Zero Emission Mobility: Neuer Schwung für die Elektromobilität

Die Prognose, das Jahr 2019 könne den Durchbruch der Elektromobilität bedeuten, wurde von vielen herbeigeschrieben. Damit ein Wendepunkt zur Mobilität der Zukunft nicht nur auf dem Papier existiert, arbeitet auch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) intensiv an Lösungen für einen Wandel des Mobilitätssystems.

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Dieser ist notwendiger als je zuvor. Der Verkehrssektor ist mit aktuell 45 Prozent an den Gesamtemissionen im Nichtemissionshandel einer der wichtigsten Verursacher von Treibhausgasen in Österreich. Zusätzlich ist der Verkehrssektor für 80 Prozent des österreichischen Erdölverbrauchs verantwortlich und trägt zudem maßgeblich zu gesundheitsgefährdenden Feinstaub- und Stickoxidemissionen (NOx) bei.

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Wie also diesen Wandel gestalten, damit immer mehr Menschen von der E-Mobilität profitieren? Es ist ein schnell wachsender Bereich der Automobilindustrie, neue Fahrzeug- und Batterietechnologien werden wie selbstverständlich präsentiert. So gut wie alle großen Hersteller bringen neue emissionsfreie Modelle auf den Markt – freilich auch eine Reaktion auf die ab 2020 verschärften Emissionsvorgaben der Europäischen Kommission und Mitgliedsstaaten. Kaum ein Showroom kommt heuer ohne Elektro-Modell aus.

Der Wettbewerb der Marken trifft auch auf ein erhöhtes Kundeninteresse, was die Zahlen der Statistik Austria zu den Neuzulassungen von Pkw für 2018 bestätigen. Das BMVIT unterstützt die Mobilitätswende in diesem Bereich seit Jahren mit Förderungen zum Kauf von E-Autos, E-Zweirädern aber auch für Nutzfahrzeuge und Busse sowie den Aufbau von E-Lade-Infrastruktur.

Die wichtigsten Zahlen und Entwicklungen rund um das Thema Elektromobilität fasst auch das Monitoring der AustriaTech für 2018 zusammen.

Das Programm Zero Emission Mobility, welches Elektromobilitäts-Projekte zur Umsetzung im Rahmen der Klima- und Energiestrategie #mission2030 über den Klima- und Energiefonds fördert, ist dabei ein wichtiges Instrument geworden. Just diese Woche wurde die zweite, mit sieben Millionen Euro dotierte Ausschreibung des Programms gestartet. Der Fokus liegt dabei erneut auf einer 100prozentigen Elektrifizierung von Fahrzeugen, die Entwicklung und Erprobung von intelligenter Ladeinfrastruktur sowie Zero-Emission-Logistik und Zero-Emission-Mobilitätslösungen.

Mit Schwungrad zum Durchbruch

FlyGrid heißt eines der bereits geförderten Projekte. An der TU Graz wird dabei an einem hochleistungsfähigen Schwungradenergiespeicher getüftelt, welcher in vollautomatische Schnellladestationen integriert werden kann. Der technologische Durchbruch für das E-Ladenetz im Land?

„Wir zeigen zunächst einmal die Potentiale und müssen schauen, wie technische Lösungen erarbeitet werden können und wie eine wirtschaftliche Fertigung aussehen kann“, sagt Armin Buchroithner von der Energy Aware Systems Group an der TU Graz, der das erst wenige Monate alte Projekt FlyGrid wissenschaftlich betreut. „Um hohe Ladeleistungen, also jenseits der 100 kW, bereitstellen zu können, benötigen herkömmliche Ladestationen einen entsprechend starken Netzanschluss. Sie müssen also entweder in der Nähe von Trafostationen betrieben werden oder benötigen einen kostenintensiven Netzausbau.“

FlyGrid soll einen aufwendigen Netzausbau idealerweise vermeiden, trotzdem flächendeckend hohe Ladeleistungen bereitstellen und darüber hinaus dezentrale erneuerbare Quellen optimal nutzen.

Buchroithner ist überzeugt, dass elektromechanische Schwungradspeicher für diese Anwendungen eine besonders hohe Eignung aufweisen. Dezentrale Pufferspeicher können seiner Meinung nach das Elektrizitätsnetz auch bei hoher Durchdringung der E-Mobility stabil halten und auch die Integration erneuerbarer, volatiler Energiequellen signifikant erleichtern, „da sie nicht nur im Hinblick auf Lebensdauer und Recycling chemischen Batterien weit überlegen sind.“

Schlüsselelemente für eine leistungsfähige Schwungradtechnologie sind hochfeste, schnelldrehende Rotoren und verlustarme Lagerkonzepte. Die Eigenschaften des Rotors bestimmt die speicherbare Energie, während die Lagerreibung für die Selbstentladung des Speichers entscheidend ist.

