“Für die Klima-, Energie- und Mobilitätswende brauchen wir rasch den Ausbau der dazu erforderlichen Infrastruktur. Wichtige Investitionen in Wasserkraft, Windkraft, Speicher, Verteil- und Übertragungsnetze oder Eisenbahnverbindungen stecken aber jahrelang im Nadelöhr Umweltverträglichkeitsprüfungs-Verfahren fest“, so Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Die WKÖ hat daher gemeinsam mit Industriellenvereinigung (IV) und Oesterreichs Energie einen umfangreichen Katalog an praxisgerechten Vorschlägen erstellt, wie wichtige Projekte künftig rascher und rechtssicher umgesetzt werden können. Gefordert werden etwa eine Beschleunigung und bessere Strukturierung des Genehmigungsverfahrens, eine Effizienzsteigerung durch den Einsatz von modernen Technologien und Digitalisierung oder ein übersichtlicher und gut aufbereiteter Zugang zu wichtigen Informationen.
“Wir stellen nicht das hohe Umweltschutzniveau des UVP-Gesetzes in Frage, sondern verlangen lediglich, unionsrechtlich nicht erforderliche Hürden abzubauen und unnötige Verfahrensschleifen zu vermeiden. Denn nur so kann der Wirtschaftsstandort Österreich im europäischen Vergleich wettbewerbsfähig bleiben“, so Kopf. Zu beachten ist auch, dass mit Verfahrensdauern von fünf bis zehn Jahren bis zur Genehmigung die Klima- und Energiewende nicht zu schaffen ist. Daher braucht es unverzüglich eine spürbare Verbesserung der langwierigen und schwerfälligen Umweltverträglichkeitsprüfungen. “Die UVP darf nicht weiter ein Verhinderungsinstrument für Vorhaben sein, die die Transformation ermöglichen und für den Standort enorme Bedeutung haben“, so der WKÖ-Generalsekretär.
Investitionen von 15 Mrd. Euro in WarteschleifeDem UVP-Gesetz kommt eine standortpolitische Schlüsselrolle zu: So befinden sich im langjährigen Durchschnitt UVP-pflichtige Projekte mit einer Investitionssumme von mindestens 15 Mrd. Euro in der Pipeline. Aufgrund der wirtschaftlich negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie wäre eine rasche Umsetzung der Projekte dringend erforderlich. Die WKÖ hat für 37 aktuelle UVP-Vorhaben, bei denen das Investitionsvolumen bereits bekannt ist (insgesamt 10,7 Mrd. Euro), die Wertschöpfungseffekte berechnet: Werden in Österreich 10,7 Mrd. Euro investiert, löst das über drei Jahre eine Wertschöpfung von 11,7 Mrd. Euro aus. Dadurch werden mehr als 95.000 Jobs geschaffen bzw. gesichert.
70 Mrd. Euro zur Umsetzung der Energiewende nötig
“Ziele setzen allein genügt nicht – es müssen auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen stimmen“, fordert Kopf und verweist darauf, dass nach Berechnungen des Energieinstituts der Wirtschaft allein für den Ausbau der erneuerbaren Energien und der dazugehörigen Infrastruktur in Österreich bis 2030 Investitionen von mehr als 70 Mrd. Euro nötig sind. Allein der Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung und –netze wird rund 43 Mrd. Euro kosten. Mit den derzeitigen Parametern im UVP-Gesetz kann die Wende nicht erfolgen.
E-Wirtschaft steht für raschen Umbau des Energiesystems bereit
“Die E-Wirtschaft steht für einen raschen Umbau des Energiesystems bereit: Wir haben die Technologien, das Know-How und die Projekte für die Transformation der Energieversorgung. Mit den derzeitigen Verfahrensdauern stehen wir uns bei der Erreichung
der Energie- und Klimaziele 2030 aber selbst im Weg. Wenn allein die Genehmigung eines Pumpspeicherkraftwerks – unabhängig von den Widerständen mancher maßgeblicher Akteure – zehn Jahre dauert, kann sich das nicht ausgehen. Wir brauchen in diesem Bereich deutliche Verbesserungen – und wir brauchen sie schnell“, sagt Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, der Interessenvertretung der E-Wirtschaft, und verweist auf einen notwendigen Schulterschluss aller Gebietskörperschaften.
Industriellenvereinigung: Straffung der Genehmigungsverfahren
“Eine gut ausgebaute Infrastruktur ist die Lebensader eines modernen, wettbewerbsfähigen Wirtschafts- und Industriestandortes. Sie ist Grundlage für Klimaschutz und Nachhaltigkeit, für die Energie- und Mobilitätswende. Die Industrie, die Wirtschaft generell und die Energiewirtschaft, sowie auch die gesamte Gesellschaft, sind davon abhängig, dass Großprojekte in einem angemessenen Zeitraum durchgeführt werden. Rechts- und Planungssicherheit für die Errichter solcher Projekte sind dabei entscheidend“, stellte Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), klar.
Ziel müsse daher eine Straffung der Genehmigungsverfahren sein, “die nicht mehr jahrelang ausufern und absichtlich verschleppt werden dürfen“. Es brauche daher gesetzliche Regelungen, die eine höchstmögliche Verfahrens- und auch Kosteneffizienz sowie eine raschestmögliche Verfahrensdauer sicherstellen. Beispiele seien etwa zeitgemäße Kundmachungsvorschriften unter verstärkter Nutzung des Internets, das digitale Zuschalten von Sachverständigen oder ein Ende des “Nachschiebens“ von Beschwerdegründen nach Ablauf der Beschwerdefrist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Wichtig seien außerdem die sachgerechte Weiterentwicklung und demokratische Legitimierung der Regelungen zu Bürgerinitiativen sowie die Beschränkung von NGOs in Genehmigungsverfahren auf ihren sachlichen Wirkungsbereich.
“Wir fordern, dass unsere gemeinsamen Vorschläge rasch in einer Novelle umgesetzt werden, um das UVP-Verfahren endlich ‚klimafit‘ zu machen“, so die Generalsekretäre einheitlich.
(WKO.AT)