Das sind die größten nationalen und internationalen Risiken für die Wirtschaft

WKÖ-Experte Christoph Schneider im Interview über die wichtigsten Ergebnisse des aktuellen Wirtschaftsbarometers.

Christoph Schneider (links) beim WKÖ-Konjunkturgipfel
© WKÖ/NADINE STUDENYChristoph Schneider (links) beim WKÖ-Konjunkturgipfel

Herr Schneider, die Wirtschaftsprognosen werden aktuell laufend nach unten revidiert. Wie sehen Sie die aktuelle Stimmung bei den Unternehmen?

Christoph Schneider: Die Stimmung der österreichischen Wirtschaft ist angesichts der hohen Risiken und der allgemeinen Abkühlung der internationalen Konjunktur zum dritten Mal in Folge im negativen Bereich. Die hohen Unsicherheiten trüben die Stimmung. Der Erwartungssaldo zum Wirtschaftsklima bricht gegenüber der Umfrage vor einem halben Jahr von minus 9 auf minus 31 ein. Wachsende Sorgen um die politischen Rahmenbedingungen gehen mit sinkenden Erwartungen hinsichtlich der Geschäftstätigkeit einher. Wir haben in unserem aktuellen WKÖ-Wirtschaftsbarometer, der größten Umfrage der gewerblichen Wirtschaft, die Unternehmen nach den größten Risiken für die weitere wirtschaftliche Entwicklung befragt. Die Risiken sind aktuell hoch, sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene.

Sind die Unternehmen in Österreich besonders vorsichtig oder gibt es auch international eine Zunahme der Unsicherheit?

Die Unsicherheit ist für Unternehmen weltweit die größte Sorge, das zeigt eine internationale Vergleichsumfrage. Auf globaler Ebene wird Unsicherheit wesentlich höher als Risiko eingestuft als beispielsweise der Fachkräftemangel oder die Regierungspolitik. Am wenigsten Sorge bereiten die regulatorischen Anforderungen. In Asien beispielsweise ist die Unsicherheit eine besonders ausgeprägte Sorge. Auch in Europa liegt die Unsicherheit als Sorge an erster Stelle, dicht gefolgt vom Fachkräftemangel – so auch in den USA.

Wo sehen die Unternehmen die größten Risiken auf nationaler Ebene?

Das Ergebnis ist eindeutig: Fachkräftemangel und die hohen Arbeitskosten liegen bei den Risiken weit vor den übrigen Nennungen.

  • Auf nationaler Ebene stufen 64 % der Unternehmen den Fachkräftemangel als größtes Risiko ein. Dabei wird der Fachkräftemangel sowohl von KMU als auch großen Unternehmen (mit mehr als 250 Beschäftigten) als größtes Risiko genannt.
  • 61 % nennen die hohen Arbeitskosten als Problem für die wirtschaftliche Entwicklung ihres Unternehmens. Auch dieses Risiko trifft alle Unternehmensgrößenklassen gleichermaßen.
  • An dritter Stelle der Risiken auf nationaler Ebene steht die Inlandsnachfrage, die in den traditionell binnenmarktorientierten Bereichen der Bauwirtschaft und Handel Sorge bereiten. In Summe zeigt sich aber, dass auf nationaler Ebene die Sorgen um den Fachkräftemangel und die Arbeitskosten dominieren und von jeweils mehr als 60 % der Unternehmen als Risiko eingestuft werden.

Risiken auf nationaler Ebene

Icon Fachkräfte
© WKÖ

Fachkräftemangel

64 %

Arbeitskosten
© WKÖ

Arbeitskosten

61 %

Inlandsnachfrage
© WKÖ

Inlandsnachfrage

26 %

Standort
© WKÖ

Schlechtere Standortbedingungen

14 %

Und fürchten auch die Unternehmen aus Österreich, dass sich die Risiken auf internationaler Ebene sich auf ihre wirtschaftliche Entwicklung auswirken?

Die Sorge vor den internationalen Risiken ist aktuell ausgeprägt. Allen voran die schwache Wirtschaftsdynamik in Europa, insbesondere in Deutschland, die der Hälfte der Unternehmen in Österreich Sorge bereitet. Bei mittleren und großen Unternehmen ist die Sorge besonders stark und wird jeweils von 55 % der Befragten genannt. Weiters sehen 29 % der Befragten die international schwache Wirtschaftsdynamik als Risiko. Das Bild differenziert je nachdem wie sehr die Unternehmen im internationalen Handel engagiert sind: 44 % der heimischen Exporteure macht die internationale Wirtschaftsdynamik Sorge, bei den Nicht-Exporteuren sind es 15 %. Interessant sind die Ergebnisse zu Handelsbarrieren und No-Deal Brexit. Diese sind auf den ersten Blick weniger deutlich ausgeprägt. Betrachtet man aber die Ergebnisse aufgeschlüsselt nach Branchen, zeigt sich, dass 23 % der Exporteure sich aufgrund der Handelsbarrieren und des zunehmenden Protektionismus Sorgen machen. 14 % der großen Unternehmen sorgen sich um den No-Deal Brexit. Diese Ergebnisse sind insofern bedeutend, da sich die internationalen Risiken direkt auf die exportierenden und großen Unternehmen auswirken, dies aber auch indirekt Wirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen nach sich ziehen kann.

Internationale Risiken

Schwache Wirt-schaftsdynamik in Europa, insb. Deutschland
© WKÖ

Schwache Wirtschaftsdynamik in Europa, insbesonders Deutschland

49 %

Schwache internati-onale Wirtschaftsdy-namik
© WKÖ

Schwache internationale Wirtschaftsdynamik

29 %

Energie- und Rohstoffpreise
© WKÖ

Energie- und Rohstoffpreise

24 %

Protektionismus
© WKÖ

Handelsbarrieren / Protektionismus

14 %

Was bewirkt eine hohe Unsicherheit?

Wenn die Unsicherheiten hoch sind, agieren die Unternehmen zurückhaltender. Aktuell zeigt sich diese Zurückhaltung bei Investitionen und Beschäftigung. Je gefestigter die Unternehmen in der Einschätzung und den Erwartungen des Wirtschaftsklimas sind, desto eher steigt die Bereitschaft, den Personalstock auszubauen und Investitionen zu tätigen.

(wko.at)