Fortschritt bewirke. Orientierungspunkt war hier – wie so oft – die Antike.

Nun widmet das Kunsthistorische Museum diesem wichtigen Thema eine große Ausstellung und zeigt die erste Schau, die den künstlerischen Wettstreit in vielen seiner Facetten von der Antike bis zum Ende des 18. Jahrhunderts behandelt. Sie spannt den Bogen dabei weit, nämlich vom Agon, dem sportlich fairen Wettkampf der Antike, und der Rezeption antiker Topoi des Künstlerwettstreits in der Frühen Neuzeit über den Künstlerneid und den Wettstreit an Fürstenhöfen sowie am Kunstmarkt bis hin zu den gelenkten Wettbewerben in den Akademien und Salons im 18. Jahrhundert.

Zwar hat es gelegentlich Ausstellungen zum Wettstreit der Künste (italienisch: paragone) gegeben, doch noch nie zu den Konkurrenzkämpfen, die Künstler*innen damals untereinander, aber auch mit lange verstorbenen Berühmtheiten ausgetragen haben. Aus diesen sind einige der bis heute bekanntesten Werke der Renaissance und des Barock hervorgegangen.

Gelegentlich führte die Konkurrenz um prestigeträchtige Aufträge zu einem aggressiven Klima, in dem sich Abgründe auftaten – wie etwa der Künstlerneid mit seinen Intrigen, Hieben und Verleumdungen. Dem lassen sich jedoch Beispiele von Zusammenarbeit gegenüberstellen, wo Spezialist*innen miteinander kooperierten, um Werke zu schaffen, die niemand von ihnen allein hätte zustande bringen können.

Ausstellungsansicht / © KHM-Museumsverband

Hauptwerke aus internationalen Sammlungen – erstmals im direkten Vergleich

Die Ausstellung präsentiert rund 120 Hauptwerke von der Antike bis ins 19. Jahrhundert, darunter rund 60 Leihgaben aus internationalen Sammlungen (etwa von Michelangelo, Tintoretto, Tizian, Lavinia Fontana, Benvenuto Cellini, Peter Paul Rubens und anderen) und ebensoviele herausragende Werke des Kunsthistorischen Museums. Teil des Ausstellungskonzepts ist es, zahlreiche künstlerische Konfrontationen von der Antike bis in die Zeit um 1800 nachzuzeichnen und die rivalisierenden Werke heute wieder einander gegenüberzustellen. Viele der ausgewählten Gemälde und Skulpturen sind erstmals in Österreich zu sehen – darunter zahlreiche Werke, die im Sinne des Künstlerwettstreits von Anfang an dazu gedacht waren, miteinander verglichen zu werden.

Die bedeutenden Leihgaben stammen u. a. aus dem Rijksmuseum in Amsterdam, dem Louvre in Paris, den Uffizien in Florenz, dem Victoria and Albert Museum in London, den Musei Vaticani, der Pinacoteca di Brera in Mailand, dem Palais des Beaux-Arts in Lille, den Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden, der Akademie der bildenden Künste und der Albertina in Wien, den Fürstlichen Sammlungen Liechtenstein, dem Nelson-Atkins Museum of Art in Kansas City und von privaten Leihgebern.

Tiziano Vecellio, gen. Tizian (1488/90–1576) JACOPO STRADA 1567/68 / Leinwand; 126 × 95,5 cm / Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie © KHM-Museumsverband

Besucher*innen werden Teil der Jury

Jeder Wettbewerb hat eine Jury und das Besondere an dieser Ausstellung ist: Alle Besucher*innen können selbst Teil der Jury werden und sowohl in der Ausstellung als auch online via Website und Social Media über die Kunstwerke abstimmen.

In der Ausstellung sind die Besucher*innen eingeladen, selbst Mitglied einer hochkarätigen Jury zu werden. An sechs markierten und mit einem Scanner versehenen Stationen stehen Werkpaare oder -gruppen zur Auswahl. Anhand des Barcodes auf der Rückseite der Eintrittskarte kann man für die gelungensten Kunstwerke abstimmen. Am Ende der Ausstellung kann der Zwischenstand des analogen und digitalen Besucher*innen-Votings begutachtet und der persönliche Geschmack mit dem allgemeinen Trend verglichen werden.

Analog zum Voting in der Ausstellung können auch auf der Website innerhalb der gleichen sechs Werkgruppen die jeweiligen Favoriten gewählt werden. Wie beim Rundgang durch die Schau erfährt man erst nach der Lektüre der Website, welche Werke aktuell als Sieger hervorgehen.

Kuratorin der Ausstellung: Gudrun Swoboda, Kunsthistorisches Museum Ausstellungsarchitektur: Michael Embacher und Constantin Schweizer

Jacques-Louis David (1748–1825) KAMPF ZWISCHEN MINERVA UND MARS 1771 / Leinwand; 114 × 146,8 cm / Musée du Louvre, Paris, Département des Peintures © bpk / RMN – Grand Palais / Philippe Fuzeau
Ausstellungsansicht / © KHM-Museumsverband
Ausstellungsansicht / © KHM-Museumsverband

idole-rivalen.khm.at

Kunsthistorisches Museum Wien 1010 Wien
, Burgring 5