Polen übernimmt den EU-Ratsvorsitz ab 1.1.2025 – Schwerpunkte aus Sicht der WKÖ

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Am 1. Jänner 2025 übernimmt Polen die EU-Ratspräsidentschaft von Ungarn

Schwerpunkte aus WKÖ-Sicht:

Inhaltsverzeichnis

Polen übernimmt die Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union in einer Zeit der Unsicherheit und Sorge. Europa kämpft mit den Folgen der bewaffneten Aggression Russlands gegen die Ukraine im dritten Jahr und mit der Notwendigkeit, die eigene Verteidigungskapazitäten zu stärken. Wir sind Zeugen zunehmender geopolitischer Spannungen, der Aushöhlung der auf Regeln basierenden internationalen Ordnung und hybrider Angriffe auf die europäische Demokratie und Sicherheit. Die Europäer sind betroffen von den Folgen des Migrationsdrucks, der Energiewende, der sinkenden Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft und des Klimawandels.

EU als wertebasiertes Modell, EU-Erweiterung, Zukunft der Kohäsionspolitik, EU-Budget

  • Rechtsstaatlichkeit und Demokratie
    • Schutz und Förderung des Rechtsstaats innerhalb der EU und bei Beitrittskandidaten.
    • Bekämpfung ausländischer Manipulationen und Desinformation, insbesondere durch Russland, und Entwicklung eines “demokratischen Schutzschilds”.
  • EU-Erweiterung
    • Fortschritte bei der Erweiterung in Richtung Ost- und Südosteuropa (Ukraine, Moldau, Westbalkan) nach einem leistungsbasierten Ansatz.
    • Förderung von Reformen in Beitrittskandidatenländern zur Sicherung von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und wirtschaftlicher Stabilität.
  • Zukunft der Kohäsionspolitik
    • Diskussion über die zukünftige Rolle der Kohäsionspolitik nach 2027 zur Reduzierung regionaler Unterschiede und zur Förderung des sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalts.
    • Stärkung der territorialen Dimension der EU-Politik, insbesondere durch Urbanisierungs- und Regionalentwicklungsstrategien.
  • Neuer Mehrjähriger Finanzrahmen (MFR) 2028-2034
    • Vorbereitung auf den Vorschlag der Kommission im Frühsommer 2025.
    • Organisation einer High-Level Experten-Konferenz im Februar 2025.

Stärkung der außenpolitischen Rolle der EU, mit besonderem Fokus auf Sicherheit, Partnerschaften und Unterstützung für Krisenregionen

  • Unterstützung der Ukraine
    • Maximale politische, wirtschaftliche und militärische Unterstützung.
    • Einsatz für einen gerechten und dauerhaften Frieden sowie Stabilisierung der östlichen Nachbarschaft.
    • Nutzung der eingefrorenen Vermögenswerte der russischen Zentralbank zur Unterstützung der Ukraine.
  • Sanktionen gegen Russland und Weißrussland
    • Verstärkung und konsequente Durchsetzung der Sanktionen.
    • Bekämpfung der Umgehung von Sanktionen und Förderung der rechtlichen und finanziellen Verantwortlichkeit Russlands für die Aggression gegen die Ukraine.
  • EU-Erweiterung und Nachbarschaftspolitik
    • Förderung der EU-Integration von Ländern wie Moldau, den Westbalkan-Staaten und Georgien.
    • Reformierung und Aktualisierung der Östlichen Partnerschaft, mit Fokus auf Sicherheit und pro-europäischen Reformen.
  • Verteidigungspolitik und NATO-Kooperation
    • Vertiefung der EU-NATO-Zusammenarbeit, insbesondere in der transatlantischen Dimension.
    • Unterstützung der EU-Mitgliedstaaten bei der Entwicklung von Verteidigungsfähigkeiten und Infrastrukturen (z. B. East Shield).
    • Förderung der strategischen Autonomie der EU in Verteidigungsfragen.
  • Internationale Beziehungen und strategische Partnerschaften
    • Vertiefung der transatlantischen Beziehungen, insbesondere zu den USA, in den Bereichen Sicherheit und Technologie.
    • Verstärkter Dialog mit der US-Administration zur Erhaltung positiver transatlantischer Beziehungen sowie zur Verhinderung von Spannungen im Handelsbereich.
    • Stärkung der Beziehungen zu Afrika, Lateinamerika und dem Indo-Pazifik.
  • Multilaterale Zusammenarbeit
    • Stärkung des EU-Einflusses in internationalen Organisationen wie der WTO, um die globale Handelsordnung zu sichern, inklusive Unterstützung einer WTO-Reform.
    • Engagement für internationale Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte.

