Am Donerstag, dem 10. September, fand die Präsentation der Original-Ausstattung der Habsburgischen Prunkräume in der Albertina statt.
Generaldirektor der Albertina Prof. Dr. Klaus Albrecht Schröder und Christian Benedik (Leitung Prunkräume und Architektursammlung) sorgten für eine großartige Präsentation und eine magische Zeitreise.
Vier spektakuläre Neuerwerbungen
Die programmatische Neupositionierung der ALBERTINA umfasst als Exponat sui generis die Präsentation der Habsburgischen Prunkräume. Ihre Revitalisierung in den letzten beiden Jahrzehnten beinhaltet die Renovierung und Wiederherstellung der historischen Originalsubstanz sowie den Rückkauf der prunkvollen Palaisausstattung.
Zu den Erwerbungen des letzten Jahres gehören eine einzigartige Tischuhr, die aus Herzog Alberts Brüsseler Schloß Laeken stammt, eine verspiegelte und mit Bronze-DoréApplikationen versehene Eck-Etagere aus der Wiener Manufaktur von Joseph Danhauser sowie eine Porträtbüste von Erzherzog Carl aus weißem Cararamarmor von Joseph Klieber.
Nach über einem Jahr Restaurierung ist nun ein bedeutendes Werk von Johann Evangelist Scheffer von Leonhartshoff im Arbeitszimmer Erzherzog Carls zu sehen. Der früh verstorbene Maler zählt zur Bewegung der Nazarener, die auf den frühen Raffael zurückgreifen. ALBERTINA-Gründer Albert von Sachsen-Teschen war ein großer Förderer dieser Bewegung, daher befand sich diese Kopie der Madonna im Grünen (ca. 1815/1820) von Raffael in seiner Sammlung.
Ein Juwel der europäischen Ausstattungskunst
Die exquisiten Ausstattungsstücke und einzigartigen Möbel gehörten zum Privateigentum des letzten habsburgischen Besitzers des Palais, Erzherzog Friedrich. Bedeutende Teile blieben nach 1918 als Erbstücke in der Familie erhalten, der überwiegende Bestand gelangte allerdings 1933 in Wien zur Auktion.
Seit der erstmaligen Öffnung der gesamten Prunkräume für die Öffentlichkeit im Jahre 2003 konnten mehr als 100 Objekte der originalen Ausstattung wieder ins Palais zurückgebracht werden. Heute präsentieren sich die Habsburgischen Prunkräume als ein Erlebnisort der habsburgischen und österreichischen Geschichte sowie ein Juwel der europäischen Ausstattungskunst.
Zu den letzten Akquisitionen gehören vier überaus wertvolle Ausstattungsstücke aus dem Besitz von Herzog Albert von Sachsen-Teschen (1738–1822), dem Gründer der ALBERTINA, und seinem Adoptivsohn, Erzherzog Carl (1771–1847), dem Sieger in der Schlacht von Aspern gegen Napoleon.
Aus Herzog Alberts Brüsseler Schloß Laeken, heute Residenz des Königs der Belgier, stammt eine 1933 auktionierte Tischuhr. Sie zeigt in vergoldeter Bronze die Figuren von Venus und Amor und ist um 1780 von Gronier in Paris angefertigt worden.
Die verspiegelte und mit Bronze-Doré-Applikationen versehene Eck-Etagere gehörte zur einzigartigen Palaisausstattung von Erzherzog Carl. Sie wurde in der Wiener Manufaktur von Joseph Danhauser in den Jahren 1822/25 angefertigt und befand sich noch im Besitz der Erben nach Erzherzog Friedrich.
Joseph Klieber, der 1822/25 den Musensaal des Palais mit der umfangreichsten klassizistischen Figurengruppe Apollo und die neun Musen dekorierte, gestaltete 1842 eine Porträtbüste von Erzherzog Carl aus weißem Cararamarmor. Der dafür angefertigte Bozzetto wurde aus dem Kunsthandel erworben und soll gemeinsam mit Kliebers Palaisausstattung sowie den Büsten von Joshua Wedgwood aus dem Besitz von Herzog Albert auf die umfangreiche wie bedeutende Skulpturensammlung der beiden Palaisbewohner verweisen.
Aus der berühmten Gemäldesammlung des Herzogs konnte bereits vor einigen Jahren Michael Wutkys Die Wasserfälle von Tivoli sowie Werke von Martin von Molitor angekauft werden.
Die Nazarenerbewegung in der Sammlung der ALBERTINA
Eine Kopie nach Raffaels Madonna im Grünen (um 1815/20) ergänzt nunmehr diesen Sammlungsbereich. Sie stammt von Johann Evangelist Scheffer von Leonhartshoff (1795– 1822), den Herzog Albert in seinen letzten Lebensjahren mit Aufträgen versah und mit großzügigen Romstipendien unterstützte.
Albert von Sachsen-Teschen war erstaunlich offen für die Auseinandersetzung mit den modernen Kunstströmungen seiner Zeit, die er für seine Sammlung geradezu absichtsvoll suchte.
Als eine Instanz der damaligen Moderne fungierten für Albert die Kunstakademien, die ab 1800 auch immer häufiger zu Stätten des Protests wurden. Gerade in Wien, wo die Nazarener die erste Sezession der Kunstgeschichte bildeten, konnte Albert diese Entwicklung hautnah miterleben. So fanden in Alberts „moderne“ Sammlung auch einige Werke von Vertretern der Nazarenerbewegung Eingang, unter denen er Johann Evangelist Scheffer von Leonhartshoff besondere Aufmerksamkeit schenkte.
Das Johann Evangelist Scheffer als akademisches Frühwerk zugeschriebene und jüngst für die ALBERTINA erworbene Gemälde zitiert wörtlich Raffaels Madonna im Grünen aus der damals Kaiserlichen Gemäldegalerie in Wien, heute KHM. Das Kopieren nach Altmeistergemälden zählte von jeher zum Lehrplan der Akademieausbildung.
Es ermöglichte Scheffer, sich in Stil, Malweise und Spiritualität seines verehrten Vorbildes Raffael zu schulen. Die bewusst rückgewandte, historistische Perspektive auf die Kunst wurde zum Leitgedanken der Nazarener, die in der Kunst der Dürerzeit und in der älteren italienischen Malerei, insbesondere der Kunst Raffaels, ihre programmatische Richtschnur fanden.
Bildmaterial (© ALBERTINA, Wien)