Bundeskanzler Nehammer: Österreich baut auf grünen Wasserstoff aus den Emiraten und auf Flüssiggas aus Katar

Foto: Dragan Tatic/BKA

Gespräche in Abu Dhabi und Doha, um mittel- bis langfristig die Energieabhängigkeit von Russland zu reduzieren

Bundeskanzler Karl Nehammer hat am Sonntag und Montag gemeinsam mit Energieministerin Leonore Gewessler und Rohstoffministerin Elisabeth Köstinger die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar besucht. Im Mittelpunkt des Aufenthalts in Abu Dhabi standen Sicherheitsfragen sowie die Absicht, mittel- bis langfristig die Abhängigkeit von russischem Erdgas zu verringern. Grüner Wasserstoff aus den Vereinigten Arabischen Emiraten könnte eine Alternative dazu sein. Bundesministerin Köstinger hat im Rahmen der Gespräche eine entsprechende Absichtserklärung zur österreichisch-emiratischen Wasserstoffallianz mit dem Industrieminister der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Sultan Bin Ahmad Sultan Al Jaber, unterzeichnet. “Die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar sind wichtige Partner für Österreich sowie bedeutende Energielieferanten”, sagte Bundeskanzler Nehammer. “Wir wollen diesen Austausch daher vor allem dafür nützen, um über die Sicherung der Gas- und Energieversorgung Österreichs zu sprechen. Wie die Ereignisse der letzten Wochen eindringlich vor Augen führen, dürfen wir nicht weiter nur von einem Gaslieferanten abhängig sein und müssen mittel- bis langfristig auch auf nachhaltige Energiequellen wie grünen Wasserstoff bauen.” Daher wolle man die enge Kooperation mit den VAE und Katar weiter vertiefen. “Es gilt, die Versorgung mit Erdgas für den Winter zu sichern und mittel- bis langfristig die Abhängigkeit von Russland zu reduzieren.”

Möglich wäre es etwa, Wasserstoff über das Erdgasnetz zu transportieren. “Die Vereinigten Arabischen Emirate bieten ideale Bedingungen für die Produktion von grünem Wasserstoff, während Österreich über jahrzehntelange Erfahrung im Gastransport und der Speicherung sowie über die dafür erforderliche Infrastruktur verfügt”, erklärte Karl Nehammer. Jedoch dürfe man sich keine Wunder erwarten, denn Russland sei der weltweit größte Exporteur von Erdgas.

Bei seinem Besuch in Abu Dhabi standen für den Bundeskanzler auch weitere Themen auf dem Programm, etwa der Krieg in der Ukraine, humanitäre Hilfe und Deeskalation sowie die Terrorismusbekämpfung, bei der die VAE einer der stärksten Verbündeten Österreichs seien. “Wir sind ständig dabei, unsere Sicherheitszusammenarbeit zu erweitern.” So würden auch die Geheimdienste der beiden Länder kooperieren und Informationen austauschen. Zudem führte Nehammer Gespräche mit Kronprinz Scheich Muhammad bin Zayid al-Nahyan.

Flüssiggaslieferungen: Pipeline-Struktur muss neu überdacht werden

In Doha kam der Kanzler mit dem Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al-Thani und Premierminister Chalid bin Chalifa bin Abdulasis Al Thani zusammen. “Ich hatte einen guten Austausch mit Emir Tamim bin Hamad und Premierminister Khalid bin Khalifa Al Thani in Doha. Wir wollen unsere enge Kooperation weiter vertiefen”, betonte Nehammer.

Bei den kurzfristig angesetzten Gesprächen in Katar ging es am Montag vor allem um die Lieferung von LNG (Flüssiggas) nach Österreich. Bei LNG könnte man für den Transport Container nutzen. So bald werden aber weder Wasserstoff noch LNG nach Österreich fließen, denn man müsse auch die Pipeline-Strukturen neu denken, so der Kanzler. “Wir haben ganz viele Nord-Süd- oder Ost-West-Verbindungen, aber ganz wenig in Richtung Süd-Nord.”

Die OMV tritt nun auf Basis eines bereits bestehenden Abkommens in Gespräche mit Katar über die Lieferung von LNG ein. In dem bestehenden Vertrag ist die fixe Abnahme einer großen Gasliefermenge vorgesehen, bis zu 6 weitere seien möglich, so Nehammer. Man müsse jedoch bedenken, dass Österreich in neue Flüssiggas-Andockstellen investieren müsste.

“Katar ist nicht nur ein großer Gasproduzent, sondern auch ein wichtiger politischer Player in dieser Region”, erklärte der Bundeskanzler. “Katar hat eine besondere Form der Sicherheitspolitik. Auf der einen Seite gibt es einen der größten amerikanischen Luftwaffenstützpunkte, auf der anderen Seite ist Katar auch ein Gesprächspartner und Brückenbilder in Richtung Iran.” Um Einschätzungen zur Sicherheitslage zu bekommen, seien gute Beziehungen zu Katar wichtig. Darüber hinaus sind auch weitere Abkommen zur Kooperation im Sicherheits-, Energie- und Kulturbereich sowie in der Wissenschaft und Forschung geplant.

Sanktionen: wirtschaftliche Realitäten zur Kenntnis nehmen

Das Problem, dass man sich aus politischen und ethischen Überlegungen aus der Abhängigkeit von Russland befreien will, indem man sich verstärkt Staaten zuwendet, die ebenfalls nicht demokratisch regiert werden, ist dem Bundeskanzler bewusst, man müsse aber Realitäten zur Kenntnis nehmen. So stünden etwa auch Erdölprodukte aus Russland nicht auf der Sanktionsliste der USA. “Wenn Sie mich danach fragen, wie es mir damit geht, dass wir in einer pervertierten Welt leben, dass wir Sanktionen beschlossen haben, die hart und klar sind, und gleichzeitig über die Abhängigkeit von Gas Millionen von Dollarbeträgen Richtung Russische Föderation fließen – der Gedanke ist unerträglich. Aber es ist Realität”, so der österreichische Regierungschef.

(bundeskanzleramt.gv.at)