Made in Europe

Eine der größten Herausforderungen im Projekt sind demnach die hohen Anforderungen an den Schwungradwerkstoff. Durch die im Rotor hervorgerufenen enormen Fliehkräfte entstehen Materialspannungen, die leichte aber gleichzeitig hochfeste Materialien erfordern. Buchroithner sieht hier langfristig großes Potential in Carbon Nanotubes, mikroskopisch kleinen röhrenförmigen Gebilden aus Kohlenstoff, die die entsprechenden Eigenschaften mitbringen, aktuell aber noch in der Entwicklungsphase sind.

Das Projekt wird von einem Konsortium in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Energieverbundtechnik der Montanuniversität Leoben und der Energienetze Steiermark betrieben. Die Technologie soll so zur Gänze in Österreich nicht nur entwickelt sondern auch unabhängig vom asiatischen Markt in Europa hergestellt werden. „Eine Unabhängigkeit von für die Energiewende notwendigen Rohstoffen ist genauso wichtig wie die Unabhängigkeit vom Importgut Öl“, so Buchroithner. „Gelingt es, das FlyGrid Konzept wie geplant umzusetzen, so kommt Österreich einer CO2-neutralen Zukunft einen entscheidenden Schritt näher.“

Eine Konzeption des Schnellladesystem an der TU Graz sieht folgendermaßen aus: Über dem Parkplatz steht ein mit Photovoltaik-Paneelen bestücktes Carportdach, im Boden sind die unterirdischen Schwungradspeicher angebracht. Der Strom wird über eine Kontaktmatte (genannt Matrix Charging) des TU Graz Spin-Offs easelink vollautomatisch über einen am Fahrzeugunterboden angebrachten und ausfahrbaren Konnektor in das Elektrofahrzeug übertragen. Der Strom dafür kann einerseits aus dem Netz bezogen werden, andererseits direkt und ohne Übertragungsverluste aus den Fotovoltaik Paneelen des integrierten Carports.

Die Reduktion der Ladezeiten von Elektrofahrzeugen und Erhöhung der Marktdurchdringung der E-Mobilität bei gleichzeitiger Vermeidung eines kostenintensiven Netzausbaus sowie der Verbesserung der Netzstabilität und Versorgungsqualität sind hehre Ziele, die nicht nur bei FlyGrid im Vordergrund stehen.

Mit Start der zweiten Ausschreibung der Zero Emission Mobility haben diese Woche auch vier weitere große Projekte aus der ersten Ausschreibung den Förderungszuschlag erhalten. Dazu gehören:

  • H2-BUSSE der Holding Graz. Mit dem Projekt move2zero, soll die vollständige Dekarbonisierung des städtischen Bussystems in Graz erreicht werden. Nach der Förderzusage könne demnächst das Planungs- und Genehmigungsverfahren für eine Wasserstofftankstelle im Buscenter sowie die Ausschreibung von sieben Wasserstoffbussen starten.
  • H2- Pistengerät: FEN Systems: Mit Brennstoffzellen sollen im Projekt HySnowGroomer die Dekarbonisierung des Wintertourismus vorangetrieben, aber auch der Bergrettung neue Möglichkeiten zur raschen Fortbewegung ermöglicht werden.
  • Emissionsfreie Lebensmittelzustellung: i-LOG: ZERO Logistics.
  • E-Lademanagement: TU Wien: URCHARGE, Intelligentes Lastmanagement für den großflächigen Einsatz von Ladeinfrastruktur im städtischen Raum.

Außerdem werden zwei F&E Dienstleistungen gefördert:

Chancen in der Wertschöpfung: Fraunhofer Austria: E-MAPP 2, E-Mobilität – österreichisches Produktionspotenzial, Qualifikations- und Ausbildungsbedarf

Mengengerüste im Verkehr: Umweltbundesamt: Path2ZeroCarbonTrans, Wege zu einem emissionsfreien Transportsektor

Bundesminister Norbert Hofer: „Das Programm Zero Emission Mobility bildet den Forschungskern für die Umsetzung der E-Mobilitätsoffensive der österreichischen Bundesregierung. Unser Ziel ist die umwelt- und innovationsfreundliche Mobilitätswende, leistbar für alle – eine große Herausforderung. Wir fördern daher gezielt die Mobilitäts- und Energieforschung genauso wie innovative Leuchtturmprojekte.“

Theresia Vogel, Geschäftsführerin des Klima- und Energiefonds ergänzt: „Wir suchen in erster Linie Lösungen, die Elektromobilität und Wasserstoff im Fokus haben und sich der Integration zu einem ganzheitlichen Mobilitätssystem widmen. Wichtig ist uns außerdem eine klare und zeitnahe Umsetzungsperspektive. Daher müssen alle Projekte neben einer Entwicklungsphase auch eine Demonstration durchführen, mit dem Nachweis der Wirksamkeit. Mit unserem Programm ZEM unterstützen wir gezielt die starke österreichische Automotivindustrie bei ihrer Transformation.“

Wie funktioniert die Förderung?

