I.E. Dr. Ivana Cervenkova, Botschafterin von Tschechien: Die Initiative des Bundeskanzlers Kurz „Smart Corona Management“ beinhaltet 9 Länder, die gut durch die Corona Krise gekommen sind

Wir haben die Botschafterinnen und Botschafter der diplomatischen Gemeinschaft in Wien befragt, um herauszufinden wie die Botschaften ihre diplomatischen Aktivitäten im Ausnahmezustand organisiert haben, über die Maßnahmen der Regierung zur Unterstützung und Rettung der Wirtschaft, sowie wie sie die private Zeit in Zeiten der Pandemie verbringen und was sie zuerst machen werden, nachdem die aktuelle Situation beendet ist.

Wir sprachen für Diplomacy and Commerce Austria mit I.E. Dr. Ivana Cervenkova, Botschafterin der Tschechischen Republik in der Republik Österreich.

Wie hat sich die aktuelle Situation auf die Aktivitäten der Botschaft
ausgewirkt?

Im Hinblick darauf, wie viele Aktivitäten und Veranstaltungen wir für dieses Jahr geplant hatten, hat uns Corona einen ziemlichen Strich durch die Rechnung gemacht. Schweren Herzens mussten wir vieles absagen und verschieben, zum Beispiel eine große Feier im Garten der Botschaft anlässlich des 100. Jahrestages der Familie Kolarik im Schweizerhaus, ein Mittagessen der V4-Botschafter mit dem Wirtschaftskammerpräsidenten Harald Mahrer oder ein grenzüberschreitendes Bürgermeisterforum sowie natürlich alle sorgfältig vorbereiteten politischen Besuche. Auch Veranstaltungen für unsere tschechischen Landsleute mussten entfallen, wie zum Beispiel das traditionelle Maikonzert oder die Maturafeier der tschechischen Komensky-Schule. In der Arbeit mussten wir uns nicht nur auf die neuen Bedingungen, sondern auch neue Prioritäten anpassen. Einige Kollegen haben ihren Arbeitsplatz ins Home Office verlegt, andere arbeiten in Schichten. Von einem Tag auf den anderen wurden wir alle auch konsularisch tätig. Wir mussten in den ersten Wochen 800 Tschechen aus Österreich nach Hause evakuieren, unzählige Anfragen beantworten und nach Prag ausführlich über die Lage in Österreich berichten. Wir sind seit Beginn der Krise auch im intensiven Austausch mit unseren österreichischen Kollegen, um unsere Schritte zu koordinieren. Ich bin zum Beispiel sehr froh, dass es uns auch zu jener Zeit, als die Grenzen geschlossen waren, gelungen ist, eine gemeinsame Lösung, zum Beispiel auch für Pendler, zu finden, welche von der Grenzschließung besonders betroffen waren.

Wie kommentieren Sie die Maßnahmen der Regierung zur Unterstützung und
Rettung der Wirtschaft?

Österreich hat ähnlich harte Maßnahmen getroffen wie die Tschechische Republik – und das ebenfalls sehr früh. Statistiken zeigen, dass die rasche und rasante Vorgehensweise in beiden Staaten nicht nur notwendig war, sondern auch sehr früh die vielzitierte „Kurvenabflachung“ gebracht hat. Man kann vorsichtig optimistisch sein und sagen, dass wir die Situation um die Ausbreitung sowohl in Tschechien als auch in Österreich nach einigen Wochen im Griff haben. Das ist wichtig, damit wir schon jetzt das Berufs- und Wirtschaftsleben in beiden Ländern graduell hochfahren können, um die Folgen des Shutdowns so klein wie möglich zu halten. Die österreichische Bundesregierung hat sehr schnell ein Hilfspaket geschnürt und noch weitere wirtschaftsfördernden Maßnahmen angekündigt. Derzeit erwarten wir die genauen Maßnahmen des neuen Konjunkturpakets und werden auch diese genau analysieren. Wir beobachten die Maßnahmen der österreichischen Regierung genau und leiten die Informationen weiter nach Prag.

Wie verbringen Sie Ihre private Zeit in Zeiten der Pandemie?

Ich schaue so gut wie alle Pressekonferenzen der österreichischen Regierungsmitglieder, um dann aus erster Hand über den aktuellen Stand und die Vorgangsweise nach Tschechien zu berichten. Wichtige Neuigkeiten schicke ich direkt an mein Außenministerium und manche tschechischen Regierungsmitglieder, so weiß ich, dass diese in Echtzeit direkt ankommen. Selbstverständlich bin ich im engen Kontakt mit dem österreichischen Außenministerium – vor allem, wenn es um die Repatriierung unserer Bürger geht – und mit der EU-Ministerin Karoline Edtstadler, wenn es darum geht, die Reisevorschriften für Pendler und andere grenzüberschreitende Berufsgruppen zu lockern. Auch sprechen derzeit regelmäßig Premierminister von 9 Ländern, die gut durch die Corona Krise gekommen sind. Es ist die Initiative des österreichischen Bundeskanzlers Kurz unter dem Motto „Smart Corona Management“. Derzeit sind Tschechien, Österreich, Griechenland, Dänemark, Israel, Norwegen, Neuseeland, Australien und Singapur dabei. Das alles erfordert, ständig am Laufenden zu sein und das nimmt eben auch private Zeit in Anspruch.

Wenn ich mal tatsächlich freie Zeit habe, lese ich gerne. Endlich bin ich dazu gekommen, das umfassende gemeinsame tschechisch-österreichische Geschichtsbuch „Nachbarn“, welches ich den Leserinnen und Lesern von Diplomacy&Commerce wärmstens empfehlen kann, zu lesen. Ich habe auch einen großen Garten in meiner Residenz, gemeinsam mit dem Gärtner und seiner Frau kümmern wir uns um ihn. Beim Gärtnern kann ich wirklich gut abschalten, genauso wie beim Sport. Da die Fitnesscenter derzeit noch geschlossen sind, habe ich begonnen, regelmäßig zu laufen.

Was werden Sie zuerst machen, nachdem die aktuelle Situation beendet
ist?

Ich freue mich schon riesig auf ein Wiedersehen mit meinen Kindern und der Familie. Einer meiner zwei Söhne wohnt in München, der andere in Prag und meine Mutter in Budweis. Daher ist es derzeit nicht möglich, sie zu sehen. Ich bin aber optimistisch, dass wir bald wieder Zeit miteinander verbringen werden.

Mir ist klar, dass große Veranstaltungen noch lange nicht möglich sein werden. Ich hoffe, dass ich zumindest kleine Treffen und Mittagessen organisieren kann. Ich freue mich natürlich auch schon sehr darauf, alle meine Kollegen in der Botschaft, Diplomaten von anderen Ländern sowie Freunde persönlich wiederzusehen und den Kontakt zu meinen österreichischen Partnern aufzufrischen. Ich vermisse auch sehr die direkte Arbeit mit den tschechischen Landsleuten oder die Begegnungen im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Ich freue mich daher darauf, wenn ich mich meinem erfüllenden Beruf wieder vollständig widmen kann.

Svetlana Nenadovic-Glusac

Foto: Diplomacy and Commerce Austria