Worte anlässlich der Ernennung und Angelobung einer Übergangsregierung.
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Seit wir alle am Freitagabend diese bizarren Videos aus Ibiza gesehen haben, ist politisch sehr viel geschehen.
Es gab Rücktritte, viele Besprechungen, öffentliche Statements von verschiedenen Seiten und schließlich hat der Bundeskanzler die Entlassung des Innenministers vorgeschlagen.
Daraufhin haben alle der FPÖ angehörigen Minister ihre Ämter zur Verfügung gestellt.
Entsprechend unserer Bundesverfassung habe ich daher dem Herrn Bundeskanzler den Auftrag bzw. die Bitte erteilt, für die Phase des Überganges bis zur Nationalratswahl bzw. bis zur Bildung der neuen Bundesregierung Expertinnen und Experten zu suchen um eine Fortführung der Amtsgeschäfte zu gewährleisten.
Der Bundeskanzler hat mir daraufhin einen entsprechenden Vorschlag übermittelt. In der Folge habe ich mit allen heute zu ernennenden und anzugelobenden Personen ein Gespräch geführt und nehme nun gleich die Ernennungen und Angelobungen vor.
Meine Damen und Herren!
Sie tragen nun eine wesentliche Mitverantwortung dafür, dass unsere Heimat Österreich eine positive Entwicklung nimmt.
Ich wünsche Ihnen allen von Herzen eine gute Hand, gutes Gelingen und etwas Glück – gehört wohl auch dazu – und viel Erfolg für diese wichtige Aufgabe!
Erlauben Sie mir, auch aufgrund der speziellen Situation in der diese Übergangsregierung arbeiten wird, Ihnen drei wesentliche Gedanken mitzugeben.
Erstens:
Worauf beruht unserer parlamentarischen Demokratie?
Auf das Suchen und Herstellen von Mehrheiten und dem Schutz von Minderheiten.
Dazu braucht es das laufende Gespräch, das Aufeinander-zugehen, das nachhaltige Aufbauen von Vertrauen und nicht zuletzt die Bereitschaft zum Kompromiss im Dienste des Gesamtwohls.
Gelebte und reife Demokratie, glaube ich, ist nicht das absolute Durchsetzen von eigenen Positionen und Programmen.
Politik ist auch ein Handwerk und verlangt Gewissenhaftigkeit und Respekt gegenüber anderen.
Zweitens möchte ich – neben dem Vertrauensaufbau, der beginnen muss – auch die großen, brennenden Herausforderungen unserer Zeit nicht vergessen.
Die Klimakrise, die nicht nur unseren jungen Menschen so viel Sorge bereitet. Wir sind die Generation, die hier gemeinsam noch das Richtige und das Notwendige tun kann.
Die Chancen und Risiken der Digitalisierung. Es könnten hunderttausende Jobs auch in Österreich betroffen sein. Und es wird sozialpolitisch und wirtschaftspolitisch neue Ideen und weise Lösungen brauchen.
Drittens, und das ist mir ganz besonders wichtig, meine Damen und Herren, möchte ich das Arbeiten an Europa herausstreichen:
Europa ist die beste Idee, die wir je hatten. Und das meine ich ernst.
Ich bitte Sie, das nicht zu vergessen und das Ihre dazu beizutragen,dass Österreich eine konstruktive Rolle in der Europäischen Union übernimmt und zweifellos notwendige Reformen und Veränderungen aktiv mitgestaltet.
Wesentliche Weichenstellungen nach der Europawahl stehen an!
- Personalentscheidungen der verschiedensten Art,
- die Herausforderungen des Brexits müssen bewältigt werden,
- geopolitische Fragen sind zu lösen,
- ein mehrjähriger Finanzrahmen für die Europäische Union und
- weitreichende internationale Wirtschaftsbeziehungen,
die Europa und Österreich massiv betreffen, müssen verhandelt werden. All das braucht eine starke und handlungsfähige Europäische Union. Und unseren österreichischen Beitrag.
Meine Damen und Herren!
Ich komme nun zur Entlassung und Enthebung der bisherigen Mitglieder der Bundesregierung sowie zur Ernennung und Angelobung der künftigen Mitglieder der Bundesregierung.
(Ich lasse der Einfachheit halber alle Titel weg.)
Auf Ihren Vorschlag, Herr Bundeskanzler, entlasse ich gemäß Artikel 70 Absatz 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes den Bundesminister für Inneres, Herrn Herbert Kickl.
Weiters enthebe ich auf deren eigenen Wunsch gemäß Artikel 74 Absatz 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes den Vizekanzler und Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport, Herrn Heinz-Christian Strache,
die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, Frau Beate Hartinger-Klein,
den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, Herrn Norbert Hofer,
den Bundesminister für Landesverteidigung, Herrn Mario Kunasek,
und gemäß Artikel 74 Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 78 Absatz 2 den Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen, Herrn Hubert Fuchs, von ihren Ämtern.
Gleichzeitig ernenne ich gemäß Artikel 70 Absatz 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes auf Vorschlag des Bundeskanzlers (und ich lasse auch hier der Einfachheit halber alle Titel weg):
Herrn Bundesminister Hartwig Löger zum Vizekanzler,
Herrn Eckart Ratz zum Bundesminister für Inneres,
Herrn Walter Pöltner zum Bundesminister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz,
Herrn Johann Luif zum Bundesminister für Landesverteidigung
und Frau Valerie Hackl zur Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie.
Schließlich betraue ich gemäß Artikel 77 Absatz 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes Frau Bundesministerin Juliane Bogner-Strauß mit der Leitung des Bundesministeriums für öffentlichen Dienst und Sport.
Bei der Erfüllung aller damit verbundenen Aufgaben im Dienste der Republik und der Bevölkerung wünsche ich Ihnen nochmals alles Gute.
All jenen, die heute aus dem Amt ausscheiden, danke ich herzlich für ihre Arbeit.
Die Mitglieder der Bundesregierung sind vor Antritt ihres Amtes vom Bundespräsidenten anzugeloben. Ich ersuche Sie daher, folgendes Gelöbnis zu leisten und mit Ihrem Handschlag sowie durch Ihre Unterschrift zu bekräftigen:
„Ich gelobe, dass ich die Verfassung und alle Gesetze der Republik getreulich beobachten und meine Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen werde.“
(bundespraesident.at)