Japans neuer Kaiser bei Regenwetter ins Amt eingeführt – Bei Proklamationen lachte aber kurz die Sonne – Bundespräsident Van der Bellen unter Staatsgästen
Der Himmel hatte letztlich doch ein Einsehen: Er schloss am Dienstag just kurz seine Schleusen über Tokio, als der neue “Tenno”, Japans Kaiser Naruhito, offiziell den Chrysanthementhron bestieg. Die feierliche Zeremonie im Kaiserpalast war zuvor von Wind und Regen begleitet gewesen.
Der “Himmelsherrscher” hatte seine Kontakte nach oben aber offenbar doch noch geltend gemacht. Die Sonne zeigte sich nämlich in dem Moment von ihrer lächelnden Seite, als Naruhito am frühen Nachmittag (Ortszeit) seine Thronbesteigung vom “Takamikura” – dem 6,5 Meter hohen und acht Tonnen schweren Chrysanthementhron – aus proklamierte. Danach wurde es wieder regnerisch.
“Jetzt, in dieser Zeremonie, erkläre ich innerhalb und außerhalb Japans die Inthronisierung”, sagte Naruhito. Der Kaiser versprach, seine Funktionen als “Symbol der Nation” und “Einheit des japanischen Volkes” zu erfüllen, eine Rolle, die für den Kaiser in der nach dem Zweiten Weltkrieg erlassenen Verfassung vorgesehen ist.
Naruhito sprach sich auch für das “Glück des japanischen Volkes und den Frieden der Welt” aus und versprach, “mit Verantwortung und Weisheit” für das Wohlergehen des japanischen Volkes und den “Wohlstand der Menschheit” zu handeln.
Nach der an ein avantgardistisches Theaterstück erinnernden Proklamation von Naruhito hielt Ministerpräsident Shinzo Abe eine kurze Glückwunschrede. Abe ließ den neuen Kaiser am Ende der knapp 30-minütigen Zeremonie drei Mal mit dem Ruf “Banzai!” hochleben.
In der Früh hatte Naruhito noch bei strömendem Regen die heiligen Schreine “Kashikodokoro”, “Koreiden” “Shinden” besucht, um den Gottheiten mitzuteilen, dass er später im Tagesverlauf seine Regentschaft verkünden wird. Naruhito hatte sein Amt am 1. Mai nach Abdankung seines Vaters Akihito übernommen. Naruhito ist damit der 126. Kaiser der offiziellen Abfolge.
Dass ein an sich nach der Feier geplanter Autokorso aus Respekt vor den Opfern des Taifuns “Hagibis”, der Mitte Oktober Dutzende Tote und schwere Sachschäden an mehr als 10.000 Häusern hinterlassen hatte, abgesagt worden war, störte angesichts der Witterungsverhältnisse wenig. Die Rundfahrt in der offenen Toyota-Cabriolimousine wäre wahrscheinlich so oder so in Wasser gefallen.
Für Glanz und Gloria war aber ohnedies gesorgt. In Frack, Uniform, Galakleid oder länderspezifische Trachten gewandete Würdenträgerinnen und Würdenträger und aus rund 200 Ländern und von internationalen Organisationen nahmen an der Zeremonie teil.
Darunter die Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen und Frank-Walter Steinmeier (Deutschland), Staats- und Regierungschefs aus Afrika, Asien und Lateinamerika, die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini wie auch gekrönte Häupter wie König Carl Gustaf von Schweden, Felipe von Spanien oder Großbritanniens Thronfolger Prinz Charles.
Sie wurden in einem langen und aufwendigem Prozedere alle einzeln von einer wahren Heerschar an Zeremoniendienern auf ihre Plätze geführt und verfolgten den Festakt teils von einem der “Kiefernhalle” (“Matsu no ma”) gegenüberliegendem Trakt mit dem Opernglas beziehungsweise auf elegant in die hölzerne Wandverkleidung integrierten TV-Screens.
