Offizieller Besuch von Alexander Van der Bellen beim tschechischen Staatschef, der nach zwei Amtsperioden aus dem Amt scheidet.
Die russische Aggression gegen die Ukraine ist ein eklatanter Bruch des Völkerrechts und die militärische Neutralität eines Landes bedeutet nicht Gleichgültigkeit. Darin war sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit seinem tschechischen Amtskollegen Miloš Zeman am Donnerstag in Prag einig. Alexander Van der Bellen stattete dem scheidenden Präsidenten Zeman einen Abschiedsbesuch ab.Miloš Zeman, der 1999 als Regierungschef Tschechien in die NATO geführt hatte, würdigte in diesem Zusammenhang die Neutralität Österreichs.
“Manchmal kann der neutrale Status vorteilhaft sein. Ein neutrales Land kann eine Vermittlerrolle spielen, während ein nicht neutrales Land das nicht kann”, meinte der tschechische Staatschef.
Bundespräsident Van der Bellen bedankte sich für den tschechischen EU-Vorsitz im zweiten Halbjahr 2022. “Er fand in einem kritischen Zeitraum statt”, so der Bundespräsident in Anspielung auf den im Februar 2022 ausgebrochenen Ukraine-Krieg. Österreich sei militärisch neutral, was aber nicht eine gleichgültige Haltung gegenüber der russischen Aggression bedeute.
Miloš Zeman und Alexander Van der Bellen bezeichneten die österreichisch-tschechischen Beziehungen als “völlig konfliktlos und freundschaftlich”, auch wenn es im Bereich der Atomenergie unterschiedliche Positionen gebe. “Freunde sollten diskutieren und keine Konflikte aus unterschiedlichen Auffassungen herstellen”, betonte Miloš Zeman. Alexander Van der Bellen verwies darauf, dass Österreich sich schon vor Jahrzehnten entschieden habe, keine Atomreaktoren zu betreiben. Die Atomkraftwerke in den Nachbarländern seien “nicht die Themen, die uns entzweien”, allerdings sei ein Informationsaustausch nötig, so der Bundespräsident.
Die Staatschefs sprachen auch über die bilaterale Zusammenarbeit zwischen Österreich und Tschechien und hoben die Wichtigkeit grenzüberschreitender Infrastrukturprojekte hervor. Sie beschwerten sich jedoch, dass beispielsweise beim Bau der Autobahnverbindung zwischen den beiden Ländern zwar immer wieder versichert werde, dass alles bald fertiggestellt werde, die Realität allerdings dahinter zurück bleibe, wie Miloš Zeman sagte.
Alexander Van der Bellen zeigte sich erfreut über die hohe Zahl von tschechischen Touristinnen und Touristen in Österreich und äußerte den Wunsch, dass sich die tschechischen Gäste “bei uns wie zu Hause fühlen”. Die tschechische Hauptstadt Prag bezeichnete der Bundespräsident als die “schönste Stadt Europas”.
Das Treffen der beiden Staatsoberhäupter war ein Abschiedsgespräch, weil Miloš Zeman nächste Woche, am 8. März 2023, nach zwei fünfjährigen Amtsperioden aus dem höchsten Staatsamt ausscheidet.
Bundespräsident Van der Bellen traf am Donnerstag mit weiteren tschechischen Politikern zusammen. Unter anderem mit Miloš Zemans Nachfolger, Petr Pavel. Der Armeegeneral außer Dienst wird das Präsidentenamt am 9. März übernehmen. Ein Gespräch mit Regierungschef Petr Fiala und Senatschef Miloš Vystrčil stand auf dem Programm.
HBF /Fotos: Peter Lechner