Fünf Staatsoberhäupter zum 20-Jahr-Jubiläum der EU-Mitgliedschaft Sloweniens
Zum Anlass des 20-Jahr-Jubiläums der Mitgliedschaft Sloweniens in der EU kamen im Brdo bei Kranj die Staatsoberhäupter Sloweniens, Österreichs, Italiens, Ungarns und Kroatiens zusammen. Die Präsidenten, darunter Bundespräsident Alexander Van der Bellen, hoben die Vorteile der eigenen EU-Mitgliedschaft wie auch der jeweiligen Erweiterung. Sie drückten außerdem ihre Unterstützung für die Fortsetzung des Erweiterungsprozesses, insbesondere auf dem Westbalkan aus.
Als einen der vielen Vorteile der EU hob die Gastgeberin, Sloweniens Präsidentin Nataša Pirc Musar, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz offene Grenzen hervor. “Ich bin eine große Befürworterin des vollen Funktionierens vom Schengen-System”, sagte Pirc Musar und rief die Regierungen Österreichs, Italiens und auch Sloweniens auf, die Grenzkontrollen, die sie an den Grenzen zu ihren Nachbarn durchführen, abzuschaffen.
Der Bundespräsident betonte, dass die EU-Mitgliedschaft und die Unionserweiterung nicht nur wirtschaftliche Vorteile brachte, sondern auch bedeute, Kräfte zu bündeln und nach europäischen Lösungen zu suchen. “Vor dem Hintergrund der heurigen Herausforderungen bedeutet die Mitgliedschaft in der EU auch Teil eines wertebasierten geostrategischen Projekts zu sein. Eines Projekts, das danach strebt, Frieden, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit auf dem europäischen Kontinent zu sichern”, sagte Van der Bellen bei der Pressekonferenz. Wie er hinzufügte, sei das auch der Grund, warum die EU fest hinter der Ukraine stehe.
Mit Blick auf die EU-Erweiterung sowohl auf dem Westbalkan als auch im Osten sagte der Bundespräsident, dass Österreich ein “klares, strategisches Interesse an der EU-Erweiterung” habe. Er hob hervor, dass es im eigenen Sicherheitsinteresse liege, die Westbalkanländer an Bord zu holen. Am Rande des Treffens deutete Van der Bellen vor österreichischen Journalisten darauf hin, dass der Erweiterungsprozess in dieser Region zu langsam vorankomme. “Wenn sich die EU nicht um die Westbalkanländer kümmere, dann entsteht dort ein Machtvakuum”, mahnte der Präsident mit Blick darauf, dass jemand anderer dieses füllen könnte, was nicht im Interesse der EU wäre.
Der kroatische Staatspräsident Zoran Milanović kritisierte die Dauer des Erweiterungsprozesses. Kroatien, das jüngste EU-Land, wurde 2013 Mitglied der Union, neun Jahre nach Slowenien. “Es liegt nicht alles in Erfüllung der Beitrittskriterien, leider hängt viel, wenn nicht zu viel, an der Politik”, sagte Milanović in Bezug auf das Hinziehen der Erweiterung in einzelnen Ländern des Westbalkans. Ökonomisch gesehen wären diese Länder “eine kleine Herausforderung für jemanden, der eine Lösung finden möchte. (…) Offenbar will man das nicht, jemand hält das auf”, so der kroatische Präsident.
Van der Bellen und der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella betonten den Bedarf der Reform der Entscheidungsprozesse der EU insbesondere bei der gemeinsamen Außenpolitik. “Wir müssen fähig sein, auf die Problemlagen zeitnah reagieren zu können”, meinte Mattarella. Mit Blick auf der Dauer, die es bis zu einer Entscheidung braucht, betonte Van der Bellen, dass bei der Struktur der Entscheidungsfindung schon jetzt in der EU-27 ein dringender Handlungsbedarf bestehe, “geschweige denn in der Zukunft mit mehr als 30 Mitgliedern”.
Nicht alle EU-Länder, die bei dem Treffen vertreten wurden, teilen diese Meinung. Milanović sprach sich gegen den Übergang von Entscheidungen mit Einstimmigkeit zur qualifizierten Mehrheit aus. Der ungarische Präsident Tamás Sulyok betonte, dass sein Land gegen immer stärkere föderalistische Ansätze sei. Mit Blick auf die Auffassungsunterschiede, die sich bei dem Treffen zeigten, bezeichnete Van der Bellen das Treffen als “Europe in a nutshell”. “Im kleinen Rahmen repräsentieren die fünf Staatsoberhäupter die EU mit all ihren Widersprüchlichkeiten”, sagte er. Wie er hinzufügte, zeigten sich die Unterschiede bei Kroatien und Ungarn im Gegensatz zu Österreich, Slowenien und Italien.
Die Staatsoberhäupter der fünf Länder waren zuletzt im Juni 2011 gemeinsam in Slowenien, als das Nachbarland 20 Jahre seiner Unabhängigkeit feierte. Bei heutigem Treffen, der am Welttag der Erde stattfand, schenkte die slowenische Präsidentin ihren Amtskollegen jeweils einen Lindenbaum-Setzling, damit sie diesen in ihren Ländern pflanzen können. Die Linde ist ein slowenisches Nationalsymbol. “Diese Geste soll die Freundschaft zwischen benachbarten Nationen und unser Engagement auch im Kampf gegen den Klimawandel repräsentieren”.
Fotos: Peter Lechner/HBF