Auch Journalisten aus aller Welt tummelten sich in und um den Palast. Jene, die nicht nur die Liveübertragung im Pressezentrum verfolgen durften, waren in der Früh nach einem strengen Protokoll in kleinen Gruppen Stunden vor der eigentlichen Zeremonie in den Kaiserpalast geleitet worden. Dort wurden sie dann mit einem ausführlichen Video über das bisherige Leben und Wirken Naruhitos informiert.
Und natürlich auch über seine Hobbys und Leidenschaften: Bergsteigen und klassische Musik. Naruhito ist nicht nur Fan der Wiener Sängerknaben, er greift auch gerne selbst zum Bogen, um virtuos die Viola zum Klingen zu bringen, wie in einer der Einspielungen zu sehen und hören war.
(Von Edgar Schütz/APA)
Besuch von Naruhito und Masako in Österreich “hoffentlich noch in meiner Amtszeit” – Abschluss des Tokio-Besuchs mit Bankett – Bilaterale Gespräche mit Präsidentinnen Georgiens und Estlands
Nach der “altreligiösen, liturgischen Inthronisierung” (O-Ton Alexander Van der Bellen) von Japans Kaiser Naruhito stand für den Bundespräsidenten am Dienstagabend noch das Bankett (Kyoen-no-gi) im kaiserlichen Palast auf dem Programm. Dabei werde er das Kaiserpaar nach Österreich einladen, verriet der Bundespräsident zuvor im Gespräch mit Journalisten in Tokio.
Bei dem Bankett wird jeder der rund 200 Staatsgäste dem Kaiser persönlich vorgestellt. “Da werde ich die Gelegenheit haben”, sagte Van der Bellen. “Vielleicht wird es im nächsten oder übernächsten Jahr dazu kommen, hoffentlich jedenfalls noch in meiner jetzigen Amtszeit.” Er hoffe auch, dass Kaiser Naruhito und seine Ehefrau Masako bis dahin vom höfischen Protokoll nicht “in eine andere Welt versetzt” werden. Derzeit seien die beiden noch “sehr nahbar”.
Die Beziehungen zwischen Japan und Österreich seien nicht nur wegen des aktuellen 150-Jahre-Jubiläums der Aufnahme diplomatischer Beziehungen ganz besonders, stellte Van der Bellen fest. “Es gibt eine Verbindung über Kultur und Musik”. Das betreffe nicht nur den aktuellen Kaiser, der regelmäßig die Tokio-Konzerte der Wiener Sängerknaben besuche, sondern habe historische Wurzeln, kramte Van der Bellen in der Geschichte(n)-Kiste und zog eine Anekdote aus dem Jahr 1869 hervor.
Nachdem die Kaiserreiche Japan und Österreich-Ungarn diplomatische Bande geknüpft hätten, habe Kaiser Franz Joseph einen Bösendorfer-Klavierflügel nach Japan verschiffen lassen. Dort wurden dem damaligen Kaiser dann Werke von Johann Strauß oder Felix Mendelssohn Bartholdy dargeboten, wobei dieser dem dereinst geltenden Protokoll entsprechend hinter einem Vorhang saß. Aus seinem Versteck heraus habe der Monarch aber mehrere Zugaben gefordert, erzählte ein schmunzelnder Van der Bellen. Das sei der Beginn dieser besonderen musischen Beziehung gewesen. Ironie der Geschichte: Die Bösendorfer-Klaviermanufaktur ist seit 2008 im Besitz des japanischen Yamaha-Konzerns.
Am Rande des Besuchs am kaiserlichen Hof absolvierte der Bundespräsident in der japanischen Hauptstadt auch noch bilaterale Gespräche mit den Präsidentinnen Estlands, Kersti Kaljulaid, und Georgiens, Salome Surabischwili. Dabei sei es unter anderem um die Entwicklungen in Russland und der Ukraine gegangen.
Fotos: Peter Lechner/HBF und HostPhotosThe Ceremony of the Enthronement of His Majesty the Emperor