EU-Gipfel der Östlichen Partnerschaft und Europäischer Rat in Brüssel
Bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel hat Bundeskanzler Karl Nehammer ein klares Bekenntnis zu Europa abgelegt und sich als “glühenden Europäer” bezeichnet. Ungeachtet der Tatsache, dass die Europäische Union das größte Friedensprojekt der Geschichte sei, werde er aber gleichzeitig auch österreichische Interessen in der EU vertreten. Für die Weiterentwicklung der Union brauche es starke Stimmen, und Österreich werde eine davon sein, so Nehammer.
Eine besondere Bedeutung maß der Bundeskanzler dem Prinzip der Subsidiarität zu. Die Nationalstaaten müssten so viel an Kompetenz behalten, um Probleme, die nationalstaatlich “am effizientesten und am besten lösbar sind”, auch tatsächlich selbst lösen zu können. Als Beispiel nannte er etwa die Corona-Bekämpfung, bei der die Entwicklung und Verteilung von Impfstoffen auf EU-Ebene von großer Bedeutung gewesen sei. Weitere Maßnahmen müssten jedoch von den einzelnen Ländern ergriffen werden, so Nehammer.
Migration: “Koalition der Willigen” bei EU-Finanzierung des Grenzmanagements
In einem Gespräch mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen machte der Kanzler klar, welchem Belastungsdruck Österreich im Bereich der Migration ausgesetzt sei. “Ich konnte darlegen, wo der Migrationsdruck gerade besonders stark spürbar ist für Österreich, und was es bedeutet, wenn wir nicht genug Augenmerk darauf legen, dass wir schnelle Asylverfahren, einen starken Außengrenzschutz und auch rasche und effiziente Rückführungen haben.” Im letztgenannten Punkt sei die Präsidentin “eine starke Verbündete für die österreichische Position”, betonte Nehammer.
“Der Druck auf Europa und Österreich nimmt zu. Die Zahl von knapp 35.000 Asylanträgen in Österreich ist außergewöhnlich hoch. Nationale Rückführungsabkommen sind meiner Ansicht nach nicht ausreichend.” Es gebe eine “Koalition der Willigen”, was die Finanzierung des Grenzmanagements seitens der Europäischen Union betreffe.
Die Kommissionspräsidentin habe auch zu verstehen gegeben, dass sie ein großes Interesse an der Lösung des Konflikts zwischen Bayern und Österreich betreffend “LKW-Transit und Brenner” habe, so Nehammer. “Sie wird vonseiten der Kommission verschiedene Maßnahmen setzen, um in einer Art Mediation Österreich und Bayern zusammen zu bringen, um hier einen Interessenausgleich zu finden.” Das sei für die Tiroler Bevölkerung ganz besonders wichtig, da diese vom LKW-Transit in einer unglaublichen Art und Weise belastet sei, so der Bundeskanzler.
Konflikt Ukraine-Russland: Österreich sollte Brückenbauer sein
Am Mittwoch waren Nehammer und die anderen 26 EU-Staats- und Regierungsspitzen mit den Spitzen der 5 östlichen Partnerschaftsländer Ukraine, Georgien, Moldau, Armenien und Aserbaidschan zusammengekommen. Der weißrussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat die Teilnahme von sich aus suspendiert, die EU lehnt derzeit aber auch hochrangige Treffen mit Vertretern von Belarus ab.
Bereits im Vorfeld hatte sich Bundeskanzler Karl Nehammer zu den Spannungen zwischen der Ukraine und Russland geäußert. “Österreich sollte sich als Brückenbauer im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine anbieten. Eine Eskalation muss vermieden werden. Die Unabhängigkeit der durch den Einfluss Russlands massiv belasteten Ukraine ist zu unterstützen. Wir tolerieren keine Politik der Gewalt”, betonte der österreichische Regierungschef, der sich neben dem Aufbau eines Drohszenariums auch dafür aussprach, in einen Dialog mit den Konfliktparteien einzutreten, um so einen Beitrag zur Entspannung zu leisten.
“Wir müssen den Scheinwerfer nach Weißrussland ausrichten, wenn es darum geht, Menschenrechtsverletzungen, Unterdrückung von Meinungsfreiheit und die Unterdrückung von Pressefreiheit sichtbar zu machen”, hielt Karl Nehammer fest. Auch müsse man dem Regime klarmachen, dass sich “die Europäische Union in keinster Weise erpressen lässt. Wir werden uns weiterhin für ein demokratisches, sicheres und prosperierendes Belarus einsetzen”, so der Bundeskanzler.
Corona-Pandemie und Booster-Impfung
Diskutiert werden soll auf dem Gipfel auch die Gültigkeitsdauer des “Grünen Passes”, die Frage der Booster-Impfung sowie die Impfpflicht. Vor dem Hintergrund der Pandemiebekämpfung verwies Nehammer erneut darauf, dass “Impfen nach wie vor der beste Schutz” sei: “Der dritte Stich wird hinsichtlich der Omikron-Variante sehr hoch bewertet. Österreich hat mit 2,8 Millionen Booster-Impfungen aufgeholt. Wir unterstützen die EU-Kommission darin, dass der 2G-Nachweis eine zentrale Rolle spielen sollte”, so der Bundeskanzler abschließend.
Atomenergie: “Keine Alternative zu erneuerbaren Energien”
Weiters stehen abermals die hohen Energiepreise auf der Agenda des Europäischen Rats, wobei Kanzler Nehammer gegen einen vorschnellen Eingriff in die Energiemärkte ist: “Die Auswirkungen könnten schwer sein. Atomenergie ist keine geeignete Alternative zu erneuerbaren Energien.” Und schließlich soll es in Brüssel auch um Verteidigungspolitik gehen. Laut Karl Nehammer profitiere Österreich als neutrales Land davon, dass die EU mit der NATO zusammenarbeite.
(BKA)