Die Ausstellung beginnt mit dem Jahr 1945 und führt bis in die Wiener jüdische Gegenwart. Sie berichtet von der fast gänzlich vernichteten jüdischen Gemeinde, die sich gegen den Widerstand der österreichischen Nachkriegspolitik im Laufe der Jahrzehnte zu einer kleinen, aber vielschichtigen und lebendigen Gemeinde entwickelte. Es ist eine zutiefst wienerische Geschichte der Immigration, zunächst aus Ost- und Mitteleuropa, dann aus den ehemaligen Sowjetrepubliken. Und es ist eine Geschichte der Selbstbehauptung, wie unter anderem der Konflikt um den ehemaligen Bundespräsidenten Kurt Waldheim zeigt.
Erst nach dem Blick in die Gegenwart, im Erdgeschoß des Museums, führt die Ausstellung im 2. Stock in die große Wiener jüdische Geschichte vom Mittelalter bis zur Schoah. Die Ausstellung hinterfragt dabei die Politik der „Toleranz“ von Kaiser Joseph II., zeigt die kreativen und optimistischen Strategien einer jüdischen Gemeinde auf, die erst 1852 eine sein durfte, dann jedoch bald zur drittgrößten in Europa wurde. „Unsere Stadt“ macht deutlich, dass die Wiener Jüdinnen und Juden bereits in den Jahren um 1900 – einige sind heute weltberühmt – durch einen rabiaten Antisemitismus unter Druck geraten waren, noch lange vor der Zerstörung ihrer Gemeinde durch österreichische und deutsche Nationalsozialisten nach 1938.
Kunstinstallation von Maya Zack – The Shabbat Room
In der permanenten Ausstellung setzt sich auch die Einbindung zeitgenössischer Künstlerinnen in das Museumskonzept fort. Nach Nancy Spero und Brigitte Kowanz konnte das Jüdische Museum Wien die israelische Künstlerin Maya Zack für eine Arbeit gewinnen. Der Ausgangspunkt ihrer Installation ist die „Gute Stube“, die Isidor Kaufmann 1899 für das erste Jüdische Museum in Wien entwarf. Kaufmanns Rauminstallation war eine revolutionäre künstlerische Intervention. Einerseits sollte sie den Nichtjuden eine Vorstellung des Schabbat als Familienfeiertag liefern, andererseits den assimilierten Wiener Juden einen nostalgischen Orientierungs- und Ruheraum inmitten der widersprüchlichen Welt der Wiener Jahrhundertwende bieten. Das Jüdische Museum Wien besitzt noch wenige Objekte und eine fotografische Dokumentation von dem Raum, der 1938 von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Auf Basis der Objekte sowie des visuellen Materials und mithilfe digitaler Technik erarbeitete Maya Zack eine fotografische Rauminstallation, die diesen wichtigen und vergessenen Ort der Jahrhundertwende und sein Konzept neu interpretiert.
Das Schaudepot des Jüdischen Museums Wien
Dieser Raum ist kein Depot im eigentlichen Sinn, sondern Teil der permanenten Ausstellung, in dem die großen Sammlungen des Jüdischen Museums Wien neu geordnet und kontextualisiert erlebt werden können. Die Sammlung des ersten Jüdischen Museums, die Sammlung der Israelitischen Kultusgemeinde – Überreste einer einstmals großen und blühenden jüdischen Gemeinde in Wien – aber auch in den Bundesländern, die Neuerwerbungen des Jüdischen Museums Wien seit den frühen 1990er Jahren, die erworbenen und gestifteten Privatsammlungen Berger, Schlaff und Stern. Durch Fenster, die auf zerstörte jüdische Orte verweisen, wird eine Reise durch Zeit und Raum, durch Wien, aber auch die Bundesländer, Teile der Monarchie und nach Israel erlebbar. Eine 3D-Animation macht die zerstörten Synagogen Wiens und Niederösterreichs virtuell zugänglich.
Museum Dorotheergasse
Die nächsten Führungen:
„Unsere Stadt – für die ganze Mischpoche*“
06., 20., 27 März (14:00 – 16:00 Uhr)
Foto: © Ouriel Morgensztern