Bundeskanzler Sebastian Kurz: Aus der Geschichte lernen und das Friedensprojekt Europa mit aller Kraft stärken

75. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus und der Beendigung des Zweiten Weltkrieges in Europa.

Foto: Andy Wenzel/BKA

“Heute vor 75 Jahren hat der Zweite Weltkrieg in Europa sein Ende gefunden. Mit der vollständigen Kapitulation des Deutschen Reichs, konnte eines der dunkelsten Kapitel der Menschheitsgeschichte geschlossen werden. Die Folgen dieser fürchterlichen Zeit beschäftigen uns jedoch bis heute. So unbeschreiblich die Grausamkeit des Nationalsozialismus war, so notwendig und wichtig sind die Lektionen, die wir aus dieser Zeit lernen müssen”, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz in seiner Ansprache zum 75. Jahrestag der Befreiung Österreichs vom Nationalsozialismus und des Kriegsendes.

Kultur des Erinnerns – Österreich trägt besondere Verantwortung

“Wenn wir aus der Geschichte lernen wollen, dann braucht es vor allem eines: Eine Kultur der Erinnerung”, betonte der Bundeskanzler und wies auf die besondere Verantwortung Österreichs hin. “So schwer es uns auch fällt, wir müssen uns die Gräueltaten des Nationalsozialismus vor Augen halten. Wir müssen uns daran erinnern, dass es auch Österreicher waren, die in den Reihen der Nationalsozialisten gekämpft, gefoltert und gemordet haben. Und dass es viele gab, die ihre Augen vor dem Unrecht verschlossen haben.” Ebenso wichtig sei es, die Erinnerung an die unschuldigen Opfer wach zu halten, “allen voran an unsere jüdischen Mitbürger, die entrechtet, vertrieben und getötet wurden”. Genauso müsse auch aller anderen Opfer gedacht werden, der Minderheiten, Andersdenkenden und Widerstandskämpfer.

Es brauche dieses Erinnern, um stets wachsam zu bleiben: “Wir müssen alles tun, dass sich die Geschichte nicht wiederholt. Wir müssen stets die Grundlagen unserer freien Gesellschaft schützen und stärken: die Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Gewaltentrennung und Medienfreiheit. Und wir müssen gemeinsam konsequent gegen alle Formen des politischen Extremismus vorgehen. Das ist unsere historische Verantwortung”, so Sebastian Kurz. Es müsse zudem alles unternommen werden, um Versöhnung mit den Opfern des Holocaust zu finden. So sei es wichtig, weiterhin Holocaustüberlebenden die Möglichkeit zu bieten, in ihre alte Heimat zurückzukehren. Mit diesen Menschen sprechen zu können, sei ein besonderes Privileg und “es ist unsere Verantwortung, ihr Zeugnis für die Nachwelt zu bewahren”.

Österreich habe heute eine klare Haltung: “Der Kampf gegen Antisemitismus und Antizionismus ist Teil unserer Staatsraison. Wir müssen alle gemeinsam stets darauf achten, dass dieser Hass nie wieder Fuß fassen kann. Mit geeinten Kräften müssen wir weiter dafür kämpfen, dass sich kein jüdischer Mitbürger auf unseren Straßen unsicher fühlt.” Diese Verantwortung gelte es auch über Österreichs Landesgrenzen hinaus wahrzunehmen: “Die Menschen in Israel sollen wissen, dass wir in Österreich an ihrer Seite stehen. Wir werden nie zögern, unsere historische Verantwortung wahrzunehmen und unseren Verbündeten Israel zu unterstützen”, versicherte der Bundeskanzler.

Demokratie, Freiheit und Menschenwürde schützen

Die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs würden uns schließlich auch dazu verpflichten, “das Friedensprojekt Europa mit aller Kraft zu stärken und zu unterstützen”. Österreich sei seit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg ein sicheres, wohlhabendes Land geworden, “eine freie Demokratie im Herzen der Europäischen Union”. Eine so lange Epoche des Friedens, wie wir sie Europa in den letzten Jahrzehnten erlebt haben, sei historisch einzigartig. “Daher müssen wir, gemeinsam mit unseren europäischen Partnern, alles daransetzen, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Die Europäische Union ist die größte Errungenschaft des 20. Jahrhunderts. Aber auch an ihr müssen und werden wir stets arbeiten, um sie gut durch das 21. Jahrhundert zu führen”, sagte Sebastian Kurz.

Die positive Entwicklung der letzten Jahrzehnte, in Österreich und in ganz Europa, zeige, dass der Friede dauerhaft sein könne, “wenn wir Demokratie, Freiheit und die Würde eines jeden Menschen schützen und hochhalten. Diese Werte werden uns auch für die Zukunft der richtige Kompass sein”, so der Bundeskanzler abschließend.

Der Festakt zum Gedenken an die Befreiung vom Nationalsozialismus und an die Beendigung des Zweiten Weltkrieges in Europa am 8. Mai fand dieses Jahr aufgrund der Beschränkungen infolge der Corona-Pandemie nicht an einem Ort statt, sondern setzte sich aus verschiedenen Teilveranstaltungen zusammen, die an unterschiedlichen Orten aufgezeichneten und vom ORF gesendet wurden. Die Reden von Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Werner Kogler wurden im Kongresssaal des Bundeskanzleramts gehalten. Zugespielt wurden Grußbotschaften der Signatarmächte Frankreich, Russland, dem Vereinigten Königreich und der Vereinigte Staaten von Amerika. Musikalisch umrahmt wurde die Festveranstaltung von den Wiener Philharmonikern und den Wiener Sängerknaben. Ein einleitendes Gespräch von Bundeskanzler Kurz mit Festredner Hugo Portisch wurde im Wiener Volksgarten aufgezeichnet.

(bundeskanzleramt.gv.at)