Jüdisches Museum Wien / Dorotheergasse / Ausstellung ab 12.12.2021
Das Jüdische Museum Wien präsentiert ab 12. Dezember eine Ausstellung über die Geschichte der Familie Rothschild in Wien und Österreich. Da die Leistungen und Errungenschaften der Wiener Rothschilds in Vergessenheit geraten sind, gilt es, sie mit dieser Ausstellung in Erinnerung zu rufen und ihre Spuren sichtbar zu machen.
Eine jüdische Erfolgsgeschichte und antisemitische Anfeindungen
Der Aufstieg der Familie Rothschild setzte am Beginn des 19. Jahrhunderts ein. Am Anfang stand mit Mayer Amschel Rothschild ein aus bescheidenen Verhältnissen stammender Frankfurter Jude. Er machte durch viel Fleiß Karriere und schickte seine fünf Söhne in die Welt, einen davon nach Wien: Salomon von Rothschild. Er wurde Bankier des österreichischen Staatskanzlers Metternich und stieg schnell zu einem der führenden Unternehmer Österreichs auf. Der Name Rothschild wurde zum positiven Symbol für eine jüdische Erfolgsgeschichte, aber auch zum negativen Klischee in der antisemitischen Propaganda.
Die Geschichte der Rothschilds in Wien und Österreich liest sich in Teilen wie ein Krimi. Sie mussten sich gegen Konkurrenten durchsetzen, wurden in Konflikte verwickelt und mit antisemitischen Stereotypen konfrontiert. Immer wieder traten sie für ihre unterdrückten und verfolgten Glaubensgenossinnen und -genossen ein und riefen viele Bildungs- und Wohltätigkeitsstiftungen für die Allgemeinheit ins Leben. 1938 nahm die Gestapo Louis Rothschild fest und hielt ihn ein Jahr lang als Geisel, um den Rothschilds ihr gesamtes Vermögen abzupressen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde zwar ein Großteil ihres geraubten Vermögens restituiert, doch mussten sie wesentliche Werke an österreichische Museen „widmen“. Die Restitution zieht sich bis heute. Aber die Geschichte der Rothschilds in Österreich geht weiter: Bis heute kämpft ein Rothschild-Enkel vor Gericht um die Zukunft der Stiftung seiner Vorfahren, die Nathaniel Freiherr von Rothschild’sche Stiftung für Nervenkranke, das heutige Neurologische Zentrum Rosenhügel. Eine vom Wiener Landtag eingesetzte Kommission von Expertinnen und Experten untersuchte die Geschichte der Stiftung, allerdings nur bis 1963. Im November 2021 empfahl die Kommission die Anbringung von Gedenktafeln an den Pavillons am Rosenhügel.
Hochkarätige und überraschende Objekte
Die Ausstellung im Museum Dorotheergasse zeichnet sich auch durch besondere Objekte und Leihgaben aus. Zum Beispiel ist ein Gemälde des bedeutendsten holländischen Porträtmalers des 17. Jahrhunderts Franz Hals zu sehen. Leihgaben aus österreichischen Museen sind u.a. ein Modell des Wiener Nordbahnhofs aus dem Technischen Museum oder ein auf einer Safari erlegtes Krokodil, das 1930 von der Familie Rothschild an das Naturhistorische Museum übergeben wurde. Eine steinerne Sphinx, die die Besucherinnen und Besucher gleich zum Beginn der Ausstellung begrüßt und Teil des ehemaligen Palais an der Prinz-Eugen-Straße war, steht stellvertretend für die oft vergessene Geschichte der Rothschilds in Wien.
„Die Wiener Rothschilds. Ein Krimi“
ist von 12. Dezember 2021 bis 5. Juni 2022 im Jüdischen Museum Wien, einem Museum der Wien Holding, zu sehen. Zur Ausstellung, die von Gabriele Kohlbauer-Fritz und Tom Juncker kuratiert sowie von Schuberth und Schuberth gestaltet wurde, erscheint ein Katalog zum Preis von € 29,90 im Amalthea Verlag. Das Jüdische Museum Wien, Dorotheergasse 11, 1010 Wien, ist von Sonntag bis Freitag 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der zweite Standort, Museum Judenplatz, Judenplatz 8, 1010 Wien, ist von Sonntag bis Donnerstag von 10 bis 18 Uhr, freitags 10 bis 14 Uhr (Winterzeit) bzw. 17 Uhr (Sommerzeit) geöffnet.
Foto: JMW© David Bohmann