Stärkung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit der EU, finanzielle Unterstützung von Schlüsselprioritäten und die langfristige wirtschaftliche Stabilität

  • Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit
    • Förderung des Binnenmarkts durch den Abbau regulatorischer Hürden und Barrieren, insbesondere im Dienstleistungssektor.
    • Ausbau der Kapitalmarktunion, um mehr privates Kapital für die grüne und digitale Transformation bereitzustellen.
    • Maßnahmen zur Senkung hoher Energiepreise, welche die Wettbewerbsfähigkeit der EU beeinträchtigen.
  • Finanzielle Unterstützung für Verteidigung und die Ukraine
    • Entwicklung neuer Finanzierungsmechanismen für die Verteidigungsfähigkeiten der EU und die Stärkung der Rüstungsindustrie.
    • Langfristige finanzielle Unterstützung für die Ukraine, einschließlich Wiederaufbauhilfen und Nutzung eingefrorener russischer Vermögenswerte.
    • Sicherstellung der wirksamen Umsetzung von Sanktionen gegen Russland.
  • Wirtschafts- und Steuerpolitik
    • Fortsetzung der Reformen im Bereich der Steuerpolitik, wie die Schließung der Mehrwertsteuerlücke und die Bekämpfung von Steuervermeidung.
    • Unterstützung der Umsetzung des neuen wirtschaftspolitischen Rahmens der EU, einschließlich langfristiger Haushalts- und Strukturpläne.
  • EU-Haushalt und Finanzrahmen
    • Vorbereitung des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) für die Zeit nach 2027, einschließlich neuer Eigenmittelquellen.
    • Förderung der effizienten Umsetzung des Wiederaufbau- und Resilienzfonds (RRF).
    • Sicherstellung einer ausgewogenen Einnahmen- und Ausgabenseite des EU-Haushalts.
  • Zollpolitik und internationale Zusammenarbeit
    • Weiterentwicklung der Zollunion, einschließlich der Schaffung einer EU-Zollbehörde.
    • Stärkung der Zollkontrollen an den EU-Außengrenzen, insbesondere im Zusammenhang mit Sanktionen gegen Russland.
    • Vertiefung der Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie dem IWF, der Weltbank und der WTO.

Sicherheit, Migration und der Schutz grundlegender Rechte

  • Migration und Grenzschutz
    • Entwicklung innovativer Ansätze zur Steuerung von Migration, insbesondere Partnerschaften mit Drittstaaten.
    • Sicherung der EU-Außengrenzen und Bekämpfung hybrider Bedrohungen wie der Instrumentalisierung von Migration durch Drittstaaten.
  • Innere Sicherheit
    • Bekämpfung von organisierter Kriminalität, Menschenhandel und Terrorismus.
    • Weiterentwicklung der EU-Katastrophenschutzmechanismen und der Resilienz gegenüber hybriden Bedrohungen.
  • Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte
    • Förderung der Rechtsstaatlichkeit und Schutz der Grundrechte in Straf- und Zivilrechtsfragen.
    • Diskussion über die Rolle der Zivilgesellschaft und die Verbesserung des rechtlichen Schutzes, insbesondere bei Themen wie Korruptionsbekämpfung, Kinderschutz und digitaler Sicherheit.
  • Schengen-Raum
    • Maßnahmen zur Verbesserung der Funktionsweise des Schengen-Raums, auch im Kontext der Feier zum 40. Jahrestag des Schengener Abkommens.