Im Förderprogramm wird die Entwicklung und der Einsatz innovativer Zero-Emission Technologien zur Effizienzsteigerung im Verkehrssystem gefördert. Der Schwerpunkt liegt auf Nullemissionsfahrzeugen sowie Infrastruktur. Logistik und Mobility Solutions sind ein weiteres Themenfeld. Das Programm verfolgt eine technologieneutrale Strategie. Es werden keine technologischen Lösungswege vorgegeben, sondern Ziele wie beispielsweise Nullemission adressiert.

Gefördert werden Leitprojekte sowie kooperative F&E Projekte in den 3 Themenfeldern:

  •  Zero-Emission Vehicles
  • Zero-Emission Infrastructure
  • Zero-Emission Logistics & Mobility Solutions

Neben der Forschungsphase ist eine zumindest 6 monatige Demonstrationsphase verpflichtend.

Ausgeschrieben sind darüber hinaus zwei Studien, die sich einerseits dem Themenbereich Recycling, Rohstoffe und Wertschöpfung widmen und andererseits technologische Optionen und ökonomische Rahmenbedingungen für einen CO2-neutralen Güterverkehr bis 2050 untersuchen.

Trotz aller Zielsetzungen, Verkehr zu vermeiden und auf die Schiene zu verlagern, ist es in den vergangenen Jahren nicht gelungen, die Verkehrsmenge zu reduzieren und vom Wirtschaftswachstum zu entkoppeln. Der Verkehr wächst nach wie vor überproportional stark an – Österreich ist als Transitland besonders betroffen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie und zu welchen Kosten ein CO2-neutraler Güterverkehr bis 2050 erreicht werden und welche Antriebstechnologie in welchem Ausmaß dazu beitragen kann.

Im Rahmen der ausgeschriebenen Studie soll beleuchtet werden, mit welchen technologischen Optionen ein dekarbonisierter Güterverkehr in volkswirtschaftlich optimaler Weise abgewickelt werden kann. Ein Entwicklungspfad für unterschiedliche Zielszenarien mit der zeitlichen Perspektive 2030/2040/2050 ist aufzuzeigen. Von besonderer Relevanz sind Untersuchungen zu möglichen Kosten z.B. für die mit unterschiedlichen Fahrzeugtechnologien verbundenen Infrastrukturinvestitionen.

Foto:E-Bus in Graz, © CRRC

In Anlehnung an die Studie im Rahmen der ersten Zero Emission Mobility Ausschreibung zu den Wertschöpfungspotenzialen in der österreichischen Fahrzeugindustrie, wird zudem eine Studie mit dem Fokus auf Rohstoffe, Recycling sowie dessen nationales Wertschöpfungspotenzial für Lithiumionenbatterien ausgeschrieben. Lithiumbatterietechnologien sind Schlüsseltechnologien der Energiewende, die insbesondere für die Elektrifizierung der Verkehrssysteme essentiell sind. Damit verbunden sind große Chancen für österreichische Betriebe, Anteile in der Wertschöpfungskette zu gewinnen. Gleichzeitig sollte das prognostizierte enorme Wachstum in der Batteriefertigung möglichst ressourcenschonend erfolgen.

Wertschöpfungspotenziale des Recyclings sollen in Österreich erschlossen und die zum Aufbau einer wettbewerbsfähigen Batteriezellfertigung notwendigen marktwirtschaftlichen Prozesse unterstützt werden.

In den Projekten sollen innovative Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) eingebunden werden.

Die Ausschreibung endet am 8. Oktober 2019 um 12:00 Uhr!

Der Fokus der neuen Ausschreibung liegt erneut auf der Weiterentwicklung und Demonstration von marktnahen Lösungen. Im Rahmen des Programms wird eine technologieneutrale Strategie verfolgt. Die Zielgruppe sind Unternehmen aus dem Automobil- und Verkehrssektor, Energiebereitsteller, Forschungseinrichtungen und öffentliche Infrastrukturbetreiber. Das Fördervolumen der aktuellen zweiten Ausschreibung beträgt 7 Millionen Euro.

Die Einreichung von Projektanträgen ist ausschließlich via eCall möglich. Ein gemeinsames Vorgespräch mit MitarbeiterInnen des Klima- und Energiefonds, des BMVIT sowie der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) ist verpflichtend und hat bis spätestens 13.09.2019 zu erfolgen.

(infothek.bmvit.gv.at)