Langfristige Wettbewerbsfähigkeit der EU, Stärkung des Binnenmarktes und Entwicklung einer nachhaltigen Industriepolitik

  • Stärkung der Industrie und Dekarbonisierung
    • Förderung einer starken EU-Industriepolitik zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlichen Sicherheit.
    • Unterstützung der Dekarbonisierung durch die Initiative „Clean Industrial Deal“ und die Implementierung des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM).
    • Reduzierung strategischer Abhängigkeiten, insbesondere bei kritischen Rohstoffen.
  • Binnenmarkt
    • Abbau von Barrieren im Dienstleistungssektor, der weiterhin das größte Integrationsdefizit aufweist.
    • Vereinfachung des regulatorischen Umfelds und Reduzierung unnötiger bürokratischer Lasten für Unternehmen.
    • Förderung eines fairen Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarktes und im globalen Kontext.
  • Innovation und Digitalisierung
    • Ausbau der EU-Infrastruktur für Forschung und Entwicklung.
    • Förderung von Schlüsseltechnologien wie künstlicher Intelligenz.
    • Stärkung der europäischen KI-Forschung und von Kompetenzzentren.
    • Unterstützung von Unternehmern bei der Umsetzung disruptiver Technologien.
  • Tourismus
    • Förderung Europas als nachhaltiges und attraktives Reiseziel.

Stärkung der Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit des EU-Transportsektors

  • Nachhaltige und widerstandsfähige Infrastruktur
  • Förderung der Umsetzung des überarbeiteten Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-T), um nachhaltigen, dekarbonisierten Transport und militärische Mobilität zu verbessern.
  • Ausbau der Investitionen in die Transportinfrastruktur, insbesondere für Krisensituationen und militärische Mobilität.
  • Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit
    • Sicherstellung fairer Wettbewerbsbedingungen für europäische Verkehrsanbieter, insbesondere im Schienen- und Seeverkehr.
    • Diskussion über die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit von Eisenbahnen als Schlüssel für den Übergang zu grünem Verkehr.

Förderung nachhaltiger Entwicklung und des Schutzes der Umwelt

  • Klimaschutz und Dekarbonisierung
    • Stärkung der Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels, einschließlich der Umsetzung der EU-Ziele zur CO2 Reduktion.
    • Förderung von Technologien zur Unterstützung der Dekarbonisierung und des Übergangs zu erneuerbaren Energien.
    • Kampf gegen Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels durch Incentives und Unterstützung statt durch Verbote und exzessive Belastungen.
  • Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung
    • Förderung einer Kreislaufwirtschaft, die die Ressourcennutzung optimiert und Abfälle reduziert.
    • Entwicklung von Strategien zur Verbesserung des Abfallmanagements und zur Reduzierung von Plastikmüll.
  • Naturschutz und biologische Vielfalt
    • Schutz der biologischen Vielfalt durch die Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen und die Förderung nachhaltiger Landwirtschaft.
    • Stärkung des grünen Wachstums, das die Wirtschaft mit ökologischen Zielen in Einklang bringt.

Arbeitsmarkt, soziale Inklusion und Gesundheit

  1. Arbeitsmarkt und Digitalisierung
    • Schutz von Arbeitsrechten in der digitalen Transformation, z. B. durch Regelungen zu Teleworking und künstlicher Intelligenz am Arbeitsplatz.
    • Förderung von Umschulungen und Qualifikationen zur Bekämpfung von Arbeitskräftemangel.
    • Stärkung des sozialen Dialogs durch einen „Neuen Pakt für Europa“.
  2. Gleichstellung, soziale Inklusion und Gesundheit
    • Unterstützung von gefährdeten Gruppen wie Menschen mit Behinderungen, NEETs (Nichtbeschäftigte Jugendliche) und Migranten.
    • Weiterentwicklung der Europäischen Säule sozialer Rechte zur Reduzierung von Armut und sozialer Ungleichheit.
    • Digitalisierung des Gesundheitswesens durch den Aufbau eines Europäischen Gesundheitsdatenraums.